Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Schadenersatz, den er aufgrund gesetzlicher Vorschriften wegen Verdienstausfalls infolge Arbeitsunfähigkeit gegen Dritte hat, geht insoweit auf den Arbeitgeber über, als dieser dem Arbeitnehmer Krankenbezüge und sonstige Bezüge gezahlt und darauf entfallende Zusatzleistungen abgeführt hat. § 38 BAT entspricht insoweit dem gesetzlichen Forderungsübergang nach § 6 EFZG. Da der Anspruchsübergang nach § 6 EFZG jedoch in seinem Umfang auf die Entgeltfortzahlung begrenzt ist, die der Arbeitgeber aufgrund des Entgeltfortzahlungsgesetzes leistet, begründet der tarifliche Forderungsübergang nach § 38 BAT einen eigenen originären tarifvertraglichen Forderungsübergang für die "überschießenden" tariflichen Leistungen des Arbeitgebers sowohl was die Zeitdauer als auch den Umfang der Leistungen anbelangt, wie z.B. Krankenbezüge über 6 Wochen hinaus, Krankengeldzuschuss, anteilige Zuwendungen und anteiliges Urlaubsgeld etc.

Vom Forderungsübergang sind folgende Leistungen des Arbeitgebers erfasst:

  • Ersatz des Arbeitsentgelts in Höhe des Bruttogehalts[1] einschließlich des "Aufschlags"

    Zu Bruttoarbeitsentgelt gehören die steuerlichen Abzüge, die Sozialversicherungsbeiträge sowie die Umlage nach § 46 BAT zur Zusatzversorgung

  • Vermögenswirksame Leistungen
  • Anteilige Zuwendung nach dem Zuwendungs-TV

    Die Umrechnungsformel lautet:

  • Anteiliges Urlaubsgeld nach dem Urlaubsgeld-TV

    Die Umrechnungsformel lautet:

  • Anteiliges Urlaubsentgelt

    Der Erwerbsschaden bestimmt sich rechnerisch als der entsprechende Anteil des Urlaubsentgelts, der dem Verhältnis der Zeit der schädigungsbedingten Arbeitsunfähigkeit zu dem gesamten Urlaubsanspruch entspricht. Die Umrechnungsformel lautet bei einem Angestellten mit 30 Urlaubstagen in der 5-Tage-Woche und x Arbeitsunfähigkeitstagen:

    Der anteilige Urlaub beträgt daher

Nach Auffassung der BAT-Kommission sind in die Berechnung der anteiligen Urlaubsvergütung die jährliche Zuwendung und das Urlaubsgeld mit einzubeziehen, wobei bei dieser Berechnung nur der Arbeitszeitraum (365 bzw. 366 Tage abzüglich Urlaubszeit) zugrunde zu legen ist. Dies gibt für folgende Umrechnungsformeln:

Nicht vom Forderungsübergang erfasst werden:

  • die Arbeitnehmer-Sparzulage
  • immaterielle Schäden des Arbeitnehmers (z.B. Schmerzensgeld) sowie Sachschäden
  • eigene Aufwendungen des Arbeitgebers aus Anlass des Schadensfalles wie z.B. die Kosten für die Schadensbearbeitung sowie sonstige Eigenschäden, die dem Arbeitgeber aufgrund der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers entstehen
  • Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung
  • Beihilfen, Übergangsgeld, Sterbegeld

Der Forderungsübergang findet ausnahmsweise nicht statt, wenn sich der Schadenersatzanspruch gegen einen in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitnehmer lebenden Familienangehörigen richtet.[2] Sinn dieses Familienprivilegs ist es, die Familiengemeinschaft nicht durch Schadenersatzansprüche untereinander zu belasten. Das Familienprivileg wirkt auch zu Gunsten von Pflegekindern.[3] Es soll jedoch nicht für im Haushalt lebende Lebensgefährten gelten.[4]

Der Forderungsübergang kann ferner nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers geltend gemacht werden (§ 38 Abs. 3 BAT). Dieses Quotenvorrecht des Arbeitnehmers wirkt sich aus, wenn etwa der Arbeitnehmer aufgrund der Schädigung durch einen Dritten nicht nur einen Verdienstausfallschaden erleidet, sondern darüber hinaus Sachschaden- oder Schmerzensgeldansprüche gegen den Schädiger stellen kann und das Vermögen des Schädigers für die Befriedigung aller Ansprüche nicht ausreicht. Die gleiche Situation tritt auf, wenn die Haftung des Dritten aufgrund einer Haftungshöchstgrenze oder aufgrund eines Mitverschuldens des Arbeitnehmers begrenzt ist. In all diesen Fällen hat der Arbeitnehmer ein Befriedigungsvorrecht.

Beim Forderungsübergang treffen den Arbeitnehmer auch Mitwirkungspflichten (§ 38 Abs. 2 BAT). So hat er unverzüglich dem Arbeitgeber die zur Geltendmachung des Schadenersatzanspruches erforderlichen Angaben zu machen. Verletzt der Arbeitnehmer diese Pflicht, berechtigt dies den Arbeitgeber zur Leistungsverweigerung (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 EFZG). Der Arbeitnehmer darf schließlich den Forderungsübergang nicht dadurch unmöglich machen, dass er mit der Versicherung des Schädigers einen Abfindungsvergleich abschließt, der sämtliche aus dem Schadensfall herrührenden Ansprüche betrifft, obwohl er damit rechnen muss, dass infolge des schädigenden Ereignisses entgeltfortzahlungspflichtige Erkrankungen entstehen (§ 37 Abs. 4 BAT).[5] Der Arbeitgeber hat in diesen Fällen ein Rückforderungsrecht hinsichtlich der geleisteten Krankenbezüge gem. §§ 812 ff. BGB aus ungerechtfertigter Bereicherung.

[1] BGH, Urt. v. 16.11.1965 – VI ZR 197/84, AP Nr. 5 zu § 249 BGB.

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