Rz. 2
Die Regelung entspricht mit Abweichungen § 44 VwVfG und § 125 AO und beschreibt die – praktisch seltenen – Fälle, in denen ein Verwaltungsakt (VA) keine Rechtswirkungen entfaltet, weil er nichtig ist. Der Begriff der Nichtigkeit ist von dem Begriff der Rechtswidrigkeit streng zu unterscheiden. Während aus materiellen oder formellen Gründen rechtsfehlerhafte VA grundsätzlich wirksam sind und trotz ihrer Rechtswidrigkeit in Bestandskraft erwachsen können, schließt die Nichtigkeit jede Wirksamkeit aus (§ 39 Abs. 3). Der nichtige VA enthält aber immer noch eine in Regelungsabsicht erlassene Entscheidung, die den Anschein eines wirksamen VA hervorruft, so dass aus Gründen effektiven Rechtsschutzes die Feststellung der Nichtigkeit erzwungen werden kann. Ebenso kann der Betroffene den Rechtsschein des VA durch Widerspruch und Anfechtungsklage beseitigen, er muss also nicht zwangsläufig eine Feststellungsklage erheben (VG Ansbach, Urteil v. 6.12.2004, AN 4 K 03.01984). Damit wird dem von einem nichtigen VA betroffenen Bürger das Risiko abgenommen, eine unzutreffende Klageart ausgewählt zu haben, was schon deshalb geboten ist, weil es im Einzelfall schwierig sein kann, die Nichtigkeit von der bloßen Rechtswidrigkeit eines VA abzugrenzen. Im Tenor des zu erlassenden Urteiles müsste aber ggf. die Nichtigkeit des VA festgestellt werden, so dass im sozialgerichtlichen Verfahren auf einen Feststellungsantrag hinzuwirken wäre (vgl. auch Rz. 32 f.).
Abzugrenzen ist der nichtige VA gegen den Nicht-VA (Nichtakt, vgl. hierzu BFHE 125 S. 347). Ein Nicht-VA ist eine der Verwaltung nicht zurechenbare Handlung eines Unbefugten, während der nichtige VA von einer Behörde erlassen wird, mag diese auch unzuständig sein. Der Nicht-VA ist weder geeignet, einen Rechtsschein zu begründen, noch kann dessen Nichtigkeit durch die Behörde festgestellt werden. Die Wertung als Nicht-VA kommt nicht in Betracht, wenn die Verwaltung selbst den Schein rechtmäßiger Amtsausübung gesetzt hat.
Rz. 3
Abs. 1 enthält als Generalklausel die Voraussetzungen für einen nichtigen VA. In Abs. 2 werden eigenständige absolute Nichtigkeitsgründe genannt, bei deren Vorliegen die Voraussetzungen nach Abs. 1 nicht mehr geprüft werden müssen. Abs. 3 benennt Verfahrensfehler, die als solche nicht zwingend zur Nichtigkeit führen, jedoch zusammen mit anderen Fehlern noch die Nichtigkeit nach Abs. 1 begründen können. Abs. 4 regelt die Folgen von Teilnichtigkeit. Mit Abs. 5 wird für die Verwaltung die Möglichkeit geschaffen, die Nichtigkeit eines VA ausdrücklich festzustellen.