Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Arbeitnehmerstatus einer Lehrkraft in einer Volkshochschule außerhalb schulischer Kurse. konkret Sprachlehrgänge „Deutschunterricht”
Leitsatz (redaktionell)
Entscheidend für die Arbeitnehmereigenschaft einer Lehrkraft außerhalb allgemeinbildender Schulen ist, wie intensiv die Lehrkraft in den Unterrichtsbetrieb eingebunden ist und in welchem Umfang sie den Unterrichtsinhalt, die Art und Weise seiner Erteilung, ihre Arbeitszeit und die sonstigen Umstände der Dienstleistung mitgestalten kann.
Normenkette
HGB § 84; BGB § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 05.02.2002; Aktenzeichen 8/9 Ca 411/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Berufung im übrigen dasUrteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 05. Februar 2002 – 8/9 Ca 411/01 – teilweise abgeändert.
- Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien seit dem 01. Juli 1999 ein Arbeitsverhältnis unbefristet über den 27. Januar 2002 hinaus besteht.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 01. Juli 1999 bis 31. Mai 2002 Vergütung in Höhe von EUR 35.297,35 (i. W. fünfunddreißigtausendzweihundertsiebenundneunzig 35/100 Euro) zuzüglich Zinsen
in Höhe von 4 % aus EUR 9.441,00 (neuntausendvierhunderteinundvierzig Euro) seit 01 Januar 2000 und aus EUR 9.370,54 (i. W. neuntausenddreihundertsiebzig 54/100 Euro) seit 01. Januar 2001 und
in Höhe von 5 % über Basiszinssatz aus EUR 12.327,24 (zwölftausenddreihundert-siebenundzwanzig 24/100 Euro) seit 01. Januar 2002 und aus EUR 4.158,55 (i.W. viertausendeinhundertachtundfünfzig 55/100 Euro) seit 01. Juni 2002 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen seit dem 01. Juli 1999 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.
Der Beklagte betreibt in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins eine Volkshochschule. Die Klägerin ist seit 1992 für den Beklagten als Lehrkraft und pädagogische Mitarbeiterin im Umfang einer Vollzeittätigkeit beschäftigt. Mit dem größten zeitlichen Anteil im Rahmen dieser Vollzeitbeschäftigung ist die Klägerin im Deutschunterricht in jeweils 6-monatigen Sprachlehrgängen für Aussiedler, Asylberechtigte und Kontingentflüchtlinge tätig; Kostenträger und Auftraggeber dieses Deutschunterrichts ist seitens des Beklagten die Arbeitsverwaltung. Der Unterrichtsbereich umfasst einen vom Arbeitsamt vorgegebenen zeitlichen Gesamtumfang von wöchentlich 35 Unterrichtsstunden, welcher neben der Klägerin auf zwei weitere Lehrkräfte aufgeteilt ist. Grundlage dieser Unterrichtstätigkeit der Klägerin war und ist ein „Honorarvertrag” vom 06. November 1995, der ursprünglich nur für einen Lehrgang vom 06. November 1995 bis zum 03. Mai 1996 abgeschlossen war und die Dauer, die Unterrichtstage und -zeiten für die Klägerin sowie deren Verpflichtung zur Vertretung anderer Lehrkräfte und das Stundenhonorar regelt. In diesem Vertrag (Bl. 103 d.A.) heißt es wörtlich:
Vormittagsunterricht:
Montag, Dienstag, Mittwoch. Donnerstag. Freitag
Nachmittagsunterricht:
Montag, Dienstag, Donnerstag
Die Unterrichtszeiten sind durch die jeweils geltende Stundentafel festgelegt.
Sonstige Vereinbarung: Die Honorarkraft Verpflicht sich, im Rahmen des Zumutbaren andere Lehrkräfte im Krankheits- oder Urlaubsfall zu vertreten.
Die Stundentafel wurde 1995 aufgrund entsprechender Vorgaben des Arbeitsamts geändert. Hiernach liegen die Unterrichtszeiten der Klägerin seit diesem Zeitpunkt unverändert mittwochs von 8.00 Uhr bis 14.00 Uhr, donnerstags von 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr und freitags von 8.00 Uhr bis 12.45 Uhr. Im Krankheits- bzw. Urlaubsfall leistet die Klägerin Vertretung nach Absprache. Dem Unterricht in den vom Arbeitsamt finanzierten Maßnahmen liegt ein Rahmenplan zugrunde, der den zu vermittelnden Unterrichtsinhalt festlegt. Ferner unterrichtet die Klägerin Grammatik in freifinanzierten Kursen „Deutsch als Fremdsprache” (DaF) zweimal wöchentlich. Grundlage dieses Unterrichts sind jeweils vor Kursbeginn geschlossene Verträge, in denen die Laufzeit der Kurse, die Anzahl der Unterrichtsstunden, Kursort, Unterrichtszeiten, Stunden- und Gesamthonorar sowie Mindest- und Höchstteilnehmerzahl festgelegt sind. Die zeitliche Festlegung der Unterrichtszeiten in diesem Bereich erfolgt unter Berücksichtigung der von der Klägerin und anderen Kursleitern geäußerten Wünsche und Vorstellungen durch den Fachbereichsleiter. Den vorgenannten Verträgen liegen „Vertragsbedingungen für Honorarkräfte” (Bl. 115 d.A.) zugrunde, in denen unter § 6 ausdrücklich vereinbart ist, dass die Parteien ein Arbeitsverhältnis nicht vereinbaren wollen.
Den Teilnehmern der DaF-Kurse wird die Möglichkeit eröffnet, an abschließenden Prüfungen teilzunehmen und entsprechende Zertifikate („Zertifikat Deutsch als Fremdsprache” und „Zentrale Mittelstufenprüfung des Goethe-Instituts”) zu erwerben. Die Prüfung erfolgt seit Anfang 2000 nach einem neuen, von dem Beklagten vorgegebenen Prüfungsformat. M...