Zuzahlungsbefreiung der gesetzlichen Krankenkassen
Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung haben bei der Inanspruchnahme von Leistungen oft gesetzliche Zuzahlungen zu leisten. Überschreiten diese die individuelle Belastungsgrenze der Versicherten, können sich Versicherte von weiteren Zuzahlungen befreien lassen. Daher lohnt es sich, bereits im laufenden Kalenderjahr zu prüfen, ob hierfür schon genügend Zuzahlungsnachweise vorliegen.
Berücksichtigungsfähige Zuzahlungen durch Krankenkasse
Nehmen gesetzlich Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, Leistungen ihrer Krankenkasse in Anspruch, sind meist gesetzliche Zuzahlungen zu leisten. Diese betragen 10 Prozent des Abgabepreises, mindestens 5 Euro und höchstens 10 Euro bzw. maximal die tatsächlichen Kosten. So z. B. bei Arznei- und Verbandmittel, Fahrkosten (Zuzahlung ist hier auch von Kindern zu leisten), Häusliche Krankenpflege, Heil- und Hilfsmittel. Für eine Krankenhausbehandlung oder Vorsorge-/Rehabilitationsmaßnahme sind für jeden Tag 10 Euro zu entrichten.
Zuzahlungen, die Krankenkassen nicht berücksichtigen
Neben den gesetzlichen Zuzahlungen können weitere Kosten für Versicherte anfallen, die im Rahmen der Zuzahlungsbefreiung jedoch nicht berücksichtigt werden können. Hierzu zählen z. B. Mehrkosten für Arzneimittel, Eigenanteile zum Zahnersatz oder zu Hilfsmitteln sowie Kosten für individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL). Tipp: Solche Krankheitskosten können unter Umständen als außergewöhnliche Belastungen von der Steuer abgesetzt werden.
Höhe der Belastungsgrenze: Krankenkasse
Die Belastungsgrenze beträgt 2 Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Für chronisch kranke Versicherte reduziert sie sich auf 1 Prozent. Für die Ermittlung der Belastungsgrenze werden neben den Bruttoeinnahmen des Versicherten auch die Bruttoeinnahmen der im gemeinsamen Haushalt lebenden berücksichtigungsfähigen Angehörigen zusammengerechnet. Dazu gehören der Ehe- oder Lebenspartner sowie minderjährige oder familienversicherte Kinder.
Belastungsgrenze Zuzahlungen: Freibeträge 2024 für Angehörige
Von den gemeinsamen Bruttoeinnahmen werden für die Angehörigen Freibeträge abgezogen, die der Gesetzgeber jährlich anpasst. Im Jahr 2024 werden für den ersten im gemeinsamen Haushalt lebenden berücksichtigungsfähigen Angehörigen (Ehegatte/Lebenspartner oder sonstiger Angehöriger) 6.363 Euro (15 Prozent der jährlichen Bezugsgröße) und für jeden weiteren berücksichtigungsfähigen Angehörigen 4.242 Euro (10 Prozent der jährlichen Bezugsgröße) abgezogen. Für jedes berücksichtigungsfähige Kind beträgt die Minderung der Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt jährlich 9.312 Euro.
Belastungsgrenze bei chronischer Erkrankung
Wann ein Versicherter als chronisch krank gilt, regelt die Richtlinie zur Umsetzung der Regelungen in § 62 SGB V für schwerwiegend chronisch Erkrankte (Chroniker-Richtlinie) des Gemeinsamen Bundesausschusses. Nachzuweisen ist die chronische Erkrankung durch eine Bescheinigung (Muster 55) vom behandelnden Arzt.
Zuzahlungen 2024: Belastungsgrenze bei Bezug von Bürgergeld
Bei Versicherten, die Bürgergeld, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder Hilfe zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe) beziehen sowie für den in § 264 SGB V genannten Personenkreis ist als Familien-Bruttoeinkommen nur der Regelsatz des Haushaltsvorstandes anzurechnen. Dieser liegt 2024 bei 563 Euro monatlich (6.756 Euro jährlich). Die Bedarfsgemeinschaft hat daher Zuzahlungen in Höhe von 135,12 Euro oder 67,56 Euro bei einer chronischen Erkrankung zu leisten.
Antrag auf Befreiung von Zuzahlungen
Sobald genug Zuzahlungen geleistet wurden, kann man bei seiner Krankenkasse einen Antrag auf teilweise Zuzahlungsbefreiung stellen. Diesem sind die originalen Zuzahlungsbelege, Kopien der Einkommensnachweise sowie ggf. das Muster 55 beizufügen. Stellt die Krankenkasse fest, dass die Zuzahlungen die Belastungsgrenze überschreiten, stellt sie eine Bescheinigung über die Befreiung für das restliche Kalenderjahr zum Nachweis gegenüber Leistungserbringern aus und erstattet die zu viel geleisteten Zuzahlungen an den Versicherten.
Antragstellung für Familien
Sind Familienangehörige bei verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen versichert, ist der Antrag gemeinsam bei einer Krankenkasse zu stellen. Sind die Voraussetzungen für eine Zuzahlungsbefreiung erfüllt, bestätigt diese Krankenkasse die Zuzahlungsbefreiung zur Weitergabe an die weitere Krankenkasse.
