Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstellung der Zwangsvollstreckung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Beschlüsse des Arbeitsgerichts über einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem mit einem Einspruch angegriffenen Versäumnisurteil sind auch nach Inkrafttreten des ZPO-RG grundsätzlich unanfechtbar.

2. Ein Fall ausnahmsweiser Anfechtbarkeit wegen grober Gesetzeswidrigkeit liegt nicht vor, wenn das Arbeitsgericht die Glaubhaftmachung eines nicht zu ersetzenden Nachteils verneint hat, obgleich die Beklagtenseite glaubhaft gemacht hat, dass sie zu dem Termin, in dem das Versäumnisurteil ergangen ist, nicht (ordnungsgemäß) geladen worden ist.

 

Normenkette

ArbGG § 62; ZPO §§ 719, 707

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 07.02.2002; Aktenzeichen 14 Ca 7041/01)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 22. Januar 2002 –14 Ca 7041/01 – wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.

Gerichtskosten sind nicht zu erheben.

 

Tatbestand

Die Beklagten wenden sich mit ihrer am 6. Februar 2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen einen ihnen am 23. Januar 2002 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts, durch den ihr auf fehlende Zustellung der Klageschrift und Terminsladung gestützter Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem arbeitsgerichtlichen Versäumnisurteil zurückgewiesen worden ist. Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde der Beklagten ist unzulässig. Denn gem. § 62 Abs. 2 ArbGG iVm §§ 719 Abs. 1, 707 S. 2 ZPO ist der Beschluss des Arbeitsgerichtes unanfechtbar. § 62 Abs. 2 ArbGG verweist auf die Vorschriften des 8. Buches der Zivilprozessordnung. Nach § 719 Abs. 1 S. 1 ZPO gilt § 707 ZPO für die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil, gegen das Einspruch eingelegt ist, entsprechend. Nach § 707 Abs. 2 S. 2 ZPO findet eine Anfechtung des Beschlusses über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht statt. Diese gesetzliche Regelung ist eindeutig: es gibt kein Rechtsmittel gegen Beschlüsse des Arbeitsgericht, die einen Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem mit einem Einspruch angegriffenen Versäumnisurteil stattgeben oder diesen Antrag zurückweisen(vgl. statt vieler: LAG Thüringen 29.12.1997 NZA 1998, 1358 (1359)). Das zum 1. Januar 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (ZPO-RG vom 27.07.2001 BGBl. I S. 1887) hat daran nichts geändert, weil die vorgenannten Bestimmungen unverändert geblieben sind. Dass der angefochtene Beschluss eine Rechtsmittelbelehrung enthält, wonach die sofortige Beschwerde gegeben ist, schafft keine Zulässigkeit eines derartigen Rechtsmittels. Denn eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung führt nicht zur Statthaftigkeit eines Rechtsmittels, das nach dem Gesetz nicht gegeben ist(vgl. BAG 10.12.1986 AP Nr. 3 zu § 566 ZPO).

Es liegt hier auch kein Fall ausnahmsweiser Zulässigkeit der Anfechtbarkeit vor. Insoweit kann es dahinstehen, ob Beschlüsse wie der vorliegende nur bei greifbarer Gesetzeswidrigkeit oder bereits dann anfechtbar sind, wenn der Vorderrichter das ihm eingeräumte Ermessen verkannt hat(vgl. zum Streitstand: LAG Thüringen 29.12.1997 aaO.; OLG Karlsruhe 20.04.1993 MDR 1993, 798). Denn weder nach der einen, noch nach der anderen Auffassung kann hier eine Anfechtbarkeit bejaht werden.

Von greifbarer Gesetzeswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses kann keine Rede sein. Greifbar gesetzeswidrig ist eine Entscheidung nur dann, wenn die Entscheidung mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, weil sie jeder rechtlichen Grundlage entbehrt und dem Gesetz inhaltlich fremd ist(vgl. BAG 21.04.1998 NZA 1998, 1357; BGH 14.12.1989 NJW 1990, 1794 (1795)). Das ist hier nicht der Fall. Selbst wenn man unterstellt, dass die Beklagten glaubhaft gemacht haben, dass sie zum Termin, in dem das Versäumnisurteil ergangen ist, nicht geladen worden sind, ist die Versagung der Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht greifbar gesetzeswidrig. Dass in der Rechtsprechung teilweise die Ansicht vertreten wird, eine Einstellung der Zwangsvollstreckung sei dann geboten, wenn die Entscheidung, die die Zwangsvollstreckung ermöglicht, aus formalen Gründen nicht hätte ergehen dürfen(vgl. zB HessLAG 23.01.2002 – 10 Ta 517/01; LAG Frankfurt am Main 22.12.1992 – 2 Ta 430/92; LAG Düsseldorf EzA § 62 ArbGG 1979 Nr. 6) ändert daran nichts. Denn die Gegenansicht, der das Arbeitsgericht, wie aus dem Nichtabhilfebeschluss erkennbar, beigetreten ist, findet gleichfalls Befürworter(vgl. LAG Thüringen 29.12.1997 aaO.). Dann kann nicht davon gesprochen werden, die angefochtene Entscheidung beruhe auf einer Gesetzesauslegung, die offensichtlich dem Wortlaut und Zweck des Gesetzes widerspreche und die eine Gesetzesanwendung zur Folge habe, die durch das Gesetz gerade ausgeschlossen werden s...

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