Entscheidend für die Frage, ob Entgelt für Rufbereitschaft oder für Bereitschaftsdienst zu zahlen ist, ist nicht das Ausmaß der anfallenden Arbeitsleistung, sondern allein der Umfang der vom Arbeitgeber angeordneten Aufenthaltsbeschränkungen. Diese können auch konkludent erfolgen. Das ist z. B. anzunehmen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dadurch in der freien Wahl des Aufenthaltsortes beschränkt, dass er die Zeit zwischen Abruf und Arbeitsaufnahme genau vorgibt und die Zeitspanne dabei so kurz bemisst, dass sie einer Aufenthaltsbeschränkung gleichkommt. Wann dies der Fall ist, ist letztlich eine Frage des Einzelfalls.
Anders als im Bereich des BAT wird die Rufbereitschaft nach Absatz 3 mit einer Pauschale abgegolten, die von der konkreten Dauer der Rufbereitschaft unabhängig ist. Damit wurde im TV-V eine wesentliche Vereinfachung der Abrechnung von Rufbereitschaften möglich.
Rufbereitschaft wird mit einer täglichen Pauschale je Entgeltgruppe abgegolten (Satz 1). Eine Regelung zur Abgeltung stundenweise geleisteter Rufbereitschaft, wie in § 8 Abs. 3 Satz 7 bis 9 TVöD, enthält der TV-V nicht. Es entsteht in jedem Fall der Anspruch auf die Pauschale für eine Rufbereitschaft, selbst wenn diese nur wenige Stunden und nicht – wie zumeist üblich – die Zeit vom Arbeitsende des einen bis zum Arbeitsbeginn des nächsten Tages umfasst.
Das Pauschalentgelt für Rufbereitschaft beträgt nach Satz 2 für die Tage Montag bis Freitag das Zweifache, für Samstage, Sonn- und Feiertage das Vierfache des Stundenentgelts.
Da es ab dem 1. Januar 2023 nur noch eine einheitliche Stundenentgelttabelle für die Tarifgebiete West und Ost gibt, ist Absatz 3 Satz 2 durch den 17. Änderungstarifvertrag vom 22. April 2023 zum TV-V dahingehend angepasst worden, dass sich die Pauschale nach Maßgabe der Anlage 3 berechnet.
Maßgebend für die Bemessung der Pauschale nach Satz 2 ist der Tag, an dem die Rufbereitschaft beginnt (Satz 3).
Nach der Protokollerklärung zu § 10 Abs. 3 ist zur Ermittlung der Tage einer Rufbereitschaft, für die eine Pauschale gezahlt wird, auf den Tag des Beginns der Rufbereitschaft abzustellen.
Da eine Rufbereitschaft üblicherweise für den Zeitraum vom Arbeitsende bis zum Arbeitsbeginn am Folgetag angeordnet wird, ist der Tag, an dem die Rufbereitschaft beginnt, für die Pauschale maßgeblich, obwohl sich die Rufbereitschaft über 2 Kalendertage erstreckt. Bei Rufbereitschaften, die sich über mehrere Tage (z. B. das Wochenende) erstrecken, beginnt an jedem Folgetag eine neue Rufbereitschaft, mit Ausnahme des letzten Tages, an dem die Rufbereitschaft endet. Dies folgt aus der Niederschriftserklärung Nr. 6 zu § 10 Abs. 3. Danach sind sich die Tarifvertragsparteien zur Erläuterung von § 10 Abs. 3 und der dazugehörigen Protokollerklärung über folgendes Beispiel einig: Beginnt eine Wochenendrufbereitschaft am Freitag um 15.00 Uhr und endet am Montag um 7.00 Uhr, so erhält der Arbeitnehmer folgende Pauschalen: 2 Std. für Freitag, je 4 Std. für Samstag und Sonntag, keine Pauschale für Montag. Er erhält somit 10 Stundenentgelte.
Dies hat das BAG bestätigt, wobei dem entschiedenen Fall der Bezirkstarifvertrag für die kommunalen Nahverkehrsbetriebe Baden-Württemberg zugrunde lag, der eine solche klarstellende Regelung wie die Protokollerklärung zu § 10 Abs. 3 nicht enthält.
Rufbereitschaft von Dienstagabend bis Mittwochmorgen.
Ergebnis:
Eine Rufbereitschaft (Dienstag) wird pauschal mit dem Entgelt für 2 Stunden bezahlt.
Rufbereitschaft von Freitag ab Arbeitsende bis Montag bis zum Arbeitsbeginn.
Ergebnis:
Eine Rufbereitschaft (Freitag) wird mit dem Zweifachen und zwei weitere Rufbereitschaften (Samstag und Sonntag) werden je mit dem Vierfachen des Stundenentgelts bezahlt. Insgesamt erhält der Arbeitnehmer ein Pauschalentgelt für 10 (2+4+4) Stunden.
Daneben wird nach Satz 4 innerhalb der Rufbereitschaft jede angefangene Stunde angefallener Arbeit einschließlich der hierfür erforderlichen Wegezeiten auf eine volle Stunde gerundet und mit dem Entgelt für Überstunden sowie etwaiger (weiterer) Zeitzuschläge (Absatz 1) bezahlt. Entgelt für Überstunden ist das Stundenentgelt zuzüglich des Zeitzuschlags von 30 v. H. (Abs. 1 Satz 2 Buchst. a). Garantiezeiten, also eine sog. Stundengarantie, gibt es im TV-V im Gegensatz zu dem früheren Tarifrecht nicht mehr. Umstritten ist, ob wegen der Rundungsregel für "jede angefangene Stunde" auch zugleich die Zeit jeder Inanspruchnahme während der Rufbereitschaft gesondert aufzurunden ist oder ob zunächst die Zeiten mehrerer Inanspruchnahmen zusammenzurechnen sind und erst danach die Aufrundung erfolgt. Die Wortlautauslegung spricht eher dafür, jede Inanspruchnahme gesondert zu betrachten.
Während der Rufbereitschaft erfolgt 3-mal die Heranziehung zur Arbeitsleistung, und zwar im zeitlichen Umfang von 70 Minuten, von 15 Minuten und von 30 Minuten.
Bei Aufrundung jeder Inanspruchnahme ergibt sich eine entgeltpflichtige Zeit von 4 Stunden (2 + 1 + 1), bei Aufrundung nach der Additio...