Vorabbefreiung: Belastungsgrenze im Voraus einzahlen
Müssen Versicherte regelmäßig Zuzahlungen weit über ihrer Belastungsgrenze leisten, lohnt sich für sie ein Antrag auf Vorauszahlung der Belastungsgrenze für das jeweils kommende Kalenderjahr bei ihrer Krankenkasse. Diese teilt daraufhin die Höhe der Belastungsgrenze mit, die der Versicherte einzahlen muss. Danach erhalten die Versicherten eine Befreiungskarte für das gesamte Jahr. Damit sind keine Zuzahlungsbelege mehr zu sammeln. Eine – ggf. auch nur anteilige - Rückzahlung des Vorauszahlungsbetrag ist jedoch nicht möglich, sofern vermutet wird, dass die im Kalenderjahr ohne Befreiungskarte angefallenen Zuzahlungen den Vorauszahlungsbetrag nicht erreicht hätten. Denn die Krankenkassen können nicht nachprüfen, in welcher Höhe die Versicherten hätten Zuzahlungen leisten müssen.
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ist es legitim, dass die Krankenkasse bei dem Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Zuzahlung als Mindesteinkommen den Hartz 4-Satz zugrunde legt, obwohl der Versicherte/Antragsteller weder Hartz 4 noch andere Einkommen bezieht und nur von seinen (geringen) Ersparnissen lebt?
Müssten evtl. monatliche Zahlungen der Eltern an das Kind (26 Jahre alt) für Miete und Verpflegung auch als "Einkommen" in die Berechnung der Belastungsgrenze einbezogen werden?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
für die Berechnung der Belastungsgrenze nach § 62 SGB V ist auf die tatsächlichen berücksichtigungsfähigen jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt abzustellen. Welche Einnahmen der Versicherten zu den Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt i.S.d. § 62 SGB V gehören, ergibt sich aus dem gemeinsamen Rundschreiben zu Einnahmen zum Lebensunterhalt in der jeweils gültigen Fassung.
Da wir als Verlag dem Rechtsberatungsverbot unterliegen ist es uns leider nicht möglich zu konkreten Einzelfällen Stellung zu nehmen. Bitte wenden Sie sich für eine rechtsverbindliche Auskunft an den Krankenversicherungsträger oder einen Anwalt.
Beste Grüße aus Freiburg sendet die
Haufe Online-Redaktion Sozialwesen
danke für die Infos. Was mir nicht klar ist:
Wenn man nicht das gesamte Jahr über ALG II bezieht, sondern nur ein paar Monate, wie berechnet sich dann die Zuzahlungsgrenze? Wird der Verdienst, den man vor/ nach dem ALGII-Bezug erhält, mit in die Berechnung eingezogen?
Vielen Dank für die Erläuterung.
die Belastungsgrenze als auch die Zuzahlungen werden für ein Kalenderjahr berechnet. Sämtliche Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt eines Jahres werden zusammengerechnet.
Für die Zeit des Bezugs von Arbeitslosengeld II wird allerdings nur der Regelbedarf der Stufe 1 (im Jahr 2022: 449 EUR monatlich) als Einkommen berücksichtigt.
D.h. die Bruttoeinnahmen vor und nach dem Bezug von Arbeitslosengeld II und der Regelbedarf der Stufe 1 fließen in die Berechnung der jährlichen Belastungsgrenze ein und werden addiert.
Für eine rechtsverbindliche Auskunft wenden Sie sich im Einzelfall bitte an die Krankenkasse.
Mit freundlichen Grüßen
Haufe Online Redaktion Sozialwesen
vielen Dank für Ihren Kommentar. Da wir als Verlag dem Rechtsberatungsverbot unterliegen habe ich Ihnen hier einen Auszug aus dem Haufe SGB Office Professional zusammengestellt, der Ihre Frage hoffentlich beantwortet: Bei der Ermittlung der Belastungsgrenzen werden die Zuzahlungen und die Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Familienverbundes zusammengerechnet, wenn die Personen in einem gemeinsamen Haushalt leben. Von einem gemeinsamen Haushalt wird ausgegangen, wenn mehrere Familienangehörige ihren Wohnsitz an der gleichen Stelle (z. B. Haus, Wohnung) haben und in Wirtschaftsgemeinschaft leben. Es ist auf den Lebensmittelpunkt abzustellen. Angehörige i. S. d. § 62 SGB V sind alle im gemeinsamen Haushalt mit dem Versicherten lebenden Ehegatten/Lebenspartner und Kinder (Familienverbund). Sind die Versicherten des Familienverbundes bei verschiedenen Krankenkassen versichert, ist die zuerst angegangene Kasse zuständig. Diese wird auch mit Wirkung für die anderen beteiligten Kassen tätig (Verfahrensgrundsätze zu § 62 SGB V: Abschn. 2.1.).
Mit freundlichen Grüßen
Haufe Online-Redaktion Sozialwesen
vielen Dank für Ihren Kommentar. Sozialleistungen können nach dem Tod des Berechtigten den Erben zustehen. Dieses Erbe muss durch einen kostenpflichtigen Erbschein nachgewiesen werden. Da wir als Verlag dem Rechtsberatungsverbot unterliegen empfehlen wir Ihnen, sich mit der Krankenkasse des Verstorbenen in Verbindung zu setzen.
Mit freunldichen Grüßen
Haufe Online Redaktion Sozialwesen