Entscheidungsstichwort (Thema)
Betrieblicher Verbesserungsvorschlag. Auskunftsanspruch. Gesamtbetriebsvereinbarung. Ablösende Betriebsvereinbarung. Vertrauensschutz. Leitender Angestellter. Prämienanspruch aufgrund Gesamtbetriebsvereinbarung bei betrieblichem Verbesserungsvorschlag
Leitsatz (amtlich)
Erfolgreiche Berufung gegen Abweisung einer Auskunftsklage, da der nachträgliche Ausschluss eines Mitarbeiters, der einen betrieblichen Verbesserungsvorschlag eingereicht hat, welcher sich in der Bearbeitung durch den Arbeitgeber befand (und der in der Folge auch verwertet wurde) aus dem Kreis der Prämienberechtigten durch eine ablösende Betriebsvereinbarung wegen Verletzung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes des Vertrauensschutzes in Verbindung mit § 75 BetrVG unwirksam war (unechte Rückwirkung einer Betriebsverfassungsnorm)
Normenkette
BetrVG §§ 75, 5 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 29. Mai 2000 – 1 Ca 5783/99 – abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Höhe des jährlichen, wirtschaftlichen, errechenbaren Nutzens des Verbesserungsvorschlages Nr. 6150970040 zu erteilen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger wegen eines von ihm eingereichten Verbesserungsvorschlags prämienberechtigt ist.
Der Kläger war als beurlaubter Beamter des Bundeseisenbahnvermögens ab 1. Mai 1997 als Ingenieur bei der Beklagten angestellt, zuletzt – übertariflich vergütet – auf der Grundlage des Anstellungsvertrages vom 20. Mai 1997 als Vertreter des Leiters beim P. L. – und S. (N.) im Geschäftsbereich Netz, Betrieb Netzdienste Mitte in Frankfurt am Main. Der Kläger hatte Handlungsvollmacht. Der Arbeitsvertrag lautet in § 2:
„Herr S. trifft seine Entscheidungen in dem ihm übertragenen Bereich im wesentlichen weisungsfrei; damit gehört Herr S zum Kreis der Leitenden Angestellten im Sinne der betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften.”
Der Kläger stand auf der Wählerliste zur Wahl des Sprecherausschusses. Mit Schreiben vom 24. Mai 1998 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis zum 30. Nov. 1998 (Bl. 122 d. A.) und wurde auf seinen Antrag ab 1. Jan. 1999 in den Ruhestand versetzt.
Am 17. Oktober 1997 hatte der Kläger einen Verbesserungsvorschlag eingereicht, der im Rahmen des Programms PZB 90 die Verlegung des Kabels im Schienenfuß vorsieht und dadurch die Kabelverlegung im Erdreich entbehrlich macht. Zur Zeit der Einreichung des Verbesserungsvorschlags galt die „Richtlinie Betriebliches Vorschlagswesen (BV\N) der D. A. vom 1. August 1984 (GBV 1994), die am 12. Oktober 1994 zwischen Gesamtbetriebsrat und der D. A. als Gesamtbetriebsvereinbarung vereinbart wurde (Bl. 12–26 d.A.). Die Beklagte nahm mit Schreiben vom 4. Mai 1999 den Verbesserungsvorschlag an, den sie unter der Nr. 6150970040 führt. Seit dem 1. Januar 1998 gilt die „Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen dem Vorstand und dem Gesamtbetriebsrat der D. B. A. über das Verbesserungsmanagement” (GBV 1998, Bl. 27 – 38 d.A.). In ihrem Annahmeschreiben vom 4. Mai 1999 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie wolle ihm ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine Prämie von DM 20.000 zahlen, weil er nicht zum prämienberechtigten Personenkreis im Sinne der Betriebsvereinbarung vom 1. Januar 1998 gehöre. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 6. Juli 1998 (Bl. 8–10 d.A.) widersprach der Kläger und forderte die Bezahlung der Höchstprämie von der Beklagten.
Der Kläger ist der Meinung gewesen, seine Prämienberechtigung ergebe sich aus der GBV 1994, die eine Einschränkung des persönlichen Geltungsbereichs nicht vorsehe. Die Bestimmungen der GBV 1994 seien maßgebend, weil er seinen Verbesserungsvorschlag zur Zeit ihrer Geltung eingereicht habe. Die Höchstprämie von DM 200.000 stehe ihm wegen des ganz erheblichen wirtschaftlichen Nutzens zu, den sein Verbesserungsvorschlag der Beklagten bringe. Als er seinen Verbesserungsvorschlag präsentiert habe, habe das für Sicherungstechnik zuständige Vorstandsmitglied der DA gemeint, er sehe überhaupt keine Probleme, warum er nicht die Höchstprämie von DM 200.000 erhalten sollte. Letztlich ergebe sich seine Prämienberechtigung aber auch aus der seit dem 1. Januar 1998 geltenden GBV. Er habe zwar zu den „übertariflichen Kräften” im Sinne dieser Vereinbarung gehört, jedoch ohne dass die in § 1 Ziff. 1.1 formulierte Einschränkung auf ihn zugetroffen habe. Der Kläger hat behauptet, zur Zeit werde im gesamten N der DA auf der Basis seines Verbesserungsvorschlages gebaut.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft über die Höhe des jährlichen wirtschaftlichen, errechenbaren Nutzens des Verbesserungsvorschlages Nr. 6150970040 zu erteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Meinung gewesen, der Kläger falle als „übertarifliche K...