Durch Änderung des § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG wird für die Erlaubnispflichtigkeit einer Arbeitnehmerüberlassung nicht mehr wie bislang auf die "Gewerbsmäßigkeit" der Arbeitnehmerüberlassung abgestellt, sondern darauf, ob die Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen der "wirtschaftlichen Tätigkeit" des Arbeitgebers erfolgt. Das Gesetz folgt mit dieser Änderung der Vorgabe der EU-Leiharbeitsrichtlinie, deren Anwendungsbereich sich auf öffentliche und private Unternehmen erstreckt, bei denen es sich um Leiharbeitsunternehmen oder entleihende Unternehmen handelt, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, unabhängig davon, ob sie Erwerbszwecke verfolgen oder nicht (Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/104/EG).
Weder das AÜG noch die Richtlinie 2008/104/EG enthalten eine Definition des Begriffs "wirtschaftliche Tätigkeit".
Das Gemeinschaftsrecht in der EU bildet die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Tätigkeit der Unternehmen, so dass für die Auslegung der Leiharbeitsrichtlinie auf andere durch die EU geregelte Rechtsbereiche abgestellt werden kann. Im Rahmen des europäischen Wettbewerbsrechts umfasst der Begriff des Unternehmens eine wirtschaftliche Tätigkeiten ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung. Eine wirtschaftliche Tätigkeit ist dabei jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten (ständige Rechtsprechung, vgl. nur EuGH, Urteil vom 10. Januar 2006 – Rs. C-222/04 – m. w. N.). Tätigkeiten, die in Ausübung hoheitlicher Befugnisse erfolgen, haben keinen wirtschaftlichen Charakter (EuGH, Urteil vom 26. März 2009 – Rs. C-113/07 P – m. w. N.).
Dies spricht dafür, dass auch im Anwendungsbereich der EU-Leiharbeitsrichtlinie und damit auch für das AÜG der Begriff der "wirtschaftlichen Tätigkeit" in § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG n. F. weit auszulegen ist. Auf eine Gewinnerzielungsabsicht - so wie beim Begriff der "Gewerbsmäßigkeit" - wird nicht mehr abgestellt werden können. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass künftig jedenfalls jegliche Arbeitnehmerüberlassung durch einen privaten Arbeitgeber, auch soweit die tatsächlichen Personalkosten des Arbeitnehmers nicht oder nicht in voller Höhe vom Entleiher erstattet bzw. getragen werden, erlaubnispflichtig ist, soweit nicht einer der Ausnahmetatbestände des § 1 Abs. 3 AÜG eingreift. Auch die Arbeitnehmerüberlassung durch gemeinnützige Organisationen fällt damit unter die Erlaubnispflichtigkeit (vgl. insoweit auch die Gegenäußerung der Bundesregierung zu einer Stellungnahme des Bundesrates in BT- Drucksache 17/4804, S.14).
Auch eine Arbeitnehmerüberlassung durch eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts, z. B. im Rahmen einer Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD, fällt grundsätzlich in den Anwendungsbereich des AÜG und ist daher erlaubnispflichtig, wenn diese im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG erfolgt. Eine Erlaubnispflicht mangels wirtschaftlicher Tätigkeit zu verneinen ist demgegenüber bei einem von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts einem anderen Arbeitgeber überlassenen Arbeitnehmer, wenn der Arbeitnehmer beim Entleiher hoheitliche Tätigkeiten wahrnimmt.
Ebenfalls zu verneinen ist eine Erlaubnispflichtigkeit, wenn die Arbeitnehmerüberlassung spezialgesetzlich geregelt ist, wie z. B. die gesetzliche Zuweisung von Beschäftigten nach § 44g Abs. 1 SGB II in die gemeinsamen Einrichtungen, ungeachtet der Tatsache, dass es sich in den gemeinsamen Einrichtungen um hoheitliche Tätigkeiten handelt. Soweit auf private Dritte Aufgaben aus dem Bereich des schlicht-hoheitlichen Verwaltungshandelns übertragen sind und ein entliehener Arbeitnehmer mit solchen Aufgaben beschäftigt werden soll, dürfte danach zu unterscheiden sein, ob Aufgaben, die zum öffentlich-rechtlichen Organisationszweck des Entleihers gehören, ausgelagert sind oder ob es sich um unterstützende Hilfstätigkeiten handelt.
Demgegenüber dürfte die Wahrnehmung von Aufgaben der Daseinsvorsorge durch einen Leiharbeitnehmer - gleich ob bei einem in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft oder bei einem privatrechtlich organisierten Arbeitgeber - das Merkmal der "wirtschaftlichen Tätigkeit" regelmäßig erfüllen.
Unerheblich für die Frage der Erlaubnispflichtigkeit ist, dass in § 4 TVöD bestimmte Formen der Arbeitnehmerüberlassung als Abordnung, Zuweisung bzw. Personalgestellung geregelt sind. Die tarifvertraglichen Regelungen betreffen die Voraussetzungen eines Arbeitseinsatzes bei Dritten, insbesondere die Ausgestaltung des Direktionsrechts des Arbeitgebers und die Rechte der Beschäftigten in diesem Zusammenhang. Hiervon unberührt bleibt, dass Personalgestellungen, Abordnungen oder Zuweisungen zu einem anderen Arbeitgeber nach dem AÜG erlaubnispflichtig sind, wenn sie in den Geltungsbereich des Gesetzes fallen, es sich also um wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG handelt und keine Ausnahme von der Erlaub...