Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungs- und Beweislast eines Arbeitnehmers für Tatsachen hinsichtlich Rechtfertigung einer überdurchschnittlichen Beurteilung im Arbeitszeugnis
Leitsatz (redaktionell)
1. Aus dem § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO ergibt sich kein Anspruch auf ein gutes oder sehr gutes Zeugnis, sondern nur ein Anspruch auf ein leistungsgerechtes Zeugnis. 2. Erteilt der Arbeitgeber ein Zeugnis, welches dem Arbeitnehmer eine durchschnittliche bzw. befriedigende Leistung bescheinigt, trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, welche eine überdurchschnittliche Beurteilung rechtfertigen sollen.
Normenkette
GewO § 109 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Stralsund (Entscheidung vom 02.08.2023; Aktenzeichen 11 Ca 90/23) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund (Kammern Neubrandenburg) vom 02.08.2023 - 11 Ca 90/23 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die abschließende Leistungs- und Verhaltensbeurteilung im Arbeitszeugnis.
Der 1974 geborene Kläger absolvierte im Jahr 2019 eine neunmonatige Ausbildung zum Schulbegleiter/Integrationsassistenten und war im Anschluss daran in dieser Funktion vom 06.01.2020 bis zum 13.08.2022 bei der Beklagten beschäftigt. Der Hilfeplan für den ihm zugewiesenen, im Jahr 2011 geborenen Schüler hatte zum Ziel, dass dieser Konflikte mit Mitschülern ohne Gewalt löst, Grenzen seiner Mitmenschen wahrt, aktiv am Unterricht teilnimmt, Hausaufgaben in sein Hausaufgabenheft schreibt und den Unterricht nicht stört. Der Kläger war von Oktober 2021 bis Januar 2022 arbeitsunfähig, nachdem ihm der betreute Junge mehrere Finger gebrochen hatte.
Die Beklagte erteilte dem Kläger unter dem 27.01.2023 auf ihrem Briefkopf, unterzeichnet von der Geschäftsführerin, das folgende Arbeitszeugnis:
"...
Herr ... [Kläger], geboren am ...1974, war ab dem 06.01.2020 als Integrationshelfer in der ambulanten Eingliederungshilfe des Standortes N... bei der ... [Beklagte] beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis hat zum 13.08.2022 sein Ende gefunden.
Die ... [Beklagte] ist hauptsächlich im Landkreis M..., aber auch darüber hinaus in den Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe, der Straffälligen Hilfe, der Arbeitsintegration, der sozialen Beratung sowie der Organisationsberatung und Therapie tätig.
Herr ... [Kläger] war in der ambulanten Eingliederungshilfe beschäftigt. Er begleitete einen Jungen während der Schulzeit und zu Coronazeiten in der Tagesgruppe.
Zum Aufgabenbereich gehörten insbesondere:
-Unterstützung im Alltag bei der Eingliederung des Kindes in die Klasse/ Gruppe
-Beteiligung bei der Umsetzung des Hilfeplans
-Verfassen von Berichten
-Unterstützung durch zusätzliche Erklärungen und Strukturierungen bei der Durchführung von Lernangeboten
-Wiederholung und Verdeutlichung von Alltagsstrukturen
-Bearbeitung von Konfliktsituationen, erklärende Hilfestellungen sowie das Aufzeigen von Handlungsstrategien
-Analyse und Reflexion pädagogischer Arbeitsabläufe
-Führen von Eltern-, Erzieher- und Lehrergesprächen
-Teilnahme an Teambesprechungen sowie Supervision
-Zusammenarbeit mit der Klinik während eines stationären Aufenthaltes des Kindes
Herr ... [Kläger] zeichnete sich in diesem Arbeitsfeld durch Engagement, Eigeninitiative und Fleiß aus. Er hat das ihm anvertraute Kind in deren Persönlichkeitsentwicklung gestärkt und arbeitete erfolgreich an den Zielen des Jugendamtes.
Herr ... [Kläger] war ein sehr engagierter und pflichtbewusster Mitarbeiter, welcher sich mit seiner Arbeit identifizierte.
Er motivierte das ihm anvertraute Kind. Bei der Planung der pädagogischen Arbeit berücksichtigte er die individuelle Lebenssituation und das familiäre Umfeld des Kindes.
Durch sein stets freundliches Auftreten verstand er es jederzeit eine vertrauensvolle und offene Atmosphäre zu schaffen.
Mit großer Sensibilität und einem ausgeprägten Gespür für die Bedürfnisse und Problemlagen haben sich schnell tragfähige Beziehungen zu der Familie, dem Kind, den Fachkräften und Mitarbeitern entwickelt.
Gleichzeitig verstand er es, Orientierung und Unterstützung zu geben und mit Fürsorge und Geduld die Entwicklung des jungen Menschen gezielt zu fördern.
Herr ... [Kläger] erfüllte seine Aufgaben in der Integrationshilfe immer selbständig, sorgfältig und stets zu unserer Zufriedenheit. Er war jederzeit bereit, sich neuen und anspruchsvollen Themen zu stellen.
Sein Verhalten zu Vorgesetzten und Kollegen war vorbildlich.
Das Arbeitsverhältnis endete betriebsbedingt.
Sowohl beruflich als auch privat wünschen wir Herrn ... [Kläger] weiterhin viel Erfolg und alles Gute.
..."
Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, dass er die Zeugnisnote "gut" beanspruchen könne. Anstelle von "... stets zu unserer Zufriedenheit" müsse es deshalb "... stets zu unserer vollen Zufriedenheit" heißen. Dem Kläger sei es gelungen, die Hilfepläne für den Jungen vollumfänglich umzusetzen. Der Junge habe sich in die Klasse integriert und den Unterricht nicht...