[1] Diese Personen benötigen zur Einreise und zum Aufenthalt im Bundesgebiet einen Aufenthaltstitel i.S.d. AufenthG. Die Einbeziehung in die Auffang-Versicherungspflicht in der GKV ist für solche Ausländer nach § 5 Abs. 11 Satz 1 SGB V nur vorgesehen, wenn sie kumulativ zwei Voraussetzungen erfüllen. Zum einen muss bereits ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland begründet worden sein. Diese Voraussetzung gilt im Sinne einer Regelung nach § 37 SGB I formell erst beim Vorliegen einer Niederlassungserlaubnis oder einer Aufenthaltserlaubnis von mehr als zwölf Monaten als erfüllt (vgl. BT-Drucks. 16/3100, S. 95). Sofern eine auf nicht mehr als zwölf Monate erteilte Aufenthaltserlaubnis verlängert wird, kommt die Auffang-Versicherungspflicht nur dann in Betracht, wenn deren Verlängerung für sich betrachtet eine Befristung auf mehr als zwölf Monate ausweist; eine summarische Betrachtung der Aufenthaltserlaubnis und deren Verlängerung scheidet aus. Zum anderen darf die Erteilung des Aufenthaltstitels nicht an die Verpflichtung zur Sicherstellung des Lebensunterhalts als Bedingung gekoppelt sein. Nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 3 AufenthG ist der Lebensunterhalt eines Ausländers gesichert, wenn er ihn einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann.

[2] Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Begründung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V für Ausländer, die vom Geltungsbereich des AufenthG erfasst werden, von der jeweils maßgeblichen Rechtsgrundlage zur Erteilung des Aufenthaltstitels nach dem Aufenthaltsgesetz abhängt. Diese Rechtsvorschriften lassen sich in drei Gruppen aufteilen:

  1. Rechtsgrundlagen, die eine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG immer als Bedingung zur Erteilung des Aufenthaltstitels vorsehen (= Regelfall);
  2. Rechtsgrundlagen, die eine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in keinem Fall als Bedingung zur Erteilung des Aufenthaltstitels vorsehen (= gesetzlich definierte Fälle der Aufenthaltsgewährung aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen);
  3. Rechtsgrundlagen, die eine variable Handhabung dieses Merkmals vorsehen (= Ermessen bei der Aufenthaltsgewährung aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen).

[3] Bei den Fallgruppen nach Nummer 1 ist die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausgeschlossen. Bei den Fallgruppen nach Nummer 2 kommt die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V beim Vorliegen einer Niederlassungserlaubnis oder einer Aufenthaltserlaubnis von mehr als zwölf Monaten (und beim Fehlen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall) grundsätzlich in Frage. Dies gilt auch für die Fallgruppen nach Nummer 3, wenn die Erteilung des Aufenthaltstitels in dem zu prüfenden Sachverhalt nicht von der Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts abhängig ist.

[4] Für die versicherungsrechtliche Beurteilung nach § 5 Abs. 11 Satz 1 SGB V, ob bei der Erteilung des Aufenthaltstitels eine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes) besteht oder nicht, kommt es allein auf die Rechtslage nach dem AufenthG (und den ggf. hierzu bestehenden Erlassregelungen der obersten Landesbehörden) an. Wird von dem Erfordernis einer Lebensunterhaltssicherung rechtlich nicht abgesehen, spielt es keine Rolle, ob die Sicherung des Lebensunterhalts in jedem konkreten Sachverhalt nachzuweisen ist oder im Rahmen einer (politischen) Einschätzung bei Bestehen einer bestimmten familiären Situation ohne Beibringung weiterer Nachweise als typisch (positiv) unterstellt wird. Die Ausländer mit einem derartigen Aufenthaltstitel unterfallen nicht dem persönlichen Anwendungsbereich der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 3.7.2013, B 12 KR 2/11 R, USK 2013-65).

Beispielhafte Zuordnung zu den vorgenannten Fallgruppen:

Fallgruppe 1 = Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhals besteht immer Fallgruppe 2 = Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhals besteht nie
§ 16 AufenthG
(Aufenthaltserlaubnis für Studium, Besuch eines studienvorbereitenden Sprachkurses oder Besuch eines Studienkollegs, zur Arbeitsplatzsuche nach dem Studium)
§ 24 AufenthG
(Aufenthaltserlaubnis zum vorübergehenden Schutz)
§ 17 AufenthG
(Aufenthaltserlaubnis für sonstige Ausbildungszwecke)
§ 25 Abs. 1 AufenthG
(Aufenthaltserlaubnis für anerkannte Asylberechtigte)
§ 18 AufenthG
(Aufenthaltserlaubnis für Beschäftigung)
§ 25 Abs. 2 AufenthG
(Aufenthaltserlaubnis für anerkannte Flüchtlinge oder Personen mit subsidiären Schutz)
[korr.] § 18c Abs. 3 AufenthG
(Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte)
§ 25 Abs. 3 AufenthG
(Aufenthaltserlaubnis bei Abschiebungsverbot)
§ 21 AufenthG
(Aufenthaltserlaubnis und Niederlassungserlaubnis für selbstständige Tätigkeit)
§ 25 Abs. 4a und 4b Aufenth...

Dieser Inhalt ist unter anderem im TVöD Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge