LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 2.11.2023, 5 Sa 35/23
Da bei einem Arbeitszeugnis auf den ersten Blick erkennbar sein muss, wer es ausgestellt hat und welche Stellung derjenige im Betrieb hat, ist der Unterschrift regelmäßig der Name des Unterzeichners und ein seine Stellung kennzeichnender Zusatz in Druckschrift beizufügen. Unschädlich ist es, wenn das Zeugnis zweimal gefaltet wird, um das DIN-A4-Papier in einem herkömmlichen Geschäftsumschlag unterzubringen.
Sachverhalt
Die Klägerin war bei den Beklagten bis Ende 2021 als Rechtsanwältin tätig. Der Beklagte zu 2) stellte ihr im Januar 2022 ein Arbeitszeugnis aus, welches er zweifach gefaltet in einem handelsüblichen Briefumschlag mit Sichtfenster übersandte.
Die Klägerin war der Ansicht, dass das Zeugnis in mehrfacher Hinsicht zu berichtigen sei. Zunächst gehöre die Privatanschrift eines Arbeitnehmers nicht in ein Arbeitszeugnis, sondern das Zeugnis könne mit einem kurzen Anschreiben, das die Adresse enthalte, übersandt werden. Zudem sei das Zeugnis ungefaltet zu übersenden, da es für spätere Bewerbungen kopierfähig sein müsse; denn aufgrund des Faltens könne sich beim späteren Kopieren oder Scannen ein quer über das Blatt verlaufender Balken zeigen, der die Lesbarkeit des Zeugnisses und dessen optisches Erscheinungsbild einschränke. Zuletzt müsse der Beklagte zu 2) das Zeugnis mit seiner vollständigen Bezeichnung unterschreiben; denn da er seiner Unterschrift im Geschäftsverkehr üblicherweise die Bezeichnung "Rechtsanwalt und Steuerberater” beifüge, gelte dies auch für das Zeugnis.
Die Entscheidung
Während das Arbeitsgericht der Klage weitestgehend stattgegeben hatte, hatte die Berufung der Beklagten vor dem LAG teilweise Erfolg.
Das Gericht entschied, dass die Klägerin nach § 109 Abs. 1 und 2 GewO einen Anspruch gegen die Beklagten auf Erteilung eines schriftlichen qualifizierten Arbeitszeugnisses habe; und diesen Anspruch hatte die Beklagten nicht erfüllt.
Das Gericht führte aus, dass ein Arbeitnehmer zwar grundsätzlich keinen Anspruch auf Übersendung des Zeugnisses habe, da es sich um eine Holschuld handele (s. BAG, Urteil vom 8.3.1995, 5 AZR 848/93); allerdings sei die postalische Übermittlung eines Arbeitszeugnisses nicht ungewöhnlich und entspreche auch häufig dem Wunsch des Arbeitnehmers, da ihm hierdurch weder Kosten noch sonstiger Aufwand entstehen. Es könne sogar im Einzelfall ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Übersendung des Zeugnisses bestehen, bspw. dann, wenn die Abholung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre. Ein Arbeitszeugnis dürfe insofern jedoch ein Adressfeld enthalten, in dem nicht nur der Name des Arbeitnehmers, sondern auch dessen Anschrift angegeben ist. Der äußere Eindruck werde, so das LAG weiter, durch die Angabe der Anschrift nicht entwertet oder in irgendeiner Weise eingeschränkt.
Des Weiteren entschied das Gericht, dass bei einem Arbeitszeugnis ohne weiteres, d. h. auf den ersten Blick, zuverlässig erkennbar sein müsse, wer es ausgestellt und welche Stellung derjenige im Betrieb habe. Deshalb müsse der Unterschrift grds. der Name des Unterzeichners und ein seine Stellung kennzeichnender Zusatz in Druckschrift beigefügt werden; denn die Funktion und die berufliche Stellung des Unterzeichners bzw. seine Stellung innerhalb des Betriebs seien geeignet, Aufschluss über die Wertschätzung des Arbeitnehmers und die Kompetenz des Ausstellers zur Beurteilung des Arbeitnehmers zu geben, so dass sich das Fehlen dieser Angaben nachteilig für den Arbeitnehmer auswirken könne (so auch BAG, Urteil vom 21.9.1999, 9 AZR 893/98). Ein Zeugnisleser müsse das Rangverhältnis des Zeugnisausstellers zu dem Arbeitnehmer ohne weitere Nachforschungen aus dem Zeugnis ablesen können (s. BAG, Urteil vom 4.10.2005, 9 AZR 507/04). Es sei zudem zu berücksichtigen, dass im Arbeitsleben regelmäßig eine Angabe zur Berufsbezeichnung, Funktion und Stellung des Unterzeichners im Zusammenhang mit seiner Unterschrift erwartet werde.
Zuletzt urteilte das LAG, dass ein Zeugnis grundsätzlich zweimal gefaltet werden dürfe, um das DIN-A4-Papier in einem herkömmlichen Geschäftsumschlag unterzubringen. Allerdings sei darauf zu achten, dass es trotzdem möglich ist, saubere und ordentliche Kopien oder Scans von dem Zeugnis zu fertigen. Das sei dann nicht gewährleistet, wenn sich z. B. die Falzungen auf den Kopien durch quer über den Bogen verlaufende Schwärzungen abzeichneten. Es müsse dem Arbeitnehmer möglich sein, mit einem handelsüblichen Gerät mittlerer Art und Güte eine Abschrift in Papier- oder Dateiform herzustellen, ohne dass Schwärzungen im Bereich der Falzungen sich störend abzeichnen und den optischen Gesamteindruck schmälern.