[1] Während der Dauer der Beschäftigung aufgrund des Kündigungsschutzprozesses besteht weiterhin ein Anspruch auf Krankengeld, sofern auch die weiteren Anspruchsvoraussetzungen erfüllt werden (siehe 2.1.1.1.1.8 "Beschäftigung für die Dauer eines Kündigungsschutzprozesses").

[2] In diesen Zusammenhang sind jedoch Besonderheiten beim Ruhen des Krankengeldes zu beachten, weil der Kündigungsschutzprozess Auswirkungen auf die Dauer der Entgeltfortzahlung haben kann.

[3] Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung endet grundsätzlich erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Arbeitsrechtlich handelt es sich bei einer Beschäftigung im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses um eine "erzwungene" Weiterbeschäftigung bis zu dem Zeitpunkt, an dem ein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Bis dahin befindet sich das strittige Arbeitsverhältnis in einem rechtlichen Schwebezustand. Erst nach rechtskräftiger Entscheidung über die Kündigungsschutzklage kann beurteilt werden, ob

  • ein Arbeitsverhältnis über das mit der Kündigung ausgesprochene Ende der Beschäftigung hinaus weiter besteht/bestanden hat (bei erfolgreicher Kündigungsschutzklage) oder ob
  • kein Arbeitsverhältnis über das mit der Kündigung ausgesprochene Ende der Beschäftigung hinaus besteht/bestanden hat, also das Arbeitsverhältnis mit der Kündigung endete (bei Abweisung der Kündigungsschutzklage).

[4] [korr.] Arbeitgebende müssen für krankheitsbedingte Ausfallzeiten während eines Kündigungsschutzprozesses keine Entgeltfortzahlung leisten, wenn die Arbeitnehmenden zwar aufgrund eines erstinstanzlichen Kündigungsschutzurteils von Arbeitgebenden weiterbeschäftigt worden sind, dieses Urteil jedoch später abgeändert und die Kündigungsschutzklage insgesamt abgewiesen wird. Hintergrund ist die fehlende sog. Bereicherung der [korr.] Arbeitgebenden, die wegen der Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmenden keine Arbeitsleistung erhalten haben und damit keinen Wertersatz dafür schulden.

[5] Hieraus ergeben sich folgende arbeits- und entgeltfortzahlungsrechtlichen Auswirkungen einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung. [korr.] Ist das Arbeitsverhältnis

  • wirksam, so haben die Arbeitgebenden nach dem EFZG auch Arbeitsentgelt im Krankheitsfall an die Arbeitnehmenden zu entrichten oder
  • nicht wirksam, so haben die Arbeitgebenden für Zeiten, für die die "Arbeitnehmenden" nicht gearbeitet haben (z.B. während einer Arbeitsunfähigkeit), bei wirksamer Kündigung keine Entgeltfortzahlungsverpflichtung (BAG, Urteil vom 10.3.1987, 8 AZR 146/84). Haben die Arbeitnehmenden jedoch eine Arbeitstätigkeit erbracht, [korr.] müssen die Arbeitgebenden hierfür einen Wertersatz zahlen. Der Wertersatz spiegelt die trotz [korr.] fehlenden Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitnehmenden geleistete Arbeit wieder, die sie vergüten müssen.

[6] Je nach Ausgang der Entscheidung ruht daher der Anspruch auf Krankengeld in Höhe des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts. In der Übergangszeit zahlt die Krankenkasse aufgrund des fehlenden Ruhenstatbestandes nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V das Krankengeld und prüft zeitnah, inwieweit Ansprüche nach § 115 SGB X gegen [korr.] Arbeitgebende geltend zu machen sind.

[7] Erfolgt die Kündigung aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit und zahlt die Krankenkasse bis zur rechtskräftigen Entscheidung für die strittige Zeit Krankengeld, geht der Anspruch auf Entgeltfortzahlung auf die Krankenkasse nach § 115 SGB X über (siehe GR v. 25.6.1998).

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