Bürgergeld und Sozialhilfe: Regelbedarf steigt 2025 nicht
Das Bürgergeld hat zum 1.1.2023 das Arbeitslosengeld II, oft „Hartz IV“ genannt, abgelöst. Das Ziel: Die Menschen sollen besser qualifiziert und dauerhaft in gute Jobs vermittelt werden, damit sie ihren Lebensunterhalt wieder selbst bestreiten können. Außerdem wurde die Berechnung der Regelbedarfe so geändert, dass die aktuelle Inflation stärker berücksichtigt wird. Zum 1.1.2024 war das Bürgergeld noch um gut zwölf Prozent gestiegen. Zum 1.1.2025 wird es nun eine sogenannte Nullrunde geben. Alleinstehende Erwachsene zum Beispiel erhalten weiterhin 563 Euro im Monat. Wie kommt es dazu?
Das Existenzminimum – ein Grundrecht
Viele Menschen geraten unverschuldet in Not: Sie verlieren beispielsweise ihre Arbeit oder müssen ihr Geschäft schließen. Eine solidarische Gesellschaft darf diese Menschen nicht im Stich lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip entwickelt. Das ist garantiert – auch für Menschen, deren Einkommen sehr gering ist und die zusätzliche Unterstützung brauchen. Das Existenzminimum für Menschen, die Bürgergeld beziehen, wird nach Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts jährlich in einem gesetzlich festgelegten Verfahren errechnet.
Die Bundesregierung bringt die Anpassung jedes Jahr in der „Verordnung zur Fortschreibung der Regelbedarfsstufen“ auf den Weg – so auch in diesem Jahr. Der Bundesrat hat der Verordnung am 18.10.2024 zugestimmt. Im Bundesgesetzblatt wurde die Verordnung am 23.10.2024 veröffentlicht, so dass die Regelung am 1.1.2025 in Kraft treten kann.
Seminarempfehlung: "Update zum Bürgergeld" Online-Seminar | Do, 14.11.2024 | 10:00 Uhr Das Bürgergeld ist inzwischen eineinhalb Jahre in Kraft. Zu manchen Regelungen liegen erste Erfahrungen vor, andere Regelungen wurden bereits wieder gesetzlich geändert. Das Seminar bringt Sie auf den aktuellen Stand in Sachen Bürgergeld. |
Was sind Regelbedarfe?
Der Regelbedarf deckt den gesamten Lebensunterhalt, der für die Sicherung des Existenzminimums notwendig ist. Er umfasst vor allem Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat und Haushaltsenergie. Ebenso zählt das sogenannte soziokulturelle Existenzminimum dazu. Das sind Leistungen, die für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag von den Jobcentern ausgezahlt. Über seine Verwendung können die Menschen im Bürgergeld eigenverantwortlich entscheiden.
Ausgenommen vom Regelbedarf sind die sogenannten Mehrbedarfe, die für besondere Lebenslagen vorgesehen sind. Das sind zum Beispiel Leistungen für Alleinerziehende oder Schwangere. Auch die Bedarfe für Unterkunft und Heizung gehören nicht zum Regelbedarf.
Wie wird die Höhe der Regelbedarfe errechnet?
Einkommens- und Verbrauchsstichprobe
Am Anfang der Regelbedarfsermittlung steht die sogenannte Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS). Sie wird alle fünf Jahre vom Statistischen Bundesamt vorgenommen und liefert Erkenntnisse darüber, wofür die Menschen in Deutschland wieviel Geld ausgeben. Dafür befragt das Statistische Bundesamt etwa 80.000 Haushalte aller Einkommensklassen zu deren Einkommen, Vermögen und Ausgaben. Sie ist damit die größte Befragung ihrer Art in Europa.
Liegen dem Statistischen Bundesamt die Ergebnisse vor, wird es vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit einer Sonderauswertung beauftragt. Diese berücksichtigt speziell die Ausgaben der Menschen mit geringem Einkommen. Auf Grundlage dieser Ergebnisse werden die Ausgaben ermittelt, die für den Regelbedarf erforderlich sind.
Die Anpassung der Regelbedarfe zum 1.1. 2024 bezieht sich auf die Ergebnisse der Stichprobe von 2018. Zuletzt fand im Jahr 2023 eine EVS statt. Die Ergebnisse liegen voraussichtlich 2025 vor. Sobald dies der Fall ist, sind die Regelbedarfe neu zu ermitteln.
Jährliche Fortschreibung der Regelbedarfe
Um gestiegene Lebenshaltungskosten zeitnah zu berücksichtigen, werden die Regelbedarfe bis zur nächsten Neuermittlung durch die EVS jährlich fortgeschrieben. Dies geschieht nach gesetzlichen Vorgaben jedes Jahr zum 1. Januar. Seit der Einführung des Bürgergeldes Anfang 2023 erfolgt die Fortschreibung in zwei Schritten:
- Im ersten Schritt wird wie bisher die sogenannte „Basisfortschreibung“ errechnet. Diese erfolgt anhand eines Mischindex. Dieser setzt sich zu 70 Prozent aus der Entwicklung der Preise zusammen, die für den Regelbedarf maßgeblich sind, und zu 30 Prozent aus der durchschnittlichen Entwicklung der Nettolöhne und Nettogehälter. Gemessen wird die Entwicklung in zwei Zeitspannen, die dann miteinander verglichen werden. Für die Regelbedarfe zum 1.1.2025 waren das die Zeiträume von Juli 2022 bis Juni 2023 und von Juli 2023 bis Juni 2024.
