Rz. 6
Nach Abs. 1 Nr. 4 sind diejenigen Beteiligte, die nach Abs. 2 von der Behörde zum Verfahren hinzugezogen worden sind. Sie erhalten die Stellung als Beteiligte im Verwaltungsverfahren mithin erst durch eine Entscheidung der Behörde und nicht kraft Gesetzes wie die nach Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 Beteiligten.
Die Hinzuziehung kann nach Abs. 2 Satz 1 auf Antrag oder von Amts wegen erfolgen. In der Rechtsstellung der unmittelbar Beteiligten und der Hinzugezogenen besteht kein Unterschied. Hinzugezogen werden können sowohl Personen, Behörden wie auch Personenvereinigungen, die ein rechtliches Interesse am Ausgang des Verwaltungsverfahrens haben, jedoch von Abs. 1 Nr. 1 bis 3 nicht erfasst werden. Aus der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens (vgl. § 9) folgt, dass die Hinzuziehung an keine Form gebunden ist.
Anknüpfend an die Unterscheidung zwischen einfacher Beiladung (§ 75 Abs. 1 SGG, § 65 Abs. 1 VwGO) und notwendiger Beiladung (§ 75 Abs. 2 SGG, § 65 Abs. 2 VwGO) unterscheidet auch Abs. 2 zwischen 2 Arten der Hinzuziehung, die sich entsprechend ihren unterschiedlichen Voraussetzungen als "einfache" (Abs. 2 Satz 1) und als "notwendige" (Abs. 2 Satz 2) Hinzuziehung bezeichnen lassen, ohne dass diese beiden Begriffe im Gesetz verwendet werden.
Wer in seinen rechtlichen Interessen durch den Ausgang eines Verwaltungsverfahrens berührt wird, kann von der Behörde hinzugezogen werden (Abs. 2 Satz 1). Rein finanzielle, wirtschaftliche oder ideelle Interessen reichen nicht aus. Rechtliche Interessen sind dann berührt, wenn der Ausgang des Verfahrens die Rechtsstellung des Hinzugezogenen verändert, sei es in positiver oder negativer Hinsicht. Dabei reicht bereits die Möglichkeit einer Veränderung aus. Es kommen nicht nur sozialrechtliche, sondern u. a. auch steuer- oder arbeitsrechtliche Interessen in Betracht.
Die Behörde hat über die Hinzuziehung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Entsprechend der Beiladung im sozial- und verwaltungsrechtlichen Verfahren begründet die Betroffenheit der rechtlichen Interessen einer der in Abs. 2 genannten Personen noch nicht die Eigenschaft als Beteiligter; es bedarf vielmehr der Beiziehung durch die Behörde aufgrund eines konstitutiven Aktes, der auch formlos erfolgen kann.
Rz. 6a
Nach Abs. 2 Satz 2 ist eine Person auf Antrag zum Verwaltungsverfahren hinzuzuziehen, soweit der Ausgang des Verfahrens (regelmäßig der Verwaltungsakt oder der öffentlich-rechtliche Vertrag) rechtsgestaltende Wirkung auf diese Person hat, d. h. soweit unmittelbar in die Rechtssphäre des Dritten eingegriffen wird, z. B. bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung (vgl. § 48 SGB I). Diese behördliche Hinzuziehung ist mit der notwendigen Beiladung im Verwaltungs- bzw. Sozialgerichtsprozess (vgl. § 65 Abs. 2 VwGO, § 78 Abs. 2 SGG) vergleichbar. Eine notwendige Hinzuziehung kommt z. B. bei der Entscheidung über eine sog. Geschiedenenwitwenrente in Betracht (BSG, Urteil v. 12.6.2001, B 4 RA 37/00 R, SozR 3-2600 § 243 Nr. 9). Gleiches gilt bei Entscheidungen über die Feststellung der Versicherungspflicht durch die Krankenkasse als Einzugsstelle gemäß § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV hinsichtlich der anderen betroffenen Sozialleistungsträger (BSG, Urteil v. 3.7.2013, B 12 KR 8/11 R).
Der Dritte ist, soweit er der Behörde bekannt ist, noch vor Einleitung des Verwaltungsverfahrens zu benachrichtigen; denn er hat keine Kenntnis von dem Verfahren, das möglicherweise in ihre Rechtssphäre eingreift, so dass er die ihm durch das Gesetz garantierten Mitwirkungs- und Anhörungsrechte eines Beteiligten verliert. Gleiches gilt, wenn der Dritte erst im Verfahren der Behörde bekannt wird.
Eine Benachrichtigung ist nur dann ordnungsgemäß erfolgt, wenn sie auch den Hinweis erhält, dass ein Antrag auf Beteiligung am Verfahren gestellt werden kann (BSG, Urteil v. 12.6.2001, a. a. O.). Eine unterbliebene Benachrichtigung bzw. Hinzuziehung kann grundsätzlich bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden (§ 41 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2). Gemäß § 114 Abs. 2 Satz 2 SGG kann insoweit gegebenenfalls eine Aussetzung des sozialgerichtlichen Verfahrens erfolgen.
Rz. 7
Die Beteiligten sind vor der Entscheidung über die Hinzuziehung zu hören, wenn die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 gegeben sind. Bei Unterbleiben einer einfachen Hinzuziehung berührt dies nicht die Rechtmäßigkeit des erlassenen Verwaltungsaktes oder des abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrages. Wenn die notwendige Hinzuziehung unterbleibt, ist der das Verfahren abschließende Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtliche Vertrag verfahrensfehlerhaft zustande gekommen und damit rechtswidrig. Eine Aufhebung kann jedoch nur erfolgen, soweit die erforderliche Hinzuziehung nicht nachgeholt wird (§ 41 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2), wobei die Heilung der fehlenden Hinzuziehung nicht bereits durch die Beiladung im Gerichtsverfahren eintritt (BSG, Urteil v. 22.6.1983,12 RK 73/82, BSGE 55 S. 160 = SozR 1300 § 12 Nr. 1).
Bei unterbliebener Hinzu...