Christoph Tillmanns, Manfred Geiken
Eine Beschäftigung kann Versicherungsfreiheit in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung auch begründen, wenn diese die Voraussetzungen einer kurzfristigen Beschäftigung erfüllt. Dies gilt selbst dann, wenn auch die Voraussetzungen einer geringfügig entlohnten Beschäftigung erfüllt werden.
Eine kurzfristige Beschäftigung liegt nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV vor, wenn die Beschäftigung im Laufe eines Kalenderjahres entweder auf nicht mehr als 3 Monate oder 70 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist. Bei diesen Zeitgrenzen handelt es sich um gleichwertige Alternativen zur Begründung einer kurzfristigen Beschäftigung (BSG, Urteil vom 24.11.2020 – B 12 KR 34/19 R). Die zeitlichen Voraussetzungen sind auch dann erfüllt, wenn die Beschäftigung im Laufe eines Kalenderjahres zwar auf mehr als 3 Monate begrenzt ist, aber an weniger als 70 Arbeitstagen ausgeübt wird.
Sozialversicherungsfreiheit besteht allerdings nicht, wenn die kurzfristige Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung die Geringfügigkeitsgrenze von 538 EUR überschreitet.
Eine auf längstens 3 Monate oder 70 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres befristete Beschäftigung mit einem Arbeitsentgelt, welches die (anteilige) Arbeitsentgeltgrenze von 538 EUR im Monat nicht überschreitet, kann sowohl als kurzfristige als auch als geringfügig entlohnte Beschäftigung behandelt werden.
Wird eine Beschäftigung, die sowohl die Voraussetzungen einer geringfügig entlohnten als auch einer kurzfristigen Beschäftigung erfüllt, als kurzfristige Beschäftigung beurteilt, sind die ansonsten fälligen Pauschalbeiträge nicht zu zahlen.
Sofern im unmittelbaren Anschluss an eine geringfügig entlohnte (Dauer-)Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber eine auf längstens 3 Monate befristete Beschäftigung vereinbart wird, ist von der widerlegbaren Vermutung auszugehen, dass es sich um die Fortsetzung der bisherigen (Dauer-)Beschäftigung handelt. Hieraus folgt, dass bei einem Arbeitsentgelt von mehr als 538 EUR im Monat vom Zeitpunkt der Vereinbarung der befristeten Beschäftigung an die Arbeitsentgeltgrenze überschritten wird und damit Versicherungspflicht eintritt; bei einem monatlichen Arbeitsentgelt bis 538 EUR liegt durchgehend eine geringfügig entlohnte Beschäftigung vor. Dies gilt umso mehr, wenn sich an die befristete Beschäftigung wiederum unmittelbar eine (für sich betrachtet) geringfügig entlohnte Beschäftigung anschließt. Versicherungsfreiheit wegen Vorliegens einer kurzfristigen Beschäftigung kommt in Fällen der hier in Rede stehenden Art nur dann in Betracht, wenn es sich bei den einzelnen Beschäftigungen um völlig voneinander unabhängige Beschäftigungsverhältnisse handelt.
Während die geringfügig entlohnte Beschäftigung grds. auf Dauer bzw. regelmäßige Wiederkehr angelegt ist, sieht die kurzfristige Beschäftigung als Grundvoraussetzung einen befristeten Arbeitseinsatz vor. Wird die kurzfristige Beschäftigung also nicht nur gelegentlich, sondern dauerhaft oder regelmäßig wiederkehrend ausgeübt, liegt keine kurzfristige Beschäftigung vor; Versicherungsfreiheit kann also nicht entstehen. Dies gilt selbst dann, wenn die Beschäftigungsdauer 70 Kalendertage im Jahr nicht überschreitet. Über den Abschluss einer Rahmenvereinbarung ist es allerdings möglich, eine solche Beschäftigung für maximal 12 Monate zu befristen mit der Konsequenz, dass dann eine kurzfristige Beschäftigung vorliegt. Eine gelegentliche Beschäftigung liegt allerdings nur dann vor, wenn die einzelnen Arbeitseinsätze ohne Bestehen einer Abrufbereitschaft unvorhersehbar zu unterschiedlichen Anlässen ohne erkennbaren Rhythmus an maximal 70 Arbeitstagen im Kalenderjahr erfolgen. Nach einer Unterbrechung von mindestens 2 Monaten ist eine erneute Rahmenvereinbarung möglich.
4.2.1 Zusammenrechnung
Bei der Prüfung der Versicherungsfreiheit kommt es nicht nur auf die aktuelle Beschäftigung an. Die Zeiten mehrerer aufeinanderfolgender kurzfristiger Beschäftigungen (Anmeldungen sind jeweils mit dem Personengruppenschlüssel 110 erfolgt) sind zusammenzurechnen, unabhängig davon, ob sie geringfügig entlohnt oder mehr als geringfügig entlohnt sind. Es ist jeweils bei Beginn einer neuen Beschäftigung zu prüfen, ob diese mit den schon im laufenden Kalenderjahr ausgeübten Beschäftigungen die maßgebende Zeitgrenze überschreitet.
Arbeitgeber erhalten seit Anfang 2022 bei einer Anmeldung eines kurzfristig Beschäftigten (PGR 110) eine Information der Minijob-Zentrale darüber, ob zum Zeitpunkt der Anmeldung der Aushilfe weitere kurzfristige Beschäftigungen bestehen oder im laufenden Kalenderjahr bestanden haben. Diese Rückmeldung erfolgt auf elektronischem Weg in Form eines Datensatzes.
Wird durch eine Zusammenrechnung mehrerer kurzfristiger Beschäftigungen die Grenze von 3 Monaten oder 70 Arbeitstagen überschritten, handelt es sich um eine regelmäßig ausgeübte Beschäftigung. In diesen Fällen ist gegebenenfalls zu prüfen, ob...