§ 20 TV-V erfasst alle Ansprüche, die auf dem Arbeitsverhältnis beruhen und die der Arbeitgeber nicht erfüllt hat oder die dem Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer zustehen. Hierunter fallen die monatlich neu entstehenden Ansprüche, soweit es sich um laufende Ansprüche handelt. Nur bei einmaligen Leistungen (z. B. Sonderzahlung, Jubiläumsgeld) kann der gesamte Anspruch auf die Leistung untergehen. Auch Ansprüche auf Urlaubsabgeltung unterliegen der Ausschlussfrist, und zwar unabhängig davon, ob diese tarifvertraglich oder arbeitsvertraglich vereinbart ist.
Die in § 37 Abs. 2 TVöD vereinbarte Ausnahmeregelung, wonach die Ausschlussfrist nicht für Ansprüche aus einem Sozialplan im Sinne von § 112 BetrVG bzw. vergleichbarer Regelungen in Landespersonalvertretungsgesetzen gilt, ist auf den TV-V nicht übertragbar. Im Geltungsbereich des TV-V unterliegen demzufolge auch Ansprüche aus einem Sozialplan der 6-monatigen Ausschlussfrist.
Eine Besonderheit besteht aufgrund des Unabdingbarkeit des Mindestlohns, die nunmehr auch von den Tarifvertragsparteien im Rahmen des 14. Änderungstarifvertrages vom 30. August 2019 zum TV-V berücksichtigt worden ist (vgl. die nachfolgenden Erläuterungen zu § 20 Satz 3). Nach § 3 Satz 1 MiLoG sind Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, insoweit unwirksam. Das BAG hat hierzu Folgendes entschieden:
Zwar kann die Geltendmachung des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall trotz seiner Unabdingbarkeit nach § 12 EFZG grundsätzlich einer tariflichen Ausschlussfrist unterworfen werden. Eine solche ist jedoch nach § 3 Satz 1 MiLoG unwirksam, soweit sie auch den während der Arbeitsunfähigkeit fortzuzahlenden gesetzlichen Mindestlohn erfasst. Ein Verstoß gegen § 3 Satz 1 MiLoG führt demzufolge nur zu einer Teilunwirksamkeit der tarifvertraglichen Ausschlussfrist.
Die Ausschlussfrist bewirkt, dass die nicht fristgerecht oder nicht formgerecht geltend gemachten Ansprüche verfallen, also im Rechtssinne erlöschen. Das Erlöschen tritt mit dem Ablauf der Ausschlussfrist ein, ohne dass es dazu noch einer Willenserklärung oder einer sonstigen Handlung oder Maßnahme des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers bedarf. Damit unterscheidet sich die Wirkung der Ausschlussfrist von derjenigen der Verjährung. Diese lässt einen Anspruch nicht untergehen, sondern räumt dem Schuldner lediglich ein dauerhaftes Leistungsverweigerungsrecht ein (§ 214 Abs. 1 BGB). In der Praxis sind diese beiden Rechtsinstitute unbedingt voneinander zu unterscheiden. So ist z. B. ein vom Anspruchsgegner (Schuldner) erklärter Verjährungsverzicht ohne Einfluss auf den Lauf und Ablauf einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist.
Die Ausschlussfrist beträgt 6 Monate seit der Fälligkeit des Anspruchs. Der Anspruch wird zu dem Zeitpunkt fällig, in dem die Zahlung zu leisten ist und der Vertragspartner sie fordern kann (§ 271 BGB).
Fälligkeit im Sinne tariflicher Ausschlussfristen tritt nicht stets ohne Weiteres schon mit der Entstehung des Anspruchs ein. Entstanden ist ein Anspruch, wenn alle Voraussetzungen eingetreten sind, von denen er abhängt. Er wird fällig, wenn der Gläubiger die Leistung verlangen kann. Dieser Zeitpunkt kann auch erst nach dem Entstehen der Forderung liegen. Der Begriff der Fälligkeit in Ausschlussfristen ist unter Einbeziehung des Kenntnisstands des Gläubigers und subjektiver Zurechnungsgesichtspunkte interessengerecht auszulegen. Es muss dem Gläubiger tatsächlich möglich sein, seinen Anspruch geltend zu machen. Liegen die rechtsbegründenden Tatsachen für einen Zahlungsanspruch in der Sphäre des Schuldners, ist zu prüfen, ob der Gläubiger es durch schuldhaftes Zögern versäumt hat, sich Kenntnis von den Voraussetzungen zu verschaffen, die er für die Geltendmachung des Anspruchs benötigt.
Die Ausschlussfrist ist gemäß §§ 187, 188 BGB nach Monaten und nicht nach Kalendermonaten zu berechnen. Die Mitrechnung des Fälligkeitstages ist von der jeweiligen Tarifregelung abhängig.
Um die Ausschlussfrist zu wahren, waren die Ansprüche nach dem Wortlaut von § 20 Satz 1 in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung schriftlich geltend zu machen. Bei dieser Schriftform handelt es sich um eine im Sinne des von § 126 Abs. 1 BGB durch Gesetz vorgeschriebene Form, sodass eine dieser Form nicht entsprechende mündliche Geltendmachung wegen Verstoßes gegen eine gesetzliche Formvorschrift nach § 125 Satz 1 BGB nach dem Tarifwortlaut unwirksam wäre.
Allerdings ist die Geltendmachung in Textform (§ 126b BGB), also z. B. per E-Mail, ausreichend. Dies hat das BAG zu dem inhaltsgleichen § 70 Satz 1 BAT entschieden. Die Geltendmachung im Sinne einer Ausschlussfrist ist nach der Rechtsprechung des BAG keine Willenserklärung, sondern eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung. Normzweck und Interessenlage verlangen – so das BAG – nicht nach einer eigenhändigen Unterzeichnung der schriftlichen Erklärung durch Namensunterschrift des Arbeitnehmers. Aussch...