– Änderung in den für den Kindergeldanspruch maßgeblichen Verhältnissen
Treten in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen ein, so ist die Festsetzung des Kindergelds mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben oder zu ändern (§ 70 Abs. 2 Satz 1 EStG).
Von der Erteilung eines schriftlichen Änderungsbescheids kann abgesehen werden, wenn die Änderung einer Kindergeldfestsetzung nur auf einer Anhebung der in § 66 EStG geregelten Kindergeldbeträge beruht (§ 70 Abs. 2 Satz 2 EStG).
Eine Änderung in den für den Kindergeldanspruch maßgebenden Verhältnissen ist z. B. anzunehmen, wenn ein Kindergeldberechtigter, der zunächst Kindergeld von der Familienkasse der Agentur für Arbeit bezieht, in ein Arbeitsverhältnis oder Beamtenverhältnis zum öffentlichen Dienst wechselt. Die Familienkasse der Agentur für Arbeit ist berechtigt, die bisherige Kindergeldfestsetzung aufzuheben. Gleiches ist anzunehmen, wenn ein Beschäftigter aus einem Arbeitsverhältnis oder Beamtenverhältnis zum öffentlichen Dienst ausscheidet und die Zuständigkeit für die Festsetzung und Auszahlung des Kindergelds auf die Familienkasse der Agentur für Arbeit übergeht.
– Beseitigung materieller Fehler der Kindergeldfestsetzung
Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung folgenden Monat beseitigt werden.
Kein Ermessen bei der Korrektur der Kindergeldfestsetzung
Werden materielle Fehler bei der Festsetzung des Kindergelds festgestellt, so muss eine Fehlerkorrektur erfolgen. Nach dem Urteil des BFH vom 21.2.2018 räumt § 70 Abs. 3 EStG der Familienkasse kein Ermessen ein, sondern regelt die Aufhebung oder Neufestsetzung als gebundene Entscheidung.
Zwar enthalte § 70 Abs. 3 Satz 1 EStG im Wortlaut den Begriff "können", materielle Fehler "können" beseitigt werden. Der Begriff "können" beziehe sich aber lediglich auf die beiden Änderungsmöglichkeiten, die Neufestsetzung oder Aufhebung des Bescheids.
Konkret entschieden hat der BFH über den Fall, in dem für ein Kind, für das nach Vollendung des 25. Lebensjahres eine Behinderung attestiert wurde, Kindergeld bewilligt wurde. Behinderte Kinder werden über die Altersgrenze hinaus jedoch nur berücksichtigt, wenn die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist. Nach Auffassung des BFH ist die Entscheidung zu korrigieren, sofern die sonstigen Voraussetzungen des § 70 Abs. 3 EStG vorliegen. Ermessen ist der Familienkasse nicht eingeräumt.
Die Regelung in § 176 Abgabenordnung zum Vertrauensschutz bei der Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden ist entsprechend anzuwenden. Dies bedeutet:
Bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids darf nicht zuungunsten des Kindergeldberechtigten berücksichtigt werden, dass
- das Bundesverfassungsgericht die Nichtigkeit eines Gesetzes feststellt, auf dem die bisherige Festsetzung des Kindergelds beruht,
- ein oberster Gerichtshof des Bundes eine Norm, auf der die bisherige Steuerfestsetzung beruht, nicht anwendet, weil er sie für verfassungswidrig hält,
- sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes geändert hat, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden ist.
Des Weiteren darf bei der Aufhebung oder Änderung eines Kindergeldbescheids nicht zuungunsten des Kindergeldberechtigten berücksichtigt werden, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, einer obersten Bundes- oder Landesbehörde von einem obersten Gerichtshof des Bundes als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist.
Die Vertrauensschutzregelung gilt allerdings nicht für Monate, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Bundesgerichts beginnen.