Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung des Artikels 7 der Richtlinie 79/7/EWG zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit. Verschiedene Berechnung der Höhe der Rente je nach dem Geschlecht des Arbeitnehmers. Anpassung der Renten der Arbeitnehmer an die Entwicklung des allgemeinen Wohlstands
Normenkette
Richtlinie 79/7/EWG Art. 7 Abs. 1 Buchst. a
Beteiligte
Office national des pensions (ONP) |
Rijksdienst voor Pensioenen |
Rijksdienst voor Pensioenen |
Office National de Pensions (ONP) |
Tenor
Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit ist dahin auszulegen, daß ein Mitgliedstaat, der in seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften ein unterschiedliches Rentenalter für männliche und weibliche Arbeitnehmer aufrechterhalten hat, berechtigt ist, die Höhe der Rente je nach dem Geschlecht des Arbeitnehmers verschieden zu berechnen.
Gründe
1.
Der belgische Hof van Cassatie hat mit Beschlüssen vom 4. November 1996, beim Gerichtshof eingegangen am 27. November 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag drei Fragen nach der Auslegung des Artikels 7 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (ABl. 1979, L 6, S. 24; im folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Fragen stellen sich in Rechtsstreitigkeiten zwischen A. De Vriendt (C-377/96), R. van Looveren (C-378/96), J. Grare (C-379/96), K. Boeykens (C-380/96), F. Serneels (C-381/96), F. Parotte (C-382/96), C. Delbrouck (C-383/96) und H. Props (C-384/96) und dem Rijksdienst voor Pensioenen wegen der Berechnung ihrer Renten.
3.
Diese Rechtssachen sind durch Beschluß des Präsidenten des Gerichtshofes vom 9. Januar 1997 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.
4.
Die belgische Königliche Verordnung Nr. 50 vom 24. Oktober 1967 über die Alters- und Hinterbliebenenrente der Arbeitnehmer (Belgisch Staatsblad vom 27. Oktober 1967), die bis zum 1. Januar 1991 anwendbar war, setzte das normale Rentenalter für Männer auf 65 Jahre und für Frauen auf 60 Jahre fest.
5.
Nach Artikel 10 der Königlichen Verordnung Nr. 50 wurde der Anspruch auf eine Altersrente je Kalenderjahr in Höhe eines nach besonderen Regeln ermittelten Bruchteils des von den Betroffenen bezogenen Arbeitsentgelts erworben, der zu 75 % oder 60 % berücksichtigt wurde, je nachdem, ob ein unterhaltsberechtigter Ehegatte vorhanden war oder nicht. Der Bruch zur Berechnung des jedem Kalenderjahr entsprechenden Bruchteils hatte als Zähler eins und als Nenner eine Zahl, die bei Männern nicht höher als 45 und bei Frauen nicht höher als 40 sein konnte.
6.
Wenn die Dauer der beruflichen Laufbahn 40 oder 45 Jahre überstieg, wurden die günstigsten Kalenderjahre innerhalb dieses Zeitraums berücksichtigt.
7.
Die Königliche Verordnung Nr. 50 bestimmte, daß sowohl Frauen als auch Männer ihre Rente fünf Jahre vor dem Mindestrentenalter beantragen konnten, wobei diese Rente dann um 5 % pro Jahr des vorzeitigen Rentenbezugs verringert wurde. Die Möglichkeit des vorzeitigen Rentenbezugs wurde für die Frauen durch die Königliche Verordnung Nr. 415 vom 16. Juli 1976 beseitigt.
8.
Aufgrund der Neuregelung durch das Gesetz vom 20. Juli 1990 zur Einführung eines flexiblen Rentenalters für Arbeitnehmer und zur Anpassung der Renten der Arbeitnehmer an die Entwicklung des allgemeinen Wohlstands (Belgisch Staatsblad vom 15. August 1990; im folgenden: Gesetz von 1990) konnten die Arbeitnehmer ungeachtet ihres Geschlechts vom 1. Januar 1991 an mit Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand treten.
9.
Hinsichtlich der Berechnung der Rente sah das Gesetz von 1990 vor, daß der Anspruch auf die Altersrente pro Kalenderjahr in Höhe eines durch die Königliche Verordnung Nr. 50 festgesetzten Bruchteils des Arbeitsentgelts erworben wird und daß der Nenner des dabei angewandten Bruchs nach wie vor für Männer 45 und für Frauen 40 beträgt.
10.
Außerdem wurde durch das Gesetz von 1990 auch für Männer der Abschlag von 5 % für jedes Jahr des vorzeitigen Rentenbezugs abgeschafft.
11.
Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie verbietet jegliche unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bei der Berechnung der Leistungen einschließlich der Leistungen wegen Alters.
12.
Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie, der Ausnahmen von diesem Grundsatz vorsieht, bestimmt allerdings:
”Diese Richtlinie steht nicht der Befugnis der Mitgliedstaaten entgegen, folgendes von ihrem Anwendungsbereich auszuschließen:
a)
die Festsetzung des Rentenalters für die Gewährung der Altersrente oder Ruh...