Rz. 34
Nach § 2 Abs. 1 der Zuzahlungsrichtlinie (vgl. Rz. 43) werden auf Antrag Versicherte und Rentner von der Zuzahlungspflicht vollständig befreit, wenn deren monatliches Netto-Erwerbseinkommen (Rz. 35) 40 % der monatlichen Bezugsgröße (§ 18 Abs. 1 SGB IV) nicht übersteigt.
Die monatliche Bezugsgröße i. S. d. Richtlinie beträgt im Jahr 2024 bundeseinheitlich 3.535,00 EUR; 40 % hiervon ergeben 1.414,00 EUR.
Für die Befreiung von der Zuzahlung sind grundsätzlich die Einkommensverhältnisse des Versicherten oder Rentners im Kalendermonat vor der Antragstellung maßgebend (§ 4 Satz 2 der Zuzahlungsrichtlinie, vgl. Rz. 43). Als Antragstellung gilt der Tag des Eingangs des Antrags beim Rentenversicherungsträger. Wird der Antrag bei einer Krankenkasse oder einem anderen unzuständigen Sozialleistungsträger gestellt, gilt als Zeitpunkt der Antragstellung der Tag, an dem der Antrag bei dem unzuständigen Träger eingeht. Verringern sich die Einnahmen bis zur Aufnahme in die Rehabilitationseinrichtung, kann der Versicherte durch einen erneuten Antrag beantragen, dass die Einkommensverhältnisse im Kalendermonat vor Beginn der entsprechenden Rehabilitationsleistung berücksichtigt werden (AGDR 3/2019, TOP 15; vgl. Formular G0162 der Deutschen Rentenversicherung, Rz. 45).
Nimmt ein Ehegatte oder Lebenspartner i. S. d. LPartG an einer onkologischen Nachsorgeleistung i. S. d. § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI teil, sind bei der Prüfung der Zuzahlungsbefreiung die Einkommensverhältnisse des Versicherten/Rentners maßgebend (§ 5 Abs. 1 der Zuzahlungsrichtlinie; vgl. Rz. 43).
Rz. 35
Unter Netto-Erwerbseinkommen versteht man
das laufende Arbeitsentgelt eines Beschäftigten i. S.d. § 14 SGB IV nach Berücksichtigung der gesetzlichen Abzüge. Hierzu zählen die Lohn- und Kirchensteuer, die Pflicht-Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung und der ggf. anfallende Solidaritätszuschlag. Dass das Nettoarbeitsentgelt ggf. aus einer geringfügigen Beschäftigung herrührt, spielt keine Rolle.
Beruflich bedingte Werbungskosten sind hingegen – abgesehen von dem beim Lohnsteuerabzug zu berücksichtigenden Werbungskostenfreibetrag – nicht noch einmal gesondert zu berücksichtigen, wenn letztendlich aufgrund bestimmter Umstände doch höhere Werbungskosten angefallen sind (LSG Hessen, Urteil v. 26.10.2012, L 5 R 142/12).
Aufgrund § 23c SGB IV müssen auch Beiträge für eine freiwillige Mitgliedschaft zur gesetzlichen Krankenversicherung wie gesetzliche Abzüge bewertet werden, d. h., sie mindern das Netto-Erwerbseinkommen.
Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt bleibt unberücksichtigt, weil es nicht zum monatlichen Netto-Erwerbseinkommen zählt.
Antrag auf Durchführung medizinischer Rehabilitationsleistungen am 22.1.2024
Durchführung der Rehabilitationsleistung in der Zeit vom 14.2. bis 14.3.2024
Das Netto-Erwerbseinkommen des Versicherten beträgt im Dezember 2023 1.298,00 EUR und im Januar 2024 1.456,00 EUR.
Lösung:
Es ist das tatsächliche Nettoeinkommen aus dem Monat Dezember 2023 zugrunde zu legen (letzter Monat vor der Antragstellung). Für die Beurteilung, ob das monatliche Nettoeinkommen des Versicherten (1.298,00 EUR) 40 % der Bezugsgröße nicht übersteigt, ist die für Dezember 2023 geltende Bezugsgröße zugrunde zu legen. 40 % der Bezugsgröße liegen im Jahr 2023 bei (3.395,00 EUR x 40 % =) 1.358,00 EUR. Das Netto-Erwerbseinkommen des Versicherten liegt mit 1.298,00 EUR unterhalb dieser Grenze.
den nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des EStG ermittelten Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit (vgl. § 15 SGB IV). Grundsätzlich ist das Einkommen maßgebend, das sich aus dem letzten zur Verfügung stehenden Einkommensteuerbescheid ergibt. Daraus ist dann der auf den Kalendermonat entfallende Teil des Netto-Arbeitseinkommens zu ermitteln. Hierzu sind die gesetzlichen Belastungen wie Steuern und Solidaritätszuschläge und Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung, ggf. auch die Beiträge für eine freiwillige Krankenversicherung (siehe oben) abzuziehen.
Im Übrigen kann es zweckmäßig sein, die Eigenentnahmen des Rehabilitanden aus dem Betrieb (Privatentnahme) als Arbeitseinkommen zu berücksichtigen (Gewinn-/Verlustrechnung) und daraus das monatliche Netto-Arbeitseinkommen zu berechnen.
Rz. 36
Kindergeld nach dem BKGG, welches der Arbeitgeber auszahlt, erhöht nicht das Erwerbseinkommen (kein Erwerbsersatz).
Unterhaltszahlungen (egal ob geleistet oder bezogen), Abtretungen und Pfändungen wirken sich auf die Höhe des Erwerbseinkommens nicht aus (vgl. BSG, Urteil v. 29.9.1987, 5b RJ 52/86).
Rz. 37
Auf das Netto-Erwerbseinkommen werden auch die Einkünfte aus sogenannten Erwerbsersatzeinkommen angerechnet. Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen sind somit zusammenzurechnen.
Als Erwerbsersatzeinkommen gelten z. B.
- Versichertenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Betriebsrenten,
- Krankengeld,
- Mutterschaftsgeld,
- Übergangsgeld,
- Verletztengeld,
- Arbeitslosengeld,
- Kurzarbeitergeld sowie
- Insolvenzgeld.
Als "Netto-Erwerbsersatzeinkommen" ist der Betrag zu vers...