Der TVöD enthält keinen eigenen originären tarifvertraglichen Forderungsübergang. Es greift die gesetzliche Regelung nach § 6 EFZG. Kann der Beschäftigte von einem Dritten aufgrund gesetzlicher Vorschriften Schadensersatz wegen Verdienstausfalls verlangen, so geht dieser Anspruch mit der Entgeltfortzahlung grundsätzlich auf den Arbeitgeber über. Der Übergang bewirkt, dass insoweit nicht mehr der Beschäftigte, sondern der Arbeitgeber Anspruchsinhaber ist und den Schadensersatz gegenüber dem Schädiger (ggf. auch klageweise) geltend machen kann.
Der Anspruchsübergang findet insoweit statt, wie der Arbeitgeber Arbeitsentgelt fortgezahlt hat. Zu berücksichtigen sind das Bruttoentgelt, wie es der Arbeitgeber nach Maßgabe des § 4 EFZG fortgezahlt hat, Entgelt für eventuelle Freistellungstage, die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, Beiträge zu Einrichtungen der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung.
Schadensersatzansprüche des Beschäftigten gehen nur insoweit auf den Arbeitgeber über, als dieser auf Grundlage des Entgeltfortzahlungsgesetzes Leistungen erbringt. Erbringt der Arbeitgeber darüber hinaus Leistungen (z. B. aufgrund des TVöD Krankengeldzuschuss, anteilige Jahressonderzahlung, anteiliges Urlaubsentgelt, Sterbegeld), so werden diese vom Anspruchsübergang nicht erfasst. Der Arbeitgeber kann sich solche Leistungen aber nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln über die Abtretung von Ansprüchen abtreten lassen.
Nicht vom Forderungsübergang erfasst werden u. a.:
- die Arbeitnehmer-Sparzulage
- immaterielle Schäden des Beschäftigten (z. B. Schmerzensgeld) sowie Sachschäden
- eigene Aufwendungen des Arbeitgebers aus Anlass des Schadensfalls wie z. B. die Kosten für die Schadensbearbeitung sowie sonstige Eigenschäden, die dem Arbeitgeber aufgrund der Arbeitsunfähigkeit des Beschäftigten entstehen
- Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung
- Beihilfen
Der Schadensersatzanspruch geht erst in dem Zeitpunkt und in dem Umfang auf den Arbeitgeber über, als dieser Entgeltfortzahlung tatsächlich leistet. Frühere Forderungsübergänge gehen also derjenigen an den Arbeitgeber vor. Dies kann beispielsweise relevant werden, wenn nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch ein Träger der Sozialversicherung Leistungen erbringt (z. B. Krankengeld bei Langzeiterkrankung). Für die Träger der Sozialversicherung gilt der günstigere § 116 SGB X, der den sofortigen Übergang des Anspruchs bei Entstehen anordnet. Genügt der Schadensersatzanspruch nicht, um die Leistungen von Sozialversicherung und Arbeitgeber zu decken, so bewirkt der spätere Forderungsübergang nach § 6 EFZG, dass der Sozialversicherungsträger zunächst zu befriedigen ist und der Arbeitgeber sich lediglich am verbleibenden Rest des Schadensersatzanspruchs schadlos halten kann.
Der Forderungsübergang findet ausnahmsweise nicht statt, wenn sich der Schadensersatzanspruch gegen einen in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitnehmer lebenden Familienangehörigen richtet. Sinn dieses Familienprivilegs ist es, die Familiengemeinschaft nicht durch Schadensersatzansprüche untereinander zu belasten. Das Familienprivileg wirkt auch zugunsten von Pflegekindern. Es soll jedoch nicht für im Haushalt lebende Lebensgefährten gelten.
Der Forderungsübergang kann ferner nicht zum Nachteil des Beschäftigten geltend gemacht werden (§ 6 Abs. 3 EFZG). Dieses Quotenvorrecht des Beschäftigten wirkt sich aus, wenn etwa der Beschäftigte aufgrund der Schädigung durch einen Dritten nicht nur einen Verdienstausfallschaden erleidet, sondern darüber hinaus Sachschaden- oder Schmerzensgeldansprüche gegen den Schädiger stellen kann und das Vermögen des Schädigers für die Befriedigung aller Ansprüche nicht ausreicht. Die gleiche Situation tritt auf, wenn die Haftung des Dritten aufgrund einer Haftungshöchstgrenze (z. B. § 12 Straßenverkehrsgesetz) oder aufgrund eines Mitverschuldens des Beschäftigten begrenzt ist. In all diesen Fällen hat der Arbeitnehmer ein Befriedigungsvorrecht.
Beim Forderungsübergang treffen den Beschäftigten auch Mitwirkungspflichten (§ 6 Abs. 2 EFZG). So hat er unverzüglich (= ohne schuldhaftes Zögern, § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) dem Arbeitgeber die zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlichen Angaben (Schadensursache, Schadenshergang, Schädiger, Zeugen, Urkunden) zu machen. Verletzt der Beschäftigte diese Pflicht, berechtigt dies den Arbeitgeber zur Leistungsverweigerung (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 EFZG). Der Beschäftigte darf schließlich den Forderungsübergang nicht dadurch unmöglich machen, dass er mit der Versicherung des Schädigers einen Abfindungsvergleich abschließt, der sämtliche aus dem Schadensfall herrührenden Ansprüche betrifft, obwohl er damit rechnen muss, dass infolge des schädigenden Ereignisses entgeltfortzahlungspflichtige Erkrankungen entstehen (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 EFZG). Der Arbeitgeber hat in diesen Fällen ein Rückforderungsrecht hinsichtlich der geleisteten Krankenbezüge gem. §§ 812ff. BGB aus ungerechtfertigter Bereicherung.