Für jedes Kind wird immer nur einer Person Kindergeld gewährt (§ 64 Abs. 1 EStG). Doppelzahlungen sollen dadurch vermieden werden. Erheben mehrere Personen Anspruch auf Kindergeld für dasselbe Kind – besteht also eine sog. Anspruchskonkurrenz –, bestimmt § 64 Abs. 2 EStG, wer vorrangig berechtigt ist und damit das Kindergeld erhält. Bei den nachrangigen Berechtigten wird das Kind nur als "Zählkind" berücksichtigt, was – bis zum Jahr 2022 aufgrund der gestaffelten Höhe des Kindergeldes für mehrere Kinder – zu einem höheren Anspruch auf Kindergeld für andere Kinder führen kann.
Obhutsprinzip bei Haushaltsaufnahme
Vorrangig berechtigt ist, wer das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 64 Abs. 2 Satz 1 EStG).
Lebt ein Kind bei Pflegeeltern, so sind diese vorrangig berechtigt vor den leiblichen Eltern. Der "Stiefvater", der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat, hat Vorrang vor dem leiblichen Vater.
Sind zu Beginn eines Monats nur Kindergeldberechtigte vorhanden, die das Kind nicht in ihren Haushalt aufgenommen haben, bleiben diese gegenüber einem im Laufe des Monats hinzutretenden weiteren Anspruchsberechtigten auch dann vorrangig kindergeldberechtigt, wenn der hinzugetretene Kindergeldberechtigte das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Der durch die Haushaltsaufnahme bewirkte Vorrang kann erst ab dem Folgemonat berücksichtigt werden.
Berechtigtenbestimmung
Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern bzw. einem Elternteil und dessen Ehegatten, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten (Berechtigtenbestimmung). Gleiches gilt für Pflegeeltern oder Großeltern, die ein Kind in ihren Haushalt aufgenommen haben. Nicht entscheidungserheblich ist, wer das alleinige Sorge- oder Erziehungsrecht innehat.
Nach den Vorschriften im EStG können auch nicht verheiratete Eltern eine Berechtigtenbestimmung treffen, vorausgesetzt die Eltern des nichtehelich geborenen Kindes führen einen gemeinsamen Haushalt.
Bitte beachten Sie, dass eine Berechtigtenbestimmung nur bei Führung eines gemeinsamen Haushalts zulässig ist.
Die Bestimmung des vorrangig Kindergeldberechtigten gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 des EStG kann nur einvernehmlich erfolgen und setzt deshalb eine Einigung der Eltern voraus.
Eltern, die dauerhaft getrennt leben, können – unabhängig vom Familienstand – eine Berechtigtenbestimmung grundsätzlich nicht treffen. Eine Ausnahme ist anzunehmen, wenn ein Kind seinen Lebensmittelpunkt bei beiden getrennt lebenden Eltern hat. Eine annähernd gleichwertige Aufnahme in den Haushalt beider Eltern ist jedoch nur anzunehmen, wenn keinem der Aufenthalte ein eindeutiges Übergewicht zukommt. Die Betreuung des Kindes im Haushalt muss einen zeitlich bedeutsamen Umfang haben, die Aufenthalte des Kindes dürfen nicht nur Besuchs- oder Feriencharakter haben. Liegt eine Aufnahme in den Haushalt beider Eltern vor, bestimmen die Eltern analog § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG den Kindergeldberechtigten untereinander.
Die Berechtigtenbestimmung ist jederzeit widerruflich. Ein Widerruf der Berechtigtenbestimmung des vorrangig Kindergeldberechtigten wirkt allerdings nur für die Zukunft und wird erst wirksam, wenn der Widerruf allen Beteiligten, also insbesondere auch der für den bisher vorrangig Kindergeldberechtigten zuständigen Familienkasse, bekannt geworden ist.
Haben die Eltern eines Kindes einen Elternteil als Kindergeldberechtigten bestimmt, so verliert diese Berechtigtenbestimmung i. d. R. ihre Bedeutung, wenn sich die Eltern trennen und das Kind ausschließlich im Haushalt eines der beiden Elternteile lebt. Das Kindergeld ist dann zwingend an den Elternteil zu zahlen, in dessen Haushalt das Kind nunmehr lebt (§ 64 Abs. 2 Satz 1 EStG). Die ursprüngliche Berechtigtenbestimmung lebt nicht wieder auf, wenn die Eltern und das Kind wegen eines Versöhnungsversuchs wieder in einem gemeinsamen Haushalt leben. in diesem Fall ist eine neue Berechtigtenbestimmung erforderlich. Die ursprüngliche Berechtigtenbestimmung lebt nur ganz ausnahmsweise, wenn das Kind nach der Trennung der Eltern in etwa annähernd gleichwertigem Umfang bei beiden Elternteilen lebt, fort.
Wird eine Berechtigtenbestimmung nicht getroffen, so entscheidet auf Antrag das Familiengericht. Den Antrag kann jede Person oder Einrichtung stellen, die ein berechtigtes Interesse an der Zahlung des Kindergelds hat.
Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, so wird das Kindergeld vorrangig einem Elternteil gezahlt. Verzichtet der Elternteil schriftlich auf seinen Vorrang, so wird das Kindergeld an einen Großelternteil gezahlt.
Die in einer Erstausbildung stehende Anna, Mutter eines 2021 geborenen Kindes, führt mit ihren Eltern (= den Großeltern des Kindes) und ihren jüngeren Schwestern Berta und Cäcilie einen gemeinsamen Haushalt. Das Kindergeld für das Neugeborene ist vorrangig der Kindesmutter Anna auszuzahlen. Sie erhält im Falle der Antragstellung 219 EUR.
Bezieht der Großvater – von der Großmutter zum "Kin...