Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Weiterbewilligung von Krankengeld
Orientierungssatz
1. Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für den Anspruch auf Krankengeld ist ein Rechtsbegriff, dessen Voraussetzungen anhand ärztlicher Befunde festzustellen sind. Maßgeblich ist regelmäßig die letzte versicherte Erwerbstätigkeit vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit.
2. Krankenkasse und Gericht sind an den Inhalt einer ärztlichen Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit nicht gebunden. Ihr kommt lediglich die Bedeutung einer ärztlich-gutachtlichen Stellungnahme zu. Sie ist ein Beweismittel wie jedes andere, so dass der durch sie bescheinigte Inhalt durch andere Beweismittel widerlegt werden kann.
3. Die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ist eine grundlegende Voraussetzung für das Entstehen des Krankengeldanspruchs. Sie muss nahtlos vom behandelnden Arzt festgestellt und innerhalb einer Woche der Krankenkasse übersandt werden. Die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen ärztlichen Feststellung oder Meldung sind vom Versicherten zu tragen.
4. Hat der Versicherte alles ihm Zumutbare getan, um seine Ansprüche zu wahren, wurde er aber daran durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung gehindert, und macht er seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend, so kann er sich ausnahmsweise auf den Mangel auch noch zu einem späteren Zeitpunkt berufen.
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Marburg vom 27. November 2007 und des Bescheides vom 6. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 13. Juni 2005 sowie des Teilanerkenntnisses vom 27. November 2007 verurteilt, der Klägerin auch für die Zeit vom 16. Oktober 2003 bis zum 28. November 2003 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Instanzen zu 2/3 zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch um die Gewährung von Krankengeld für den Zeitraum 16.10.2003 bis 06.01.2004, nachdem die Beklagte mit dem im Gerichtstermin vor dem Sozialgericht abgegebenen Teilanerkenntnis Krankengeld für den Zeitraum 15.09.2003 bis 15.10.2003 zuerkannt hat.
Die 1957 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie war seit dem 27.05.2000 als kaufmännische Angestellte bei der C-GmbH beschäftigt. Vom 26.09.2002 an war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt und erhielt zunächst von ihrer Arbeitgeberin Entgeltfortzahlung bis zum 06.11.2002. In der Folgezeit legte die Klägerin der Beklagten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ihres Hausarztes Dr. OR. vor, worauf ihr die Beklagte ab dem 7. November 2002 Krankengeld gewährte. Im Mai 2003 holte die Beklagte ein sozialmedizinisches Gutachten beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Hessen (MDK) nach ärztlicher Untersuchung der Klägerin ein. In dem Gutachten vom 14.05.2003 wird ausgeführt, bei der Klägerin bestehe als Hauptdiagnose eine geminderte Leistungsfähigkeit bei mittelgradiger depressiver Episode. Ferner bestehe bei ihr eine chronische glomeruläre Nierenerkrankung mit hierdurch bedingtem Hochdruck. Die Versicherte sei für ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als kaufmännische Angestellte eines Baubetriebes weiterhin arbeitsunfähig. Neben der hausärztlichen und internistischen Betreuung sei dringend eine fachärztliche Begleitung durch einen Neurologen und Psychiater erforderlich, um eine Besserung des Krankheitsbildes zu erreichen. Unter Umständen sei auch die Einleitung einer Psychotherapie notwendig. Die Beklagte gewährte weiter Krankengeld und wies die Klägerin mit Schreiben vom 06.06.2003 auf die vom MDK empfohlene neurologische und psychotherapeutische Betreuung hin.
Das Arbeitsverhältnis der Klägerin wurde seitens ihrer insolvent gewordenen Arbeitgeberin aus betriebsbedingten Gründen zum 31.07.2003 gekündigt. Auf Anfrage teilte der behandelnde Hausarzt Dr. OR. unter dem 14.08.2003 der Beklagten mit, eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit sei voraussichtlich ab Ende August absehbar. Bei der Klägerin bestehe eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mit mittelgradiger Episode. Es erfolge eine fachärztliche Behandlung durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. PT. In dem beigefügten Arztbrief des Dr. PT. vom 11.06.2003 wird die von dem Hausarzt mitgeteilte Diagnose gestellt und zum psychopathologischen Befund ausgeführt, die Klägerin wirke affektiv niedergestimmt, die Schwingungsfähigkeit sei eingeschränkt. Es werde eine Antriebsstörung beschrieben mit Lustlosigkeit. Es erfolge ein Behandlungsversuch mit Citalopram. Weiterhin möge die Klägerin die vom Hausarzt verordnete Tablette Insidon am Abend einnehmen. Nach Einholung einer Beurteilung des MDK teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 21.08.2003 mi...