Rz. 4
§ 76 regelt die Übermittlung besonders sensibler und vom Gesetzgeber als besonders schützenswürdig eingestufter Sozialdaten, die einer in § 35 SGB I genannten Stelle von einem Arzt oder einer Ärztin oder einer anderen in § 203 Abs. 1 und 4 StGB genannten Person zugänglich gemacht worden sind.
§ 76 Abs. 1 benennt keine Daten, sondern stellt darauf ab, von wem der Sozialleistungsträger sie erhalten hat. Der Kreis der in § 203 Abs. 1 und 4 StGB genannten Personen wurde zum 9.11.2017 in Abs. 3 und 4 erweitert um "sonstige mitwirkende Personen". Dies ist auch für die Stellen nach § 35 SGB I von großer Bedeutung, vgl. Rz. 12 bis 15.
Rz. 5
Im Wesentlichen handelt es sich um Gesundheitsdaten (medizinische Daten), selten, aber nicht ausgeschlossen auch um genetische oder biometrische Daten, die den Stellen nach § 35 SGB I von einer in § 203 Abs. 1 und 4 StGB genannten Person zugänglich gemacht werden. Seit 25.5.2018 enthält Art. 4 Nr. 13 bis 15 DSGVO die entsprechenden Begriffsbestimmungen.
Gemäß Art. 9 Abs. 1 DSGVO gehören diese Daten zu den besonderen Kategorien personenbezogener Daten, deren Verarbeitung nur zu den in Art. 9 Abs. 2 DSGVO aufgezählten Zwecken oder Aufgaben zulässig ist. "Aus dem Verbot der Verarbeitung besonderer Kategorien von Daten mit Erlaubnisvorbehalt (Artikel 9 der Verordnung (EU) 2016/679) folgt im Wege des Erst-Recht-Schlusses, dass die Mitgliedstaaten die Erlaubnis zur Datenverarbeitung solcher Daten nur unter bestimmten Voraussetzungen zulassen können" (BT-Drs. 18/12611). Davon hat der deutsche Gesetzgeber Gebrauch gemacht mit der Einschränkung der Übermittlungsbefugnis für besonders schutzwürdige Sozialdaten nach § 76.
Rz. 6
Keine Bedeutung hat § 76, wenn die betroffene Person eingewilligt hat. Die Einwilligung ergibt sich seit 25.5.2018 für besondere Kategorien personenbezogener Daten unmittelbar aus Art. 9 Abs. 2 Buchst. a DSGVO; die näheren Bedingungen für die Einwilligung regelt Art 7 DSGVO und ergänzend § 67b.
Näheres zur Einwilligung vgl. Komm. zu § 67b.
Rz. 7
Adressaten des § 76 sind wie bei den Grundtatbeständen für eine zulässige Übermittlung nach §§ 68 bis 75 die Stellen nach § 35 SGB I sowie die im Rahmen des § 69 Abs. 2 abschließend aufgezählten privilegierten Quasi-Sozialleistungsträger.
Die vorgenommene Gleichstellung mit den Stellen nach § 35 SGB I kann konsequent zu Ende gedacht keine Erleichterung in Bezug auf besonders schutzwürdige Daten zur Folge haben.