Rz. 14
Voraussetzungen für die Anwendung des Rentnerprivilegs aufgrund der Übergangsvorschrift nach Abs. 2 sind
- das Versorgungsausgleichsverfahren (Erst- oder Abänderungsverfahren) muss vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden sein (Abs. 2),
- die zu kürzende Rente muss vor dem 1.9.2009 begonnen haben (Abs. 2),
- die Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich muss nach dem 31.8.2009 bei der Rente der ausgleichspflichtigen Person wirksam geworden sein, also nach dem Rentenbeginn liegen (§ 101 Abs. 3 a. F.),
- es darf keine Rente aus der Versicherung der ausgleichsberechtigten Person gezahlt werden (§ 101 Abs. 3 a. F.).
Rz. 14a
Der Gesetzgeber hat eine möglichst rasche und konsequente Abschaffung des "Rentnerprivilegs" zum (Vermögens-)Schutz der Rentenversicherungsträger und zum Zweck der Anpassung an das neue Recht zum Versorgungsausgleich beabsichtigt; unter Berücksichtigung dieser Intention ist die Übergangsvorschrift des § 268a Abs. 2 eng auszulegen. Der Gesetzgeber wollte nicht generell das Vertrauen in eine bestimmte Rentenhöhe schützen, denn ausweislich des Gesetzeswortlauts von § 268a Abs. 2 sollte das Rentnerprivileg nur unter den dort genannten Voraussetzungen weiterhin gelten (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 5.10.2021, L 2 R 67/19, Rz. 31 f.).
2.2.2.1 Versorgungsausgleichsverfahren vor dem 1.9.2009 eingeleitet
Rz. 15
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung des Zeitpunktes der Einleitung des Versorgungsausgleichsverfahren ist der Eingang des Scheidungsantrags oder des Antrags auf Durchführung bzw. Abänderung des Versorgungsausgleichs beim Familiengericht (zutreffend GRA der DRV zu § 268a SGB VI, Stand: 23.12.2020, Anm. 4.1.1). Ist ein Abänderungsverfahren in Bezug auf den Versorgungsausgleich erst nach dem 1.9.2009 eingeleitet worden, so findet das in § 101 Abs. 3 bis zum 31.8.2009 geltende sog. Rentnerprivileg keine Anwendung (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 5.10.2021, L 2 R 67/19). Wird nach dem 31.8.2009 ein Abänderungsverfahren eingeleitet und die Ausgangsentscheidung abgeändert, endet daher zwingend auch das "Rentnerprivileg" (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 23.3.2021, L 14 R 650/17, Rz. 39 f.).
Rz. 16
Für vor dem 1.9.2009 eingeleitete Versorgungsausgleichsverfahren gilt nach der Übergangsvorschrift des § 48 Abs. 1 VersAusglG noch das bis zum 31.8.2009 geltende materielle Recht und Verfahrensrecht, also insbesondere das Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG). Für vor dem 1.9.2009 eingeleitete Versorgungsausgleichsverfahren gilt daher die Vermutung, dass diese mit einer Entscheidung auf der Grundlage des bis 31.8.2009 geltenden Rechts (§ 1587 ff. BGB, VAHRG) abgeschlossen werden.
Rz. 17
Aber selbst wenn nach § 48 Abs. 2 und Abs. 3 VersAusglG in den dort vorgesehenen Ausnahmefällen das Recht ab dem 1.9.2009 zur Anwendung kommt, bleibt es für die Anwendung von Abs. 1 ausschließlich maßgeblich, wann das Versorgungsausgleichsverfahren eingeleitet wurde. Zu den vor dem 1.9.2009 eingeleiteten Verfahren zählen daher auch die Versorgungsausgleichsverfahren bzw. die Scheidungsverfahren, die abgetrennt, ausgesetzt oder ruhend gestellt waren und erst nach dem 31.8.2009 wieder aufgenommen wurden. Es kommt daher nicht darauf an, auf welcher Rechtsgrundlage der Versorgungsausgleich durchgeführt wurde.
2.2.2.2 Rentenbeginn vor dem 1.9.2009 und Folgerente
Rz. 18
Das Rentnerprivileg bleibt nach Abs. 2 nur dann erhalten, wenn der Rentenbeginn vor dem 1.9.2009 liegt und der Rentenanspruch ununterbrochen weiter besteht.
Rz. 19
Ausnahmsweise bleibt der Besitzschutz auch dann bestehen, wenn sich eine Folgerente nahtlos an die bestandsgeschützte Rente anschließt. Eine solche Folgerente kann dabei auch nach dem 31.8.2009 beginnen (GRA der DRV zu § 268a SGB VI, Stand: 23.12.2020, Anm. 4.1.2 und 4.3). Ein unmittelbarer Anschluss an eine vorangegangene Rente ist gegeben, wenn zwischen dem Ende der bisherigen Rente und dem Beginn der nachfolgenden Rente (mit neuer Rentenart) kein voller Kalendermonat liegt (GRA der DRV zu § 268a SGB VI, Stand: 23.12.2020, Anm. 4.3.1). Liegt indes der Beginn der Folgerente erst nach Ablauf eines vollen Kalendermonats nach dem Wegfall der bisherigen Rente, scheidet die Anwendung des Rentnerprivilegs aus. Es gilt das Monatsprinzip nach § 122 Abs. 1. Sofern zwischen bestandsgeschützter Rente und Folgerente kein voller Kalendermonat liegt, ist dies daher unschädlich.
Rz. 20
Dabei bleibt im Ergebnis aber auch bei der Folgerente letztlich der Zahlbetrag der Vorrente maßgeblich. Für die weitere Anwendung des Rentnerprivilegs in der Folgerente ist festzustellen, ob diese gleich hoch, niedriger oder höher als die bisherige (aufgrund des Rentnerprivilegs) besitzgeschützte Rente ist (GRA der DRV zu § 268a SGB VI, Stand: 23.12.2020, Anm. 4.3.2). Fällt der Zahlbetrag der Folgerente höher aus als die bisherige Rente, so ist bei dieser der Abschlag ganz oder teilweise abzuziehen (GRA der DRV zu § 268a SGB VI, Stand: 23.12.2020, Anm. 4.3.2.2; vgl. zu den weiteren Fallkonstellationen auch Anm. 4.3.2.1). Abzustellen ist auf den jeweiligen Zahlbetrag der Renten, der sich nach Prüfung des § 88 (Besitzschu...