Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Erörterungsgebühr vor Antragstellung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Beschluss, mit dem die oder der Vorsitzende Prozesskostenhilfe bewilligt, ist, auch wenn das rückwirkend ab einem bestimmten Datum geschieht, regelmäßig dahingehend auszulegen, dass er nicht auf einen Zeitpunkt vor Stellung des Bewilligungsantrags zurückwirkt.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 567 Abs. 1, § 569; BRAGO § 128 Abs. 4-5, § 31 Abs. 1 Nr. 4, §§ 121, 122 Abs. 1, § 123

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 18.01.2001; Aktenzeichen 14 Ca 2783/00)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts in Frankfurt/M. vom 18. Januar 2001 – 14 Ca 2783/00 – wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Klägerin hat durch ihren Prozessbevollmächtigten in der Güteverhandlung am 5. Juni 2000 vor dem Arbeitsgericht Frankfurt/M. nach Erörterung der Sach- und Rechtslage die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Danach ist der Rechtsstreit durch eine Vergleich beendet worden (Bl. 17 und 17 R d. A.). Die Vorsitzende des Arbeitsgerichts hat der Klägerin mit Beschluss vom 7. Juni 2000 mit Wirkung vom 5. Juni 2000 Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung unter Beiordnung des Antragstellers „mit Wirkung vom 5. Juni 2000” gewährt (Bl. 18 d. A.). Der Antragsteller hat die Festsetzung seiner Gebühren aus der Staatskasse nach dem von dem Arbeitsgericht festgesetzten Gegenstandswert von 3.978,00 DM u. a. unter Ansatz einer Erörterungsgebühr in Höhe von 265,00 DM nebst anteiliger Umsatzsteuer, zusammen 307,40 DM, beantragt (Bl. B-5 und B-6 d. A.). Die Rechtspflegerin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die Gebühren des Antragstellers unter Absetzung dieser Gebühr festgesetzt (Bl. B-4 d. A.). Nach Schriftverkehr, von Seiten des Antragstellers mit Schreiben vom 7. Dezember 2000 (Bl. B-17 d. A.), hat die Rechtspflegerin das Schreiben des Antragstellers vom 10. Januar 2001 als Erinnerung angesehen, dieser aber nicht abgeholfen (Bl. B-8 d. A.). Die Vorsitzende hat die Erinnerung zurückgewiesen (Bl. B-10 d. A.).

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller am 6. Februar 2001

Beschwerde

eingelegt (Bl. B-14 und B-15 d. A.).

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. B-13 R d. A.) und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Zu dem Inhalt der genannten Entscheidungen und Schriftstücke im Übrigen und im einzelnen wird auf die angegebenen Blätter der Akte Bezug genommen.

II. 1. Die gem. §§ 128 Abs. 4 BRAGO, 567 Abs. 1 ZPO, 78 Abs. 1 ArbGG statthafte sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts in Frankfurt/M. vom 18. Januar 2001 – 14 Ca 2783/00 – ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere formgerecht eingelegt worden, § 569 ZPO. Es schadet auch nicht, dass der Antragsteller keinen ausdrücklichen Antrag gestellt hat, denn sein Begehren, dass die Gebührenfestsetzung des Arbeitsgerichts abgeändert und auch die Erörterungsgebühr nebst Umsatzsteuer in Höhe von 307,40 DM festgesetzt werden soll, wird auch so hinreichend deutlich.

2. Die Beschwerde kann aber keinen Erfolg haben, weil sie unbegründet ist. Der Bewilligungsbeschluss wirkt trotz seines Wortlauts nicht auf den Beginn der Güteverhandlung vom 5. Juni 2000 zurück, so dass für die Erörterung keine Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist und der Antragsteller keinen Anspruch auf Vergütung einer Erörterungsgebühr gem. §§ 31 Abs. 1 Nr. 4, 123, 121 BRAGO aus der Landeskasse hat. Die Klägerin und der Antragsteller konnten den Bewilligungsbeschluss gem. § 133 BGB in Verbindung mit § 114 ZPO nicht dahingehend verstehen, dass das Gericht der Klägerin Prozesskostenhilfe in einem rechtswidrigen Umfang bereits für einen Zeitraum vor Antragstellung bewilligen wollte.

Richtig ist zwar, dass sich die Höhe der Gebühren des im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Anwalts nach dem Bewilligungsbeschluss richtet, § 122 Abs. 1 BRAGO, und Prozesskostenhilfe der Klägerin rückwirkend ab dem 5. Juni 2000 gewährt worden ist. Unzutreffend ist aber der Schluss des Antragstellers, dass damit alle Vorgänge, die sich am 5. Juni 2000 ereignet und eine Gebühr ausgelöst haben, von dem Beschluss erfasst würden. Auch ein Beschluss, mit dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, ist der Auslegung gem. § 133 BGB fähig und bedürftig, indem der wirkliche Wille des Gerichts zu erforschen und nicht am wörtliche Sinne des Ausdrucks zu hallen ist. Der Beschluss ist auch nicht fehlerhaft. Er ist vielmehr so auszulegen, wie es die Rechtspflegerin und die Vorsitzende des Arbeitsgerichts getan haben.

Der Antragsteller übersieht nämlich, dass die Gewährung von Prozesskostenhilfe gem. § 114 ZPO einen Antrag der Partei voraussetzt und für eine beabsichtigte Rechtserfolgung gewährt wird. Nun steht es zwar im pflichtgemäßen Ermessen der oder des Vorsitzenden des Gerichts, Prozesskostenhilfe auch rückwirkend zu bewilligen. Das mag ang...

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