- In einem zweiten Schritt wird durch eine neue „ergänzende Fortschreibung“ der aktuellen Preisentwicklung Rechnung getragen. Dabei wurden für das Jahr 2025 die regelbedarfsrelevanten Preise im zweiten Quartal 2024, also im Zeitraum vom 1.4. bis zum 30.6.2024, mit dem entsprechenden Dreimonatszeitraum des Jahres 2023 verglichen.
- Beim zweiten Schritt zur Ermittlung der Regelbedarfe handelt es sich um eine „Trendverlängerung“. Dabei wird der aktuelle Trend für den Zeitraum bis zur nächsten Fortschreibung zugrunde gelegt. Damit sollen die Menschen im Bürgergeld besser auf Preissteigerungen im Jahresverlauf reagieren können.
Warum ist das Bürgergeld 2023 und 2024 so deutlich gestiegen?
In den vergangenen beiden Jahren war das Bürgergeld deutlich gestiegen - zum 1.1.2024 um gut zwölf Prozent. Grund dafür war die Entwicklung der Preise bei Gütern und Dienstleistungen, die für die Höhe der Regelbedarfe berücksichtigt werden. Da besonders die Preise bei Lebensmitteln gestiegen waren, hat sich der regelbedarfsrelevante Preisindex stärker erhöht als der allgemeine Verbraucherpreisindex, der deutlich mehr Güter und Dienstleistungen umfasst. Zuletzt sind die Preise für Lebensmittel wieder gesunken – und zwar so stark, dass das Bürgergeld ab dem nächsten Jahr eigentlich hätte sinken müssen.
Wie kommt es zu der Nullrunde beim Bürgergeld im Jahr 2025?
Der Fortschreibungsmechanismus für Bürgergeld und Sozialhilfe ergibt rechnerisch für Alleinstehende einen Betrag von 539 Euro, also weniger als der Betrag von 563 Euro, der seit 1.1.2024 gilt. Dass die Leistung nicht sinkt, garantiert die sogenannte Besitzschutzregelung nach §28a Absatz 5 SGB XII. Das heißt: Der einmal gewährte Betrag muss in den Folgejahren mindestens beibehalten werden. Alleinstehende im Bürgergeld-Bezug erhalten demnach auch 2025 Jahr weiterhin 563 Euro.
Regelbedarsstufen: Tabelle
Dieser Tabelle können Sie die Beträge der Regelbedarfsstufen der vergangenen Jahre entnehmen:
Regelbedarfsstufe | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 |
1.1.2025 | 563 EUR | 506 EUR | 451 EUR | 471 EUR | 390 EUR | 357 EUR |
1.1.2024 | 563 EUR | 506 EUR | 451 EUR | 471 EUR | 390 EUR | 357 EUR |
1.1.2023 | 502 EUR | 451 EUR | 402 EUR | 420 EUR | 348 EUR | 318 EUR |
1.1.2022 | 449 EUR | 404 EUR | 360 EUR | 376 EUR | 311 EUR | 285 EUR |
1.1.2021 | 446 EUR | 401 EUR | 357 EUR | 373 EUR | 309 EUR | 283 EUR |
1.1.2020 | 432 EUR | 389 EUR | 345 EUR | 328 EUR | 308 EUR | 250 EUR |
1.1.2019 | 424 EUR | 382 EUR | 339 EUR | 322 EUR | 302 EUR | 245 EUR |
1.1.2018 | 416 EUR | 374 EUR | 332 EUR | 316 EUR | 296 EUR | 240 EUR |
-
Wie wirkt sich Krankengeld auf die Rente aus?
3.026
-
Einmalzahlungen und ihre Wirkung auf das Krankengeld
2.126
-
Ab Juli gilt eine neue Bescheinigung bei Erkrankung eines Kindes
1.820
-
Entgeltfortzahlung und Krankengeld - unterschiedliche Berechnungen beachten
1.615
-
Prognose für Rentenerhöhung 2025
1.545
-
Neue Arbeitsverhältnisse
1.497
-
Sozialversicherungswerte 2025: die Rechengrößen im Leistungsrecht
1.314
-
Erste Fragen zur neuen AU-Bescheinigung
1.146
-
Bundesregierung lehnt Abschaffung der Witwenrente ab
1.062
-
Krankengeld können nicht nur Arbeitnehmer beanspruchen
1.018
-
Höhere Leistungen in der Pflegeversicherung 2025
19.12.2024
-
Reformbedarf in der Notfallversorgung
17.12.2024
-
Verbesserte Versorgung für Patienten mit Long-COVID ab 2025
16.12.2024
-
Rechtsreferendar ist auf Rückweg von einer Lehrveranstaltung gesetzlich unfallversichert
13.12.2024
-
Kein Arbeitsunfall bei vorbereitender Teilnahme an Voltigierstunde
10.12.2024
-
Finanzentwicklung der GKV im Jahr 2024
09.12.2024
-
Mehr Menschen suchen Hilfe bei psychischen Erkrankungen
05.12.2024
-
Gestuftes Auskunftsverfahren nach dem Angehörigen-Entlastungsgesetz
05.12.2024
-
Steigende Arzneimittelausgaben belasten das GKV-System
04.12.2024
-
Gesundheitsförderung wieder auf Vor-Corona-Niveau
02.12.2024