Christoph Tillmanns, Manfred Geiken
Übt ein Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber gleichzeitig mehrere Beschäftigungen aus, so ist ohne Rücksicht auf die arbeitsvertragliche Gestaltung sozialversicherungsrechtlich von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Entsprechendes gilt für Beschäftigungen, die während der Freistellungsphasen im Rahmen flexibler Arbeitszeitregelungen, also auch in Fällen der Altersteilzeit in der Freistellungsphase, bei demselben Arbeitgeber ausgeübt werden.
Von verschiedenen Arbeitgebern ist regelmäßig nur dann auszugehen, wenn es sich um unterschiedliche natürliche oder juristische Personen handelt. Von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis ist allerdings dennoch auszugehen, wenn beispielsweise für verschiedene natürliche oder juristische Personen ein und dieselbe Beschäftigung im Rahmen derselben Betriebsorganisation erbracht wird. Auch die Beschäftigung bei verschiedenen 1-Personen-GmbHs derselben natürlichen Person schließt nicht von vornherein ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis aus.
4.1.6.1 Mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungen
Häufig üben Teilzeitkräfte gleichzeitig mehrere Beschäftigungen für verschiedene Arbeitgeber aus. Handelt es sich bei diesen Beschäftigungen jeweils um geringfügig entlohnte Beschäftigungen, sind nach § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV die Arbeitsentgelte der einzelnen Beschäftigungen zu addieren. Das Gesamtergebnis entscheidet dann über die Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit aller Beschäftigungsverhältnisse.
Frau Neumann arbeitet
beim Arbeitgeber A seit dem |
1.9. |
für ein monatliches Arbeitsentgelt von |
300 EUR |
beim Arbeitgeber B seit dem |
2.11. |
für ein monatliches Arbeitsentgelt von |
250 EUR |
Die Beschäftigung beim Arbeitgeber A ist vom 1.9. bis 1.11. kranken-, pflege- und arbeitslosenversicherungsfrei, aber rentenversicherungspflichtig.
Vom 2.11. an ergibt die Addition der Arbeitsentgelte 550 EUR; deshalb sind beide Beschäftigungen von diesem Zeitpunkt an kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherungspflichtig.
Eine Addition der Arbeitsentgelte ist nur möglich, wenn es sich jeweils um geringfügig entlohnte Beschäftigungen handelt. Treffen also geringfügig entlohnte mit kurzfristigen Beschäftigungen (siehe dazu "Kurzfristige Beschäftigung") zusammen, so sind die Arbeitsentgelte nicht zusammenzurechnen.
Frau Herzog arbeitet beim Arbeitgeber A für ein monatliches Arbeitsentgelt von 350 EUR (Dauerbeschäftigung). Eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht liegt vor. Am 1.7. nimmt sie zusätzlich eine bis zum 20.8. befristete Beschäftigung beim Arbeitgeber B auf; dort arbeitet sie für ein monatliches Arbeitsentgelt von 200 EUR.
Frau Herzog bleibt auch in der Zeit vom 1.7. bis zum 20.8. weiterhin versicherungsfrei in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, weil es sich bei der Beschäftigung beim Arbeitgeber A um eine geringfügig entlohnte und bei der Beschäftigung beim Arbeitgeber B um eine kurzfristige Beschäftigung handelt und keine Zusammenrechnung vorzunehmen ist.
4.1.6.2 Hauptbeschäftigung und geringfügig entlohnte Beschäftigung
Übt ein Arbeitnehmer neben seiner Hauptbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber eine geringfügig entlohnte Beschäftigung aus, findet eine Zusammenrechnung nicht statt, sodass die geringfügig entlohnte Beschäftigung in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei bleibt (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB V, § 27 Abs. 2 SGB III). In der Rentenversicherung besteht Versicherungspflicht (§ 1 Nr. 1 SGB VI).
Frau Kohl arbeitet regelmäßig
beim Arbeitgeber A für ein monatliches Arbeitsentgelt von |
1.800 EUR |
beim Arbeitgeber B für ein monatliches Arbeitsentgelt von |
500 EUR |
Frau Kohl ist in der (Haupt-)Beschäftigung beim Arbeitgeber A versicherungspflichtig. Die Beschäftigung beim Arbeitgeber B bleibt als erste geringfügig entlohnte Beschäftigung in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei, weil das Arbeitsentgelt 538 EUR nicht übersteigt. In der Rentenversicherung besteht Versicherungspflicht. Eine Zusammenrechnung der geringfügig entlohnten Beschäftigung mit der versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung findet nicht statt.
Werden hingegen neben einer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung mehrere geringfügig entlohnte Beschäftigungen ausgeübt, dann scheidet für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung die Zusammenrechnung mit der versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung aus. Ausgenommen von der Zusammenrechnung wird dabei diejenige geringfügig entlohnte Beschäftigung, die zeitlich zuerst aufgenommen worden ist, sodass diese Beschäftigung versicherungsfrei bleibt. Die weiteren geringfügig entlohnten Beschäftigungen sind mit der versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung zusammenzurechnen (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB V bzw. § 5 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz SGB VI). In diesen Fällen besteht in der geringfügig entlohnten Beschäftigung bzw. in weiteren geringfügig entlohnten Beschäftigungen Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenvers...