[1] Nach § 45 Abs. 3 SGB V haben Versicherte mit [korr.] Anspruch auf Krankengeld bei Erkrankung des Kindes nach § 45 Abs. 1 oder Abs. 1a SGB V für die Dauer dieses Anspruchs gegen die Arbeitgebenden Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung, soweit nicht aus gleichem Grund Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht. [korr.] Krankengeld bei Erkrankung des Kindes nach § 45 SGB V ist daher dem Anspruch auf bezahlte Freistellung gegenüber subsidiär ausgestaltet (BAG, Urteil vom 31.7.2002, 10 AZR 578/01).
[2] Ein Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit ergibt sich für Beschäftigte grundsätzlich aus § 616 Satz 1 BGB (BAG vom 20.6.1979, 5 AZR 479/77 und 5 AZR 361/78), sofern sie wegen der Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres Kindes der Arbeit fernbleiben müssen. Zur Ermittlung der Dauer des Freistellungsanspruchs hat das BAG in seinem Urteil vom 7.6.1978, 5 AZR 466/77 eine Parallele zu dem seinerzeit versicherungsrechtlichen Krankengeldanspruch nach § 185c RVO, [korr.] welcher bis zu 5 Arbeitstage gezahlt wurde, gezogen. Eine Arbeitsverhinderung bis zu 5 Arbeitstagen wurde deshalb im Allgemeinen als verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit i.S.d. . . . § 616 Satz 1 BGB angesehen. [korr.] Arbeitgebende können jedoch auch darüber hinaus das Arbeitsentgelt fortzahlen. Sie haben im Rahmen des Verfahrens "Datenaustausch Entgeltersatzleistungen nach § 107 SGB IV" die Krankenkasse darüber zu informieren, ob ein Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht. Darüber hinaus [korr.] müssen sie – bezogen auf den jeweiligen Freistellungszeitraum (siehe Abschnitt 7.2.1 "Maßgebender Freistellungszeitraum") – angeben, für wie viele Arbeitstage ein Anspruch auf bezahlte Freistellung bestand. Während einer bezahlten Freistellung ruht der gleichzeitig bestehende Anspruch auf [korr.] Krankengeld bei Erkrankung des Kindes (siehe Abschnitt 9.1 "Weiterbezug von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen").
[3] Der Anspruch auf eine bezahlte Freistellung besteht solange, wie er nicht durch Tarifvertrag, Arbeitsvertrag usw. außer Kraft gesetzt (abbedungen) wird. Wenn und soweit der Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit wegen Erkrankung des Kindes abbedungen ist, ist ein Anspruch auf Krankengeld gemäß § 45 Abs. 1 oder Abs. 1a SGB V zu erfüllen.
[4] In den einschlägigen Tarifverträgen wird zum Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit in unterschiedlicher Form eingegangen. Es wird empfohlen, wie folgt zu verfahren:
Bei Verweisung auf den Entgeltfortzahlungsanspruch entsprechend den gesetzlichen Vorschriften
(z.B.: "Lohn wird nur für die Zeit gezahlt, in der Arbeit geleistet wird, sowie für die Zeit der Arbeitsbereitschaft, es sei denn, dass gesetzliche oder tarifliche Vorschriften etwas anderes bestimmen …")
ist davon auszugehen, dass der Anspruch auf bezahlte Freistellung in den hier in Rede stehenden Fällen nicht abbedungen ist. Als eine gesetzliche Vorschrift, die etwas anderes regelt, kommt nämlich auch . . . § 616 Satz 1 BGB in Betracht. Das von der Krankenkasse dem Grunde nach zu beanspruchende (oder das zur einstweiligen wirtschaftlichen Sicherung der Beschäftigten bereits gezahlte) Krankengeld nach . . . § 45 Abs. 1 oder Abs. 1a SGB V darf nämlich nicht nach § 616 Satz 2 BGB auf den arbeitsrechtlichen Entgeltfortzahlungsanspruch angerechnet werden (BAG, Urteil vom 19.4. 1978, 5 AZR 834/76).
Bei positiver und abschließender Aufzählung der Tatbestände für eine bezahlte Freistellung von der Arbeit
(z.B.: "Soweit dieser Manteltarifvertrag oder ein Gesetz nichts anderes bestimmen, gelten von dem Grundsatz, dass nur die tatsächliche Arbeitszeit einschließlich Arbeitsbereitschaft bezahlt wird, folgende Ausnahmen:
- . .
Arbeitsverhinderung:
[korr.] Arbeitnehmenden ist ohne Anrechnung auf ihren Urlaub und ohne Verdienstminderung Freizeit wie folgt zu gewähren:
- . . .
- . . .
- Bei schwerer Erkrankung von zur Hausgemeinschaft gehörenden Familienmitgliedern, sofern ärztlich bescheinigt wird, dass die Anwesenheit [korr.] der Arbeitnehmenden zur vorläufigen Sicherung der Pflege erforderlich ist, … bis zu 2 Tage.
- . . .)"
ist davon auszugehen, dass im Übrigen der Anspruch auf Entgeltfortzahlung abbedungen ist. Ein solcher Tarifvertrag stellt nämlich eine abschließende Regelung des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung bei solchen Arbeitsverhinderungen dar, die nicht durch eine Krankheit [korr.] von Arbeitnehmenden verursacht worden sind. Dies ergibt sich daraus, dass die aufgeführten Fälle von Verhinderungen nicht als Beispiele bezeichnet sind. Trifft ein Tarifvertrag genaue Bestimmungen darüber, in welchen Fällen und für welche Zeit der Lohn zu zahlen ist, so schließt er im Zweifel weitergehende Ansprüche nach § 616 BGB aus (LAG Bremen, Urteil vom 3.2.1977, 3 Sa 235/76).
Enthält die abschließende Aufzählung der Freistellungstatbestände den Fall der Erkrankung eines zur Hausgemeinschaft gehörenden Kindes gar nicht, ist ebenfalls von einer Abbedingung, und zwar in vollem Umfange auszugehen.
Bei beispielhafter Aufzählung der ...