Vorab zu Erinnerung:
In allen Mitbestimmungsfällen des § 74 Abs. 2 LPVG BW gilt: "Die Mitbestimmung des Personalrats ist nur eröffnet, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht". Das ist dann der Fall, wenn eine zwingende Regelung besteht (keine Ermessensnorm), die den Sachverhalt vollständig, umfassend, erschöpfend und unmittelbar regelt, sodass zum Vollzug der Maßnahme kein Ausführungsakt mehr nötig ist. Nach Abs. 2 Nr. 1 hat der Personalrat mitzubestimmen bei der "Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten". Klassischerweise werden derartige Sachverhalte durch eine Dienstvereinbarung geregelt, vgl. § 85 Abs. 1 LPVG BW, der bestimmt, dass "Dienstvereinbarungen (...) in allen Angelegenheiten der Mitbestimmung nach § 74 Absatz 1 Nummer 2, 5 und 6, Absatz 2 und 3 (...) zulässig" sind – soweit keine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht. Zur "Regelung der Ordnung" bzw. des "Verhaltens der Beschäftigten" gehören Regelungen, die für alle (oder doch zumindest für bestimmte Gruppen von Beschäftigten) gelten sollen, und die das Miteinander der Beschäftigten sowie den Gebrauch von Gegenständen regeln, die ihnen von der Dienststelle zur Verfügung gestellt werden.
Mitbestimmungspflichtig nach Abs. 2 Nr. 1 sind danach etwa:
- generelles Alkoholverbot (auch: generelles Rauchverbot) in der Dienststelle
- generelles Verbot, in der Dienststelle Radio zu hören
- Gebot, bestimmte Dienstkleidung zu tragen
- Einführung von Namensschildern
- Taschenkontrollen nach dem Zufallsprinzip (Losverfahren)
- Regelungen zur privaten Nutzung des Internets und über die Nutzung von Diensthandys zu privaten Zwecken
- Durchführung von Mitarbeitergesprächen, bei denen Zielvereinbarungen getroffen werden sollen; auch Regelungen zu Gesprächen, in denen die Erreichung der getroffenen Zielvereinbarungen besprochen werden soll
- Regelungen zur Art und Weise des Beschäftigten-Parkens von Pkw bei der Dienststelle (Abschrankung, Entgelt)
- Vorschriften über Krankmeldungen, insbesondere die Weisung, Zeiten der Arbeitsunfähigkeit generell durch eine vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit vorzulegende Bescheinigung nachzuweisen
- die Führung formalisierter Krankengespräche zur Aufklärung eines überdurchschnittlichen Krankenstandes
- einschränkende Regelungen zum Aufsuchen des Arztes während der Dienstzeit
- Verteilen von Flugblättern durch Gewerkschaften in der Dienststelle
- Einführung und Benutzung von Dienstausweisen
Was die beiden Begriffe "Regelung der Ordnung" sowie Regelung des Verhaltens der Beschäftigten betrifft, betont das BVerwG, dass diese beiden Begriffe einheitlich zu sehen sind und nicht auseinandergerissen werden dürfen. Das Gericht legt dar, dass es sich nicht um 2 getrennte Tatbestände handelt, sondern der Mitbestimmungstatbestand vielmehr die Gesamtheit der Regelungen erfasst, die den einwandfreien und reibungslosen Ablauf des Lebens in der Dienststelle sicherstellen sollen. Das enge Zusammenleben und Zusammenwirken in der Dienststelle erfordere gewisse Verhaltensregeln, die das Miteinander der Beschäftigten und den Gebrauch der ihnen zur Verfügung gestellten Sachen zum Gegenstand haben. Deshalb schaffe jede Regelung des Verhaltens der Beschäftigten eine bestimmte Ordnung in der Dienststelle, wie umgekehrt jede Regelung der Ordnung in der Dienststelle ein bestimmtes Verhalten der Beschäftigten verlange. Es handele sich also um einen einheitlichen Tatbestand, der nicht in zwei unterschiedliche Begriffe auseinandergerissen werden dürfe.
In Abgrenzung hierzu betont das Gericht jedoch, dass Weisungen, die "die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben" betreffen, die sich also "mit der Erfüllung der nach außen gerichteten Aufgaben der Dienststelle befassen", nicht der Mitbestimmung des Personalrats unterliegen. In der Folge sind auch solche Regelungen nicht mitbestimmungspflichtig, die primär Fragen der materiellen Diensterfüllung regeln wollen (d. h. schwerpunktmäßig hierauf abzielen) und nur als "zwangsläufige Folge" auch Verhaltens- oder Ordnungsmaßnahmen darstellen.
Nicht mitbestimmungspflichtig nach Abs. 2 Nr. 1 sind daher:
- Erstellung von Zuständigkeitsregelungen/Geschäftsverteilungsplänen, weil sie die dienstliche Aufgabenerledigung betreffen
- verdachtsunabhängige "verdeckte Tests" zum Zwecke der Kontrolle der Arbeitsleistung
- Einführung von Kontroll-(Stech-)Uhren sowie die Anordnung, Abwesenheitslisten zu führen
- Einführung einer bestimmten Standardschriftart als einheitliche Hausschrift
- Regelungen in Bezug auf das außerdienstliche Verhalten der Beschäftigten
- Regelungen zum Arbeitsentgelt und zur Arbeitszeit, daher ist auch die Anordnung von Pünktlichkeitskontrollen mitbestimmungsfrei
- Verhaltensregeln, die nur einzelne Beschäftigte betreffen (Einzelweisungen) diese fallen von vornherein nicht unter diesen Mitbestimmungstatbestand.