Soweit im Rahmen der Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit die Anzahl der Arbeitstage in der Kalenderwoche im laufenden Urlaubsjahr geändert wird, ist nach neuer Rechtsprechung der Urlaubsanspruch abschnittsbezogen neu zu berechnen.

In seiner "Greenfield"-Entscheidung hat der EuGH zur Berechnung des nach Art. 7 der (EU-Arbeitszeit-) Richtlinie 2003/88 gewährleisteten Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub Folgendes klargestellt: Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub werden im Hinblick auf den im Arbeitsvertrag vorgesehenen Arbeitsrhythmus erworben und sind dementsprechend zu berechnen (Rz. 29, 33 a. a. O.). Der EuGH schlussfolgert daraus, dass die Zeiträume, in denen der Arbeitnehmer nach verschiedenen Arbeitsrhythmen arbeitetet, voneinander zu unterscheiden und für jeden Zeitraum getrennt zu berechnen sind (Rz. 35 a. a. O.). Im Ergebnis ordnet der EuGH damit also dem Urlaubsanspruch die Wertigkeit zu, die sich aus dem jeweiligen Zeitraum vor und nach der Änderung des Beschäftigungsmodells ergibt (d. h. rechnerisch müssen vor und nach dem betreffenden Änderungsstichtag "fiktive" Abschnitte gebildet werden). Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub, die in Vollzeit erworben wurden, behalten demnach ihre Wertigkeit, auch wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt in Teilzeit in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch für den Umkehrschluss, also für Ansprüche, die in Teilzeit erworben wurden und später, in einem Beschäftigungsmodell mit höherer Stundenzahl in Anspruch genommen werden (vgl. Rz. 41 a. a. O.). Diese abschnittsbezogene Berechnung der Höhe des Urlaubsanspruchs wirkt sich zugleich auf die Berechnung der Höhe des Urlaubsentgelts aus (vgl. Rz. 47 a. a. O.); dazu s. u. Ziffer 2.

Dabei verlangt das Unionsrecht eine Nachberechnung der Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub nur in Bezug auf Zeiträume, in denen der Beschäftigungsumfang erhöht wurde. In diesen Fällen muss eine Nachberechnung für den "fiktiven" Abschnitt nach dem Änderungsstichtag vorgenommen werden (vgl. "Greenfield" Rz. 44). Im deutschen Urlaubsrecht gilt dies in Bezug auf die Urlaubsdauer für alle Beschäftigungsmodelle, die eine Erhöhung der Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage zur Folge haben. Zugleich hat der EuGH jedoch ausdrücklich bestätigt, dass in Fällen einer Erhöhung des Arbeitszeitumfangs keine unionsrechtliche Verpflichtung einer Nachberechnung der bereits vor dem Änderungsstichtag - also noch auf Basis des Arbeitszeitmodells mit geringerem Beschäftigungsumfang - erworbenen Urlaubsansprüche besteht (Tenor 1 a. a. O.).

Auf den TVöD angewandt bedeutet dies Folgendes: Die Zahl der Urlaubstage, die auf die "fiktiven" Abschnitte vor und nach dem Änderungsstichtag entfallen, bemisst sich nach der für den jeweiligen Abschnitt vereinbarten Anzahl der Wochenarbeitstage (Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit i. S. des § 26 Abs. 1 Satz 2 und 3 TVöD). Diese dem jeweiligen Beschäftigungsmodell (Hinweis: Der EuGH spricht insoweit von dem "im Arbeitsvertrag vorgesehenen Arbeitsrhythmus", s. "Greenfield" Rz. 29) entsprechende abschnittsbezogene Betrachtung gilt unabhängig davon, ob dadurch das Arbeitszeitvolumen vermindert, beibehalten oder aber erhöht wird. Vor dem Änderungsstichtag bereits gewährter Urlaub ist in Abzug zu bringen (vgl. "Greenfield"-Entscheidung Rz. 43); jedoch scheidet eine vorgriffsweise Anrechnung auf erst in folgenden Urlaubsjahren entstehende Urlaubsansprüche mangels entsprechender nationaler Rechtsgrundlage aus.

Praxis-Beispiel

Im laufenden Urlaubsjahr erfolgt zum 1. September ein Wechsel des Beschäftigungsmodells von der Fünftagewoche zu einer Viertagewoche. Der "fiktive" Abschnitt für die während der Fünftagewoche erworbenen Urlaubstage umfasst somit 8 Kalendermonate und der "fiktive" Abschnitt nach dem Änderungsstichtag für die in der Viertagewoche erworbenen Urlaubstage 4 Kalendermonate.

Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung ist bei der Berechnung des anteiligen Urlaubsanspruchs die zur Berechnung von Teilurlaubsansprüchen normierte tarifliche Zwölftelungsregelung nach § 26 Abs. 2 Buchst. b TVöD anzuwenden. Erfolgt die Änderung der Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage nicht zum Monatsersten ist zugunsten der Beschäftigten jeweils der Monat, in dessen Verlauf die Änderung erfolgt, bei demjenigen Bezugszeitraum mit der höheren Anzahl an Wochenarbeitstagen als voller Kalendermonat zu berücksichtigen. Zur Vermeidung von Verwerfungen sind beide Teilansprüche spitz zu berechnen. Bei den Bruchteilen, die sich aufgrund der "fiktiven" abschnittsbezogen Berechnung ergeben, handelt es sich wegen des ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses weiterhin um (Voll-) Urlaubsansprüche; daher findet die Rundungsregelung nach § 26 Abs. 1 Satz 4 TVöD insoweit keine Anwendung.

Praxis-Beispiel

Beispiel 1:

Ein an fünf Arbeitstagen Teilzeitbeschäftigter ändert ab 14. September 2015 die Verteilung seiner wöchentlichen Arbeitszeit auf drei Arbeitstage; die individuell vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit wird unverändert beibehalten. Der Urlaubsanspruch berech...

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