Das Kindergeldrecht kennt im Wesentlichen 3 Altersgrenzen:
- bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres wird für jedes Kind – ohne weitere Voraussetzungen – Kindergeld gezahlt (sog. Regelkindergeld),
- Arbeit suchende Kinder werden längstens bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres berücksichtigt,
- Anspruch auf das sog. Ausbildungskindergeld besteht längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des Kindes.
Eine wichtige Ausnahme besteht für behinderte Kinder, die sich nicht selbst unterhalten können. Hier wird Kindergeld ohne Altersbegrenzung ausgezahlt.
Hinausschieben der Altersgrenze wegen Wehr- oder Zivildienst oder befreiender Tätigkeit
Befindet sich das Kind nach Vollendung des 25. Lebensjahres noch in Berufsausbildung oder ist es nach Vollendung des 21. Lebensjahres arbeitslos, so wird die Altersgrenze aufgrund des geleisteten Wehr- oder Zivildienstes bzw. einer befreienden Tätigkeit hinausgeschoben (§ 32 Abs. 5 EStG).
Das Kind wird über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt, wenn es
- den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat oder
- sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als 3 Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat oder
- eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer i. S. d. § 1 Abs. 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes.
Das Kind ist auch dann über die Vollendung des 25. Lebensjahres hinaus für einen der Dauer des gesetzlichen Grundwehr- oder Zivildienstes entsprechenden Zeitraum kindergeldrechtlich zu berücksichtigen, wenn das Kind während der Grundwehr-/Zivildienstzeit zugleich für einen Beruf ausgebildet wurde und deshalb für die Dauer dieses Dienstes Kindergeld geleistet wurde. Dem EStG ist nicht zu entnehmen, dass die Verlängerung des Kindergeldbezugs über das 25. Lebensjahr hinaus auf Dienstmonate, in denen kein Kindergeld gewährt wurde, beschränkt sein soll. Ebenso wenig enthält das EStG eine Vorschrift zur maximalen Bezugsdauer, die eine Doppelberücksichtigung der Dienstzeit verbietet.
Studium während des Zivildienstes
Der Sohn eines Beschäftigten leistete nach seinem Abitur von November 2004 bis Juli 2005 für die Dauer von 9 Monaten Zivildienst. Daneben war er im Wintersemester 2004/2005 von Oktober 2004 bis März 2005, also für 6 Monate, an einer Universität für den Fachbereich Mathematik immatrikuliert. Im Oktober 2005 begann der Sohn mit dem Physikstudium, das über die Vollendung des 25. Lebensjahres hinaus andauerte. Die Familienkasse verlängerte den Bezugszeitraum für das Kindergeld nur um 3 Monate, was jedoch nicht gesetzeskonform war. Die Altersgrenze ist auch in diesem Fall um die tatsächliche Dauer des abgeleisteten Zivildienstes hinauszuschieben. Aufgrund der typisierenden Regelung im Gesetz ist nicht darauf abzustellen, ob und in welchem Umfang sich die Ausbildung für einen Beruf durch die Dienstzeit tatsächlich verzögert hat.
Nur die Ableistung des Grundwehrdienstes bzw. des Zivildienstes bzw. einer befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer führt zu einem Hinausschieben der Altersgrenze. Die Vorschrift enthält nach der Rechtsprechung des BFH einen abschließenden Katalog der Verlängerungstatbestände.
Somit kann die Verpflichtung des Kindes zum Dienst im Katastrophenschutz (Freiwillige Feuerwehr) den Anspruch auf Kindergeld nach Vollendung des 25. Lebensjahres nicht begründen.
Auch bei Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres oder eines freiwilligen ökologischen Jahres besteht kein Anspruch auf Kindergeld über das 25. Lebensjahr hinaus. Gleiches dürfte für den freiwilligen Wehrdienst gelten. Für eine analoge Anwendung der Vorschrift ist kein Raum, da eine planwidrige Regelungslücke fehlt. Dies hat der BFH im Urteil vom 19.10.2017 ausdrücklich bestätigt.
Übergangsregelung
Durch das Steueränderungsgesetz 2007 wurde die frühere Altersgrenze – Vollendung des 27. Lebensjahres – mit Wirkung ab dem Jahr 2007 auf die Vollendung des 25. Lebensjahres herabgesetzt.
In § 52 Abs. 40 EStG wurde ein gleitender Übergang in die Herabsetzung der Altersgrenze geregelt. Für Kinder, die im Veranlagungszeitraum 2006 bereits das 24. bzw. das 25. oder das 26. Lebensjahr vollendet hatten, bestand Anspruch auf Kindergeld bzw. kindbedingte Steuerfreibeträge noch bis zur Vollendung des 26. bzw. 27. Lebensjahres. Konkret:
- Kinder, die nach dem 1.1.1982 und vor dem 2.1.1983 geboren sind, wurden bis zur Vollendung des 26. Lebensjahres berücksichtigt.
- Kinder, die nach dem 1.1.1980 und vor dem 2.1.1982 geboren sind, wurden bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres berücksichtigt.
Die Übergangsregelung ist auch für die Verlängerungszeiten nach § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG bei Ableistung von Wehr- oder Zivi...