Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die äußere Form eines Arbeitszeugnisses i.R.e. Anspruchs eines Arbeitnehmers auf Erteilung eines schriftlichen qualifizierten Arbeitszeugnisses
Leitsatz (redaktionell)
Ein Arbeitszeugnis darf regelmäßig ein Adressfeld enthalten, in dem nicht nur der Name des Arbeitnehmers, sondern auch dessen Anschrift angegeben ist. Darüber hinaus muss bei einem Arbeitszeugnis ohne weiteres, d. h. auf den ersten Blick, zuverlässig erkennbar sein, wer es ausgestellt und welche Stellung derjenige im Betrieb hat. Grundsätzlich darf ein Zeugnis zweimal gefaltet werden, um das DIN-A4-Papier in einem herkömmlichen Geschäftsumschlag unterzubringen. Das Zeugnis muss jedoch kopierfähig sein, da es bei Bewerbungen regelmäßig als Kopie oder eingescanntes Dokument beigefügt wird. Sicherzustellen ist, dass saubere und ordentliche Kopien mit handelsüblichen Geräten mittlerer Art und Güte gefertigt werden können.
Normenkette
GewO § 109 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Stralsund (Entscheidung vom 01.02.2023; Aktenzeichen 11 Ca 248/22) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund (Kammern Neubrandenburg) vom 01.02.2023 - 11 Ca 248/22 - abgeändert, soweit das Arbeitsgericht die Beklagten verurteilt hat, auf dem unter dem 26.01.2022 erteilten Zeugnis die Privatanschrift der Klägerin wegzulassen und das Zeugnis ungefaltet zu erteilen. In diesem Umfang wird die Klage abgewiesen. Zur Klarstellung wird das erstinstanzliche Urteil in Ziffer 1 neugefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, das der Klägerin unter dem 26.01.2022 erteilte Zeugnis (Anlage K 1 zur Klage vom 15.09.2022) wie folgt zu ändern:
(1)
In der vor der Betreffzeile befindlichen Informationszeile ist das Datum auf den 31.12.2021 abzuändern.
(2)
Die Auflistung der Tätigkeiten (4. Absatz) ist ordnungsgemäß zu formatieren, sodass die Schrift bündig ist.
(3)
Am Ende des Zeugnisses ist unter der gedruckten Namenswiedergabe des unterzeichnenden Rechtsanwalts die Bezeichnung "Rechtsanwalt und Steuerberater" aufzunehmen.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien je zur Hälfte zu tragen.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anforderungen an die äußere Form eines Arbeitszeugnisses.
Die Klägerin war bei den Beklagten vom 15.05.2017 bis zum 31.12.2021 als Rechtsanwältin mit einer Bruttovergütung von zuletzt € 3.798,00 beschäftigt.
Der Beklagte zu 2 stellte der Klägerin unter dem 26.01.2022 das folgende Arbeitszeugnis aus, das er der Klägerin zweifach gefaltet in einem handelsüblichen Briefumschlag mit Sichtfenster übersandte:
Arbeitszeugnis
Frau [Klägerin], geboren am ..., war vom 15.05.2017 bis 31.12.2021 in unserer Kanzlei als Rechtsanwältin beschäftigt.
Die Kanzlei [Beklagter zu 1 & Beklagter zu 2] wurde [Jahreszahl] gegründet und ist auf den Gebieten der Insolvenzverwaltung, Steuerberatung und Rechtsberatung tätig. In der Insolvenzverwaltung werden seit 1999 sowohl Verbraucher- als auch Regelinsolvenzverfahren abgewickelt. Die Steuerberatung umfasst die Betreuung von kleinen und mittleren Unternehmen, aber auch Privatpersonen im Rahmen der Erstellung der Buchhaltung, steuerlichen Aufzeichnungen, Jahresabschlüssen und steuerlichen Jahreserklärungen. Im Bereich der Rechtsberatung liegen die Tätigkeitsschwerpunkte auf den Gebieten des Mietrechts, Gesellschafts- und Grundstücksrechts sowie Familienrechts.
Rechtsanwältin [Klägerin] war schwerpunktmäßig im Mietrecht und Insolvenzrecht tätig. Ihre Tätigkeit umfasste im Einzelnen folgende Rechtsgebiete:
- Rechtsberatung
- eigenverantwortliche außergerichtliche und gerichtliche Betreuung der Mandate (auch Berufungsverfahren)
- Insolvenzrecht, Mietrecht, Allgemeines Zivilrecht, Strafrecht, Sozialrecht, Arzthaftung
- Verbraucherinsolvenzverfahren: Vermögensaufnahmen, Vorbereitung von Berichten und Stellungnahmen an das Insolvenzgericht, Forderungsprüfung, Korrespondenz mit Schuldnern und Gläubigern
- Optimierung interner Verfahrensabläufe
- Datenschutz (kanzleibezogen)
Frau [Klägerin] verfügt über ein umfassendes Fachwissen, das sie beim Auftreten neuer Fragestellungen und Problemen stets sicher einsetzte. Sie bildete sich regelmäßig fort und konnte die erworbenen Fachkenntnisse immer gut umsetzen. Dabei zeichnete sich ihre Arbeitsweise durch hohe Eisatzbereitschaft aus. Bei den ihr übertragenen Aufgaben zeigte sie hohe Eigeninitiative und hat auch unter höchster Beanspruchung stets gute Arbeitsergebnisse erzielt. Sie war dabei stets hohem Arbeitsaufwand und Termindruck gewachsen. Rechtsanwältin [Klägerin] hat sich engagiert in ihre neuen Aufgabengebiete eingearbeitet und verfolgte nachhaltig die vereinbarten Ziele.
Frau [Klägerin] war stets eine sehr zuverlässige Mitarbeiterin. Ihr Arbeitsstil zeichnete sich durch Planung, Systematik und klare Strukturierung aus. Die Qualität Ihrer Arbeitsergebnisse erfüllten stets in vollem Umfang die gestellten Anforderungen und hat ...