Gewerkschaften dürfen in Betrieben und Dienststellen, in denen sie mit mindestens einem Mitglied, das nicht zu den leitenden Angestellten im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG gehört, vertreten sind, betriebliche Anschlagflächen wie die sog. schwarzen Bretter benutzen und durch ihre Mitglieder Informationsmaterial verteilen, solange dadurch Betriebsfrieden und Arbeitsablauf nicht gefährdet werden. Gewerkschaftliche Werbemaßnahmen sind nur dann unzulässig, wenn sie sich außerhalb eines vernünftigen Rahmens bewegen, also beispielsweise den Arbeitgeber allgemein in beleidigender Weise angreifen oder unter grober Entstellung der Wahrheit verunglimpfen.
Die Gewerkschaft hat jedoch nicht das Recht, z. B. in Behörden Flugblätter und Unterschriftenlisten auszulegen, die sich an die Bürger richten und in denen es um eine politische Betätigung der Gewerkschaft geht, insbesondere dann nicht, wenn die gewerkschaftliche Aktion im Widerspruch zu der Meinung der Behördenführung steht. So darf eine Gewerkschaft nicht Flugblätter und Unterschriftslisten in Polizeistationen auslegen, mit denen die Bürger aufgefordert werden sollen, dem gewerkschaftlichen Ziel, 5.000 neue Polizisten einzustellen, zuzustimmen, wenn die politische Meinung der Landesregierung und damit auch des Innenministeriums eine andere ist. Dies wäre ein Eingriff in das Eigentums- und Hausrecht des betroffenen Landes, der von der unmittelbaren koalitionsmäßigen Betätigung nicht gedeckt ist. Dabei ist auch zu sehen, dass die Gewerkschaft Unterschriftsaktionen u. a. auf öffentlichen Plätzen und Märkten durchführen kann und nicht auf die Durchführung innerhalb einer Dienststelle angewiesen ist, woduch zudem ein psychischer Druck auf die Bevölkerung ausgeübt wird, wenn diese in einer Polizeistation auf eine schriftliche Unterstützung der gewerkschaftlichen Aktion angesprochen wird.
Ein Arbeitgeber darf einen ihm missfallenden Aushang einer Gewerkschaft am schwarzen Brett nicht eigenmächtig entfernen, er muss sich in diesem Falle gerichtlichen Schutzes bedienen, anderenfalls würde er eine verbotene Eigenmacht begehen.
Bei der Verteilung von gewerkschaftlichen Werbe- und Informationsschriften kann der Arbeitgeber die Benutzung einer hausinternen Postverteilungsanlage (Postfächer an der Pforte) untersagen.
Die Verteilung einer periodisch erscheinenden Gewerkschaftszeitung ausschließlich an Gewerkschaftsmitglieder im Betrieb braucht der Arbeitgeber nicht zu dulden.
Zulässig ist die Verteilung einer Betriebszeitung, für die gewerkschaftlich organisierte Betriebsangehörige die redaktionelle Verantwortung tragen, deren presserechtlicher Herausgeber eine Gewerkschaft ist, die in diesem Betrieb vertreten ist. Dieses Recht gilt auch in einem Betrieb, der verfassungsrechtlich dem kirchlichen Bereich zuzurechnen ist. Eine Verletzung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts ist nicht gegeben, da in diesem Fall lediglich ein "ideelles Eindringen" in den kirchlichen Betrieb auf Grund des Verteilens von Druckerzeugnissen vorliegt, eine körperliche Präsenz von Gewerkschaftsangehörigen jedoch nicht stattfindet.
Die gewerkschaftliche Mitgliederwerbung im Betrieb durch Plakate gehört zum Kernbereich einer koalitionsmäßigen Betätigung auch dann, wenn lediglich mit satzungsgemäßen Leistungen wie Rechtsschutz geworben wird.
Unzulässig ist die Nutzung von im Eigentum des Arbeitgebers stehenden Sachen (z. B. Schutzhelmen) für Mitgliederwerbung. Ein Arbeitnehmer darf seinen Schutzhelm, die vom Arbeitgeber gestellte Kleidung und Fahrzeuge nicht mit (Gewerkschafts-)Aufklebern versehen. Die Gewerkschaft kann ohne Beeinträchtigung fremden Eigentums z. B. durch Anstecknadeln Werbung betreiben.
Die Verteilung von gewerkschaftlichem Werbe- und Informationsmaterial während der Arbeitszeit gehört zwar nicht zum Kernbereich gewerkschaftlicher Betätigung, da eine Verteilung in den Arbeitspausen bzw. nach Ende der Arbeitszeit möglich und zumutbar wäre. Das BVerfG hat die Mitgliederwerbung während der Arbeitszeit jedoch als koalitionsspezifisch und damit von Art. 9 Abs. 3 GG geschützt angesehen. Unzulässig muss es aber sein, wenn die Mitgliederwerbung während der Arbeitszeit zu einer Beeinträchtigung betrieblicher Belange führt, da bei der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit die grundrechtlich geschützten Positionen beider Parteien zu berücksichtigen sind. Für die Gewerkschaft geht es um Mitgliederwerbung. Bezüglich des Arbeitgebers wird dessen wirtschaftliche Betätigungsfreiheit, insbesondere durch Störung des Arbeitsablaufs und des Betriebsfriedens, beeinträchtigt.