LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 19.11.2020, 5 Sa 347/19
Die Personalgestellung gem. § 4 Abs. 3 TVöD stellt eine Erweiterung, aber keine Einschränkung des Direktionsrechts des Arbeitgebers dar. Der Arbeitgeber kann somit frei entscheiden, ob er in den Grenzen billigen Ermessens das Direktionsrecht neu ausüben möchte und Beschäftigten, die er zuvor in ihrer Aufgabe belassen und an einen Dritten gestellt hat, innerhalb der eigenen Verwaltung bzw. des eigenen Betriebs andere Tätigkeiten zuweist.
Sachverhalt
Die Beklagte zu 1., eine gemeinnützige GmbH in kommunaler Trägerschaft, betreibt ein Krankenhaus mit ca. 2.600 Beschäftigten. Der TVöD findet Anwendung. Zum 1.4.2018 verselbstständigte sie die Abteilung Informationstechnologie (IT) in einer Tochtergesellschaft (der Beklagten zu 2.). Deren Gesellschaftsanteile wurden zu 51 % von der Beklagten zu 1. und zu 49 % von einem Universitätsklinikum gehalten. Im Zuge der Ausgliederung wurden 26 IT-Beschäftigte von der Beklagten zu 1. an die Beklagte zu 2. gestellt, worunter sich auch der Kläger, promovierter Mediziner, befand. Ursprünglich war er bereits seit 1992 bei der Beklagten zu 1. beschäftigt, zunächst als Assistenzarzt, dann übernahm er zum 1.1.1998 die Leitung der Abteilung Medizinische Dokumentation und zum 1.4.2010 die Leitung der IT-Abteilung. Eingruppiert war er hier zuletzt in die EG 15 TVöD.
Im Zuge des Outsourcings der IT-Abteilung bestand eine Betriebsvereinbarung, in dem u. a. ein Vorbehalt vereinbart war, dass die Beklagte zu 2. ihr zur Personalgestellung vorgeschlagene Beschäftigte binnen Jahresfrist ablehnen könne. Mit Schreiben vom 28.11.2018 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass seine weitere Beschäftigung bei der Beklagten zu 2. abgelehnt wurde und er deshalb mit Wirkung zum 1.1.2019 zu seiner Arbeitgeberin zurückversetzt werde. Dort sollte er nun auf eine neu zu schaffende Stelle als Leiter der Stabsstelle Medizinische Qualitätssicherung versetzt werden, wobei sich an der bisherigen Eingruppierung nichts ändern sollte.
Gegen diese Versetzung wandte sich nun der Kläger. Er war der Ansicht, sie sei unwirksam, da die ihm zugedachte Stelle nicht gleichwertig zu seiner bisherigen Stelle sei. Des Weiteren verstoße das Vorgehen der beiden Beklagten gegen Treu und Glauben, sodass ihn die Beklagte zu 2. weiterhin im Wege der Personalgestellung als IT-Leiter zu beschäftigen habe.
Die Entscheidung
Die Klage hatte vor dem LAG keinen Erfolg.
Zunächst scheiterte die Klage gegen die Beklagte zu 2. an der fehlenden Anspruchsgrundlage; denn der Kläger hatte mangels bestehenden Arbeitsverhältnisses mit dieser keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung, da das Arbeitsverhältnis auch nicht im Wege des Betriebsteilübergangs i. S. d. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf diese Beklagte übergegangen war. Des Weiteren, so das LAG, habe der Kläger deshalb auch keinen Beschäftigungsanspruch gegenüber der Beklagten zu 2. aus Treu und Glauben gem. § 242 BGB; insbesondere lagen keine Anhaltspunkte vor, dass das Verhalten der Beklagten zu 2., die von dem Ablehnungsrecht nach der getroffenen Betriebsvereinbarung Gebrauch gemacht hatte, rechtsmissbräuchlich gewesen sei.
Nach Auffassung des Gerichts bestand auch kein Anspruch gegen die Beklagte zu 1., weiterhin bei der Beklagten zu 2. als IT-Leiter beschäftigt zu werden; insbesondere nicht deshalb, weil der Kläger ab dem 1.4.2018 von der Beklagten zu 1. im Wege der Personalgestellung zur Erbringung der Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt worden sei; denn hiernach werde gem. § 4 Abs. 3 TVöD die auf Dauer angelegte Beschäftigung bei einem Dritten unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses bezeichnet, sodass eine sog. gespaltene Arbeitgeberstellung vorliege und tatsächlich zum Einsatzbetrieb rechtliche Beziehungen mit arbeitsrechtlichem Charakter entständen. Ein Rechtsanspruch darauf, dass der Dritte den Arbeitnehmer überhaupt einsetze, werde hierbei jedoch nicht begründet; denn die Rechtsfolgen eines Betriebsteilübergangs sollten gerade nicht eintreten.
Auch sei vorliegend die von der Beklagten zu 1. ausgeübte Weisung zulässig gewesen; denn das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasse die Befugnis, dem Kläger gem. § 106 Satz 1 GewO i. V. m. dem Arbeitsvertrag eine andere Tätigkeit zuzuweisen. Das Gericht führte insoweit aus, dass hiernach der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen könne, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sei. Und vorliegend hatte der Kläger nach dem Arbeitsvertrag keinen Anspruch auf Verwendung auf einem bestimmten Arbeitsplatz oder in einem bestimmten Aufgabenbereich. Insbesondere werde das Recht der Arbeitgeberin, dem Beschäftigten eine andere Tätigkeit zu übertragen, durch eine langwährende Verwendung des Beschäftigten auf demselben Arbeitsplatz nicht eingeschränkt. Die Versetzung und die...