Das Kernstück bundesrechtlicher Gleichstellungsregelungen bilden die so genannte einzelfallbezogene Quotenregelung des § 8 BGleiG, die Regelungen zur Qualifikationsfeststellung und die Benachteiligungsverbote in § 9 BGleiG.

Nach § 8 BGleiG sind Frauen in Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind (vgl. § 4 Abs. 6 BGleiG), bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (Qualifikation, vgl. hierzu den Wortlaut von Art. 33 Abs. 2 GG) bevorzugt zu berücksichtigen, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen. Diese einzelfallbezogene Quotenregelung[1] gilt bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen, Einstellung, Anstellung und Beförderung. Sie orientiert sich an der Rechtsprechung des EuGH zur Frauenförderung im öffentlichen Dienst (Vgl. EuGH, Urt. v. 17.10.1995 - C-450/93; EuGH, Urt. v. 06.07.2000 - C-407/98). Danach sind in Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, solche Fördermaßnahmen zulässig, die einerseits bei gleicher Qualifikation nicht automatisch und bedingungslos Frauen bevorzugen und andererseits sicherstellen, dass alle Bewerbungen objektiv beurteilt werden und die jeweilige persönliche Situation des Bewerbers mit einbeziehen. Für die Vereinbarkeit einer Quotenregelung mit Art. 2 Abs. 1 und Abs. 4 der Gleichbehandlungsrichtlinie 76/207/EWG ist nach der Marschall-Entscheidung das Vorhandensein einer Öffnungsklausel zu Gunsten von männlichen Bewerbern entscheidend. Diese muss garantieren, dass Bewerbungen von Männern Gegenstand einer objektiven Beurteilung sind, bei der alle die Person der Bewerber betreffenden Kriterien berücksichtigt werden und der den weiblichen Bewerberinnen eingeräumte Vorrang entfällt, wenn eines oder mehrere dieser Kriterien zugunsten des männlichen Bewerbers überwiegen. Diese Kriterien dürfen ihrerseits gegenüber den weiblichen Bewerbern keine diskriminierende Wirkung haben.[2]

Die in § 8 BGleiG enthaltene Öffnungsklausel entspricht der Umsetzung dieser Grundsätze und soll die Wahrung der Einzelfallgerechtigkeit sichern. Nach der Gesetzesbegründung überwiegen schützenswerte Belange eines gleichqualifizierten Bewerbers jedoch nur dann, wenn bei der vergleichenden Bewertung deutliche Unterschiede zugunsten dieses Bewerbers bestehen oder ein Härtefall (z.B. Behinderung, alleinerziehender Vater oder Langzeitarbeitsloser) vorliegt.[3] Nun darf wiederum die Berücksichtigung schützenswerter Belange eines Bewerbers nach der angeführten EuGH-Rechtsprechung nicht ihrerseits zu einer mittelbaren Diskriminierung der gleichqualifizierten Bewerberin führen. Deshalb dürfen aus traditionellen Familienstrukturen resultierende Gründe, wie zum Beispiel die so genannte "Ernährereigenschaft" beziehungsweise "Unterhaltsverpflichtungen" grundsätzlich nicht zugunsten des männlichen Bewerbers einbezogen werden. Personalwirtschaftliche Belange, wie der aktuelle Umfang der Frauenunterrepräsentanz in einzelnen Bereichen, spielen im Zuge der Einzelfallbetrachtung keine Rolle, da es sich nicht um "in der Person des Bewerbers liegende Gründe" handelt.

Die Quotenregelung führt dazu, dass in unterrepräsentierten Bereichen Frauen so lange zu berücksichtigen sind, bis unter Beachtung von Art. 3 Abs. 2 GG die Quote von 50% erfüllt ist. Neben der Erhöhung des Frauenanteils sollen damit bewusstseinsstärkende Impulse zum Abbau bestehender Benachteiligungen gesetzt werden. Die Bundesregierung geht davon aus, dass Quotenregelungen mehr als andere Regelungen zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Strukturen und tradierten Rollenbildern herausfordern werden.

Gesichert und verstärkt wird die Wirksamkeit der Quotenregelung des § 8 BGleiG durch § 9 BGleiG, der in seinem Absatz 1 die Qualifikationsfeststellung regelt und in Absatz 2 bestimmte Tatbestände bei der vergleichenden Bewertung ausschließt, die regelmäßig zu mittelbaren Diskriminierungen von Frauen geführt haben. Die Feststellung der Qualifikation bestimmt sich nach § 9 Abs. 1 S. 1BGleiG ausschließlich nach den Anforderungen der zu besetzenden Arbeitsplätze, insbesondere nach den Ausbildungsvoraussetzungen und den beruflichen Erfahrungen. Traditionelle Kriterien, wie Dienstalter, Lebensalter und der Zeitpunkt der letzten Beförderung finden gem. § 9 Abs. 1 S. 2 BGleiG nur insoweit Berücksichtigung, als ihnen für die Eignung, Leistung und Befähigung der Bewerberinnen und Bewerber Bedeutung zukommt. Das bedeutet, diese Hilfskriterien müssen in die dienstliche Beurteilung selbst einfließen und dürfen nicht mehr, wie bislang noch von der Rechtsprechung zugelassen, bei gleicher Qualifikation als Zusatzkriterium herangezogen werden.[4] Spezifische, durch familiäre Betreuungs- und Pflegeaufgaben erworbene Erfahrungen und Fähigkeiten sind nach § 9 Abs. 1 S. 3 BGleiG aufgewertet worden. Sie sind zu berücksichtigen, soweit sie für die Ausübung der jeweiligen Tätigkeit Bedeutung haben. Das wird in aller Regel der Fall sein, da moderne Anforderungsprofile "soziale Kompetenz" verlangen. Die Vorschrift greift die ...

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