Zusammenfassung

BETREFF Tarifvertrag zur Regelung flexibler Arbeitszeiten für ältere Beschäftigte (TV FALTER) vom 27.2.2010 sowie Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ) vom 5.5.1998
BEZUG Urteil des BAG vom 12. November 2013 – 9 AZR 484/12

Das BAG hat mit Urteil vom 12. November 2013 – 9 AZR 484/12 – die automatische Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Falle eines Anspruchs auf abschlagsfreie Altersrente für Schwerbehinderte für unwirksam erklärt, sofern dies dazu führt, dass die Freistellungsphase schwerbehinderter Beschäftigter erheblich kürzer ist als die bereits absolvierte Arbeitsphase. Dem Urteil lag der Fall einer Beschäftigten der Deutschen Rentenversicherung Bund zugrunde, deren Schwerbehinderung bei Beginn der Altersteilzeit zunächst befristet war und die später erneut verlängert wurde. Zum Zeitpunkt der Verlängerung der Schwerbehinderteneigenschaft war die Arbeitsphase des Blockmodells fast beendet. Eine interessengerechte Vertragsanpassung, um die Arbeits- und Freistellungsphase entsprechend neu zuzuschneiden, war nicht mehr möglich. Der Arbeitgeber wollte mit Verweis auf die dortige tarifvertragliche Regelung (entspricht § 9 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ sowie § 8 Abs. 2 Buchst. a TV FALTER) die Freistellungsphase um zwei Jahre verkürzen.

Unter Verweis auf das Urteil des EuGH vom 6. Dezember 2012 – C-152/11 – ("Odar") hat das BAG hierzu Folgendes festgestellt. Der Umstand, dass schwerbehinderte Arbeitnehmer eine abschlagsfreie Rente früher in Anspruch nehmen könn-ten als nicht schwerbehinderte Arbeitnehmer, sei nicht geeignet, eine Ungleichbehandlung von schwerbehinderten und nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern zu rechtfertigen. Dies gelte im Streitfall umso mehr, als ein Ausscheiden der Klägerin dazu führte, dass die Freistellungsphase lediglich drei Jahre betrüge und damit zwei Jahre kürzer als die Arbeitsphase wäre. Dies hätte zur Folge, dass die Klägerin zwar fünf Jahre in Vollzeit gearbeitet hätte, aber nicht zehn, sondern nur acht Jahre Bezüge und Aufstockungsleistungen erhalten würde. Diese Rechtsfolge sei eine unzuläs-sige Ungleichbehandlung mit der Folge, dass ein schwerbehinderter Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen könne, wie ein nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer behandelt zu werden.

Das Urteil des BAG stellt eine Abkehr von seiner bisherigen anderslautenden Rechtsprechung dar, ohne dass in den Urteilsgründen hierauf eingegangen wird. Denn mit Urteil vom 27. April 2004 – 9 AZR 18/03 – hatte das BAG entschieden, dass das Ausscheiden vor Vollendung des 65. Lebensjahres bei einer Altersrente wegen Schwerbehinderung gemäß § 9 Abs. 2 TV ATZ keine unzulässige Benachteiligung gemäß § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX a. F., sondern durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt sei.

I. Tarifvertragliche Regelung

Nach § 9 Abs. 1 TV ATZ sowie § 8 Abs. 1 TV FALTER endet das Arbeitsverhältnis grundsätzlich zu dem in der Altersteilzeitvereinbarung festgelegten Zeitpunkt. Abweichend hiervon bestimmen § 9 Abs. 2 Buchst. a Alt. 1 TV ATZ sowie § 8 Abs. 2 Buchst. a TV FALTER, dass ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis stets dann mit Ablauf des Kalendermonats vor dem Kalendermonat endet, für den der Altersteilzeitbeschäftigte eine abschlagsfreie Altersrente beanspruchen kann. Maßgeblich für diese Beendigungsautomatik vor Ablauf der Altersteilzeitvereinbarung ist allein der Anspruch auf eine ungekürzte Altersrente, unabhängig davon, ob dieser Anspruch tatsächlich verwirklicht wird.

Erfasst von diesem vorgezogenen Beendigungstatbestand ist auch ein Anspruch auf eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 236a SGB VI. Nach § 33 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI handelt es sich auch hierbei um eine abschlagsfreie Rente wegen Alters.

II. Von der Entscheidung umfasste Fallgestaltungen

  1. Das BAG hat sich in seiner Entscheidung ausschließlich mit dem Fall befasst, bei dem aufgrund einer nachträglich während der Arbeitsphase festgestellten oder verlängerten Schwerbehinderteneigenschaft das Arbeitsverhältnis gemäß § 9 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ vorzeitig endet und sich die Freistellungsphase im Vergleich zur bereits zurückgelegten Arbeitsphase verkürzt. Ausgehend von dem entschiedenen Fall ist dies stets dann der Fall, wenn die Arbeitsphase bereits soweit fortgeschritten ist, dass ein Ausgleich zwischen Arbeits- und Freistellungsphase nicht mehr möglich ist.
  2. Die Entscheidung des BAG ist auch auf den Fall übertragbar, dass die Schwerbehinderteneigenschaft nach der bereits zurückgelegten Arbeitsphase zuerkannt oder verlängert wird und eine einvernehmliche arbeitsvertragliche Neufestlegung von Arbeits- und Freistellungsphase nicht möglich ist, weil aufgrund der bereits zurückgelegten Dauer der Arbeitsphase die Arbeits- und Freistellungphase nicht mehr gleichlang neu festgelegt werden können.
  3. Keine Entscheidung hat das BAG für den Fall getroffen, dass die Schwerbehinderteneigenschaft bei Vereinbarung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses bereits vorlag und die Zeitspanne, für die die Schwerbehinderteneigenschaft anerkannt wurde, mindestens bis zum Anspruch auf eine Altersrente für s...

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