Rz. 30
Grundsätzlich hat der Rehabilitand bei stationären Rehabilitationsleistungen i. S. d. § 15 bzw. bei den stationären Nach- und Festigungskuren i. S. d. § 31 Abs. 1 Nr. 2 eine Zuzahlung in Höhe von 10,00 EUR täglich zu leisten (vgl. § 32 Abs. 1 und 2). Nach § 32 Abs. 3 sind jedoch die Rehabilitanden von der Zuzahlungspflicht befreit, deren Übergangsgeld nach § 66 Abs. 1 SGB IX begrenzt ist.
Für die Ermittlung der Höhe des Übergangsgeldes wird bei Arbeitnehmern und selbstständig tätigen Versicherten immer erst die Berechnungsgrundlage gemäß § 21 SGB VI i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB IX errechnet. Als Berechnungsgrundlage i. d. S. gelten 80 % des Regelentgelts, das bei Arbeitnehmern zusätzlich auf 100 % des im Bemessungszeitraum erzielten Nettoarbeitsentgelts begrenzt ist. Ist die Berechnungsgrundlage ermittelt, ergibt sich die Höhe des Übergangsgeldes gemäß § 21 SGB VI i. V. m. § 66 Abs. 1 Satz 3 SGB IX durch Multiplikation der Berechnungsgrundlage mit einem Prozentsatz (je nach Familienstand entweder 68 oder 75 % der Bemessungsgrundlage). Durch diese Kürzung wird der Rehabilitand in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit deutlich eingeschränkt. Eine weitere finanzielle Belastung durch Zuzahlungen während einer Rehabilitationsleistung des Rentenversicherungsträgers wollte der Gesetzgeber diesem Personenkreis deshalb nicht zumuten.
Von der Zuzahlungsverpflichtung wird der Versicherte kraft Gesetzes nur für die Tage befreit, für die er Übergangsgeld bezieht (taggenaue Prüfung). Der Versicherte muss also Übergangsgeld tatsächlich in Höhe von mindestens 0,01 EUR erhalten, um für diesen Tag von der Zuzahlung befreit zu werden. Ein z. B. im vollen Umfang ruhender Übergangsgeldanspruch wegen der vom Arbeitgeber geleisteten Entgeltfortzahlung (vgl. § 9 Entgeltfortzahlungsgesetz – EFZG) löst keine Zuzahlungsbefreiung aus.
Der Rehabilitand nimmt zulasten des Rentenversicherungsträgers in der Zeit vom 3.3. bis 15.5. an einer Leistung zur medizinischen, stationären Rehabilitation (§ 15) teil. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegenüber dem Arbeitgeber besteht bis einschließlich 13.4. Vom 14.4. an erhält der Rehabilitand Übergangsgeld.
Lösung:
Der Rehabilitand ist lediglich in der Zeit vom 14.4. bis 15.5. von der Zuzahlungsverpflichtung befreit.
Wird allerdings neben diesem Übergangsgeld zusätzlich Arbeitsentgelt/Arbeitseinkommen oder sonstiges Erwerbseinkommen bezogen, greift die Regelung des § 32 Abs. 3 nicht. Eine Befreiung ist dann nur unter den Bedingungen des § 32 Abs. 4 i. V. m. der Zuzahlungsrichtlinie (Text: Rz. 43) möglich.
Rz. 31
§ 32 Abs. 3 verweist hinsichtlich der Befreiung von der Zuzahlung lediglich auf das geminderte Übergangsgeld nach § 66 Abs. 1 SGB IX – also auf das Übergangsgeld, das unmittelbar aus dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen berechnet wird. Wird die Höhe des Übergangsgeldes nach anderen Berechnungsvorschriften ermittelt (Bezieher von Arbeitslosengeld, Übergangsgeld bei Arbeitslosigkeit nach Abschluss einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben i. S. d. § 71 Abs. 4 SGB IX), ist § 32 Abs. 3 SGB VI nicht anzuwenden. Hier greift aber § 1 Abs. 1 der Zuzahlungsrichtlinie v. 1.7.2023 (Text: Rz. 43). Danach sind alle Versicherten von der Zuzahlung befreit, die Übergangsgeld beziehen und – was der Regelfall ist – gleichzeitig nebenher keine weiteren Einkünfte aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit erhalten.
Sollte ein Versicherter neben dem Bezug von Übergangsgeld doch noch Einkünfte aus einem Erwerb haben (z. B. bei Mehrfachbeschäftigten nebenher noch Entgeltfortzahlung von einem Arbeitgeber), ist er nicht von Gesetzes wegen nach § 32 Abs. 3 befreit, sondern kann auf Antrag teilweise oder sogar voll von der Zuzahlungsverpflichtung befreit werden, wenn er unzumutbar belastet (vgl. hierzu Rz. 32 ff.) ist.
Wurde das Übergangsgeld nach § 68 Abs. 2 SGB IX berechnet (z. B. Bemessungszeitraum liegt mehr als 3 Jahre zurück; das Übergangsgeld wird dann in Höhe von 65 % eines fiktiven Arbeitsentgelts gezahlt), erfolgt keine Zuzahlungsbefreiung nach § 32 Abs. 3. In diesem Fall ist jedoch zu prüfen, ob eine Zuzahlungsbefreiung nach § 32 Abs. 4 i. V. m. der Zuzahlungsrichtlinie der Rentenversicherung wegen individueller finanzieller Unzumutbarkeit in Betracht kommt.