Rz. 11
Wie alle selbständig Erwerbstätigen unterlagen auch landwirtschaftliche Unternehmer im Beitrittsgebiet bis zum 31.12.1991 der Versicherungspflicht. Die für das alte Bundesgebiet in dieser Zeit geltenden Vorschriften über die Altershilfe der Landwirte nach dem Gesetz über die Altershilfe der Landwirte (GAL) v. 27.7.1957 (BGBl. I S. 1063) wurden zunächst nicht auf das Beitrittsgebiet übergeleitet. Da der betroffene Personenkreis durch den Gesetzgeber als schutzbedürftig angesehen wurde, war eine Aufrechterhaltung der bestehenden Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zwingend erforderlich.
Rz. 12
Nach Abs. 2 in der bis zum 31.12.1994 geltenden Fassung waren landwirtschaftliche Unternehmer, die die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Zweites Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte (KLVG 1989) v. 20.12.1988 (BGBl. I S. 2477, 2557) erfüllten und damit der landwirtschaftlichen Krankenversicherung angehörten, auch weiterhin rentenversicherungspflichtig. Durch den Verweis auf das KLVG 1989 wurde erreicht, dass im Beitrittsgebiet der Personenkreis in die Rentenversicherung einbezogen wurde, der im alten Bundesgebiet über die Altershilfe der Landwirte abgesichert war, da der nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 KLVG 1989 versicherte Personenkreis mit den Versicherten nach dem GAL identisch war.
Rz. 13
Obwohl das GAL nicht auf das Beitrittsgebiet übergeleitet wurde, war es dennoch möglich, dass ein landwirtschaftlicher Unternehmer im Beitrittsgebiet Beiträge zur Altershilfe der Landwirte zahlte, wenn er
- nach Art. 2 § 6 Abs. 1 Gesetz zur Neuregelung der Altershilfe der Landwirte (GALNG) in der ab 1.7.1990 geltenden Fassung nach Abgabe einer Weiterversicherungserklärung als weiterversichert galt (§ 27 GAL) oder
- bereits der Versicherungspflicht nach dem GAL unterlag, weil er auch im alten Bundesgebiet einer selbständigen landwirtschaftlichen Tätigkeit nachging und daneben als landwirtschaftlicher Unternehmer auch im Beitrittgebiet tätig war.
In diesem Fall konnte sich der landwirtschaftliche Unternehmer durch einen Antrag, der an keine Frist gebunden war, von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen, da die Versicherungspflicht nach dem GAL vorrangig war. Die Befreiung wirkte vom Antragseingang an.
Rz. 14
Durch die Agrarsozialreform 1995 wurde auch im Beitrittsgebiet eine berufsgruppenbezogene Alters- und Invaliditätssicherung landwirtschaftlicher Unternehmer eingeführt (vgl. Flecken, SozVers. 1995 S. 57, 65; Rombach, Alterssicherung der Landwirte, Freiburg 1995, S. 255). Deshalb wurde Abs. 2 neu gefasst und verdeutlicht nunmehr die Systemabgrenzung zwischen der Alterssicherung der Landwirte und der gesetzlichen Rentenversicherung. Landwirte, die nach dem 1.1.1945 geboren sind und am 31.12.1994 noch nicht die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente erfüllt haben, werden daher seit diesem Zeitpunkt ausschließlich in die Alterssicherung der Landwirte einbezogen (Abs. 2). Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung erlischt und wird durch die Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte ersetzt.
Rz. 15
Abs. 2 trägt aber auch dem Umstand Rechnung, dass die Einbeziehung landwirtschaftlicher Unternehmer im Beitrittsgebiet nur für die Zukunft wirkt und eine Übertragung der in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anwartschaften nicht vorgesehen ist. Deshalb kann für viele Landwirte im Beitrittsgebiet, die lange Zeit der gesetzlichen Rentenversicherung angehörten, ein Wechsel in die Alterssicherung der Landwirte ohne Übertragung der erworbenen Anrechte nachteilig sein (vgl. Flecken, SozVers. 1995 S. 57, 65). Daher erhalten Landwirte, die vor dem 2.1.1945 geboren wurden oder am 31.12.1994 bereits die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente erfüllt haben, ein Wahlrecht (vgl. BT-Drs. 12/5700 S. 93, 12/7589 S. 101, 12/7599 S. 20). Abs. 2 Satz 2 sah zunächst die Möglichkeit einer Beendigung der Versicherungspflicht auf Antrag vor. Da die Antragsfrist inzwischen abgelaufen ist, gehören Landwirte im Beitrittsgebiet, die von der Möglichkeit der Beendigung der Versicherungspflicht keinen Gebrauch gemacht haben, auch heute noch zu den Versicherten der gesetzlichen Rentenversicherung, da sie weiterhin der Versicherungspflicht nach Abs. 2 unterliegen.