Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft sind Sonderformen der Arbeit, deren Hauptmerkmal darin besteht, dass sie jeweils außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit und ohne Anrechnung auf diese durchgeführt werden. Die Definition des Bereitschaftsdienstes in Absatz 3 ist inhaltsgleich mit derjenigen in § 7 Abs. 3 TVöD. Die Definition der Rufbereitschaft in Absatz 4 ist bis auf Satz 3 in § 7 Abs. 4 TVöD übernommen worden, wobei die veralteten Begriffe "Europieper" und "Funktelefon" in § 7 Abs. 4 Satz 2 TV-V durch den Begriff "Mobiltelefon" ersetzt worden sind (§ 7 Abs. 4 Satz 2 TVöD).
Die Pflicht des Arbeitnehmers zur Leistung von Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft ergibt sich aus § 8 Abs. 5.
Wer Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft leistet, leistet keine Überstunden. Arbeitsleistungen innerhalb der Rufbereitschaft werden zwar wie Überstunden bezahlt (§ 10 Abs. 3 Satz 4), sind aber keine, da sie nicht der Begriffsbestimmung in § 9 Abs. 7 entsprechen.
Sowohl Bereitschaftsdienst als auch Rufbereitschaft können im Falle der Einführung einer täglichen Rahmenzeit (§ 8 Abs. 7) gleichwohl während der Rahmenzeit beginnen, da der Begriff der "regelmäßigen Arbeitszeit" in § 9 Abs. 3 und § 9 Abs. 4 Satz 1 auf die individuelle Arbeitszeit des Arbeitnehmers abstellt. Die durch Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung eingeführte tägliche Rahmenzeit (§ 8 Abs. 7 Satz 1) ist nicht mit der regelmäßigen Arbeitszeit gleichzusetzen. Hieraus folgt zugleich, dass Arbeitsleistungen innerhalb der Rufbereitschaft selbst dann, wenn sie zeitlich gesehen noch innerhalb der Rahmenzeit liegen, nach § 10 Abs. 3 Satz 4 auf eine volle Stunde zu runden und wie Überstunden zu bezahlen sind. § 9 Abs. 8 Buchst. b ("außerhalb der Rahmenzeit") steht dem nicht entgegen, da die Arbeitsleistungen innerhalb der Rufbereitschaft eben keine Überstunden im Sinne von § 9 Abs. 7 bzw. 8 sind.
Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft leistet der Arbeitnehmer jeweils auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit, wobei sich der Arbeitnehmer
- bei Bereitschaftsdienst an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle,
- bei Rufbereitschaft an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle
aufhält, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen.
Abgrenzung Bereitschaftsdienst/Rufbereitschaft |
Bereitschaftsdienst |
Rufbereitschaft |
Anordnung des Arbeitgebers |
Anordnung des Arbeitgebers |
außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit |
außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit |
Stelle wird vom Arbeitgeber bestimmt |
Stelle ist dem Arbeitgeber anzuzeigen |
Aufnahme der Arbeit im Bedarfsfall |
Aufnahme der Arbeit auf Abruf |
Arbeit fällt regelmäßig an |
Arbeit fällt nur ausnahmsweise an |
Einzige tarifvertragliche Tatbestandsvoraussetzung und maßgebendes Unterscheidungskriterium von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft ist, ob der Arbeitgeber nach Maßgabe der von ihm getroffenen Anordnungen den Aufenthaltsort des Arbeitnehmers bestimmt oder ob dieser seinen Aufenthaltsort im Rahmen der durch den Zweck der Rufbereitschaft vorgegebenen Grenzen frei wählen kann. Im ersten Fall handelt es sich um Bereitschaftsdienst, im zweiten Fall um Rufbereitschaft.
Die Ergänzung in Absatz 4 Satz 2, wonach Rufbereitschaft nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber mit einem technischen Hilfsmittel (wie z. B. einem Europieper oder einem Handy) ausgestattet ist, meint eigentlich die Bezahlungspflicht der Rufbereitschaft trotz der Tatsache, dass sich der Arbeitnehmer wegen des Hilfsmittels nicht an einer bestimmten Stelle aufhalten muss, und folgt der Rechtsprechung des BAG zum Begriff der Rufbereitschaft in § 15 Abs. 6b BAT.
Da Rufbereitschaft jedoch nur dann sinnvoll ist, wenn der Arbeitnehmer im Einsatzfall in einer nützlichen Frist die Arbeit aufnehmen kann, kann bei "Handy-Rufbereitschaft" der Aufenthalt des Arbeitnehmers dahingehend eingeschränkt werden, dass er sich in einer entsprechend kurzen Entfernung zum Ort der Arbeitsaufnahme aufzuhalten hat. Die festzulegende Höchstreaktionszeit hängt dabei von den Gegebenheiten des Einzelfalls ab. Die Festlegung muss mindestens billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 BGB) entsprechen, besser ist eine einvernehmliche Regelung (Nebenabrede zum Arbeitsvertrag oder Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung). Generelle Festlegungen unterliegen der Mitbestimmung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bzw. nach dem jeweiligen Landespersonalvertretungsgesetz.
Bei Anordnung von Handy-Rufbereitschaft sollte eine Höchstreaktionszeit (Zeitspanne vom Ruf bis zur Arbeitsaufnahme) vereinbart werden.
Die im BAT enthaltene Einschränkung, wonach Rufbereitschaft nur angeordnet werden darf, wenn erfahrungsgemäß nur in Ausnahmefällen Arbeit anfällt (§ 15 Abs. 6b Satz 2 BAT), ist aufgrund des 10. Änderungstarifvertrages vom 1.4.2014 zum TV-V mit Wirkung vom 1.3.2014 in den TV-V aufgenommen worden, und zwar als neuer Satz 3 in Absatz 4. Die Regelung ist aus zwei Gründen überflüssig:
Zum einen ist der Arbeitnehmer nach § 8 Abs. 5 nur "im Rahmen begründeter betrieblicher Notwe...