Achim Stapf, Christoph Tillmanns
"Unkündbarkeit" bedeutet den Ausschluss der ordentlichen Kündigung seitens des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer seinerseits kann auch nach Eintritt seiner Unkündbarkeit ordentlich kündigen. Für seine Kündigung gilt die Frist von 6 Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres (§ 34 Abs. 1 TVöD).
Dem Arbeitgeber verbleibt das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund. Der wichtige Grund kann im Verhalten, in der Person oder in den betrieblichen Verhältnissen begründet sein.
Voraussetzungen der "Unkündbarkeit" sind:
- eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren
- auf die die Regelungen des Tarifgebiets West Anwendung finden
- Vollendung des 40. Lebensjahres
Die genannten 2 Voraussetzungen müssen beim Zugang der Kündigungserklärung vorliegen. Es genügt nicht, dass die Voraussetzungen erst in dem Zeitpunkt gegeben sind, zu dem die Kündigung das Arbeitsverhältnis beenden soll.
Kündigen Sie einem Beschäftigten kurz vor Erreichen der "Unkündbarkeit", besteht die Gefahr, dass die Kündigung als objektiv funktionswidrige Umgehung des tariflichen Kündigungsschutzes und daher als rechtsunwirksam angesehen wird. Als rechtsmissbräuchlich wurde z. B. eine Kündigung erklärt, bei der der Arbeitgeber kurz vor dem Eintritt der Unkündbarkeit ordentlich gekündigt hat, jedoch nicht zum nächstmöglichen Kündigungstermin, sondern erst zu einem späteren Termin und dem Arbeitgeber für einen derart frühzeitigen Ausspruch der Kündigungserklärung kein sachlich gerechtfertigter Grund zur Seite stand.
Als rechtsmissbräuchlich wurde auch die Herbeiführung des Wegfalls der für die weitere Beschäftigung eines Arbeitnehmers erforderlichen Drittmittel, um durch eine auf diesen Umstand gestützte Kündigung den Eintritt der Unkündbarkeit zu verhindern, angesehen. Sie sollten daher die Kündigung in einem gewissen zeitlichen Abstand vor Eintritt der "Unkündbarkeit" aussprechen. Ist dies nicht möglich, sollten Sie größtmögliche Sorgfalt darauf verwenden, alles zu vermeiden, was auf eine Umgehung des besonderen tariflichen Kündigungsschutzes hinweisen könnte.
Die Ermittlung der Beschäftigungszeit ist in § 34 Abs. 3 TVöD geregelt.
Beschäftigungszeit ist nach § 34 Abs. 3 TVöD die bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit, auch wenn sie unterbrochen ist. Unberücksichtigt bleibt die Zeit eines Sonderurlaubs gemäß § 28 TVöD, es sein denn, der Arbeitgeber hat vor Antritt des Sonderurlaubs schriftlich ein dienstliches oder betriebliches Interesse anerkannt. Zeiten bei anderen Arbeitgebern, auch wenn sie vom Geltungsbereich des TVöD erfasst sind, werden auf die Beschäftigungszeit nicht angerechnet, denn in § 34 Abs. 2 wird hinsichtlich der Beschäftigungszeit nur auf die Sätze 1 und 2 des Abs. 3 Bezug genommen, nicht hingegen auf den Satz, der die Anrechnung von Zeiten bei anderen Arbeitgebern beinhaltet. Die Anrechnung von Vorzeiten anderer Arbeitgeber auf die Beschäftigungszeit hat daher nur Bedeutung für den Krankengeldzuschuss und das Jubiläumsgeld und die Altersteilzeit.
Da die Voraussetzung der Unkündbarkeit an die Vollendung eines bestimmten Lebensalters anknüpft (Vollendung des 40. Lebensjahres), könnte fraglich sein, ob diese Regelung mit dem AGG vereinbar ist. Allerdings dürfte hier eine Rechtfertigung nach § 10 AGG eingreifen; denn Ziel des § 34 Abs. 2 TVöD ist es, Arbeitnehmern, die aufgrund ihres Alters Nachteile auf dem Arbeitsmarkt haben, da sie häufig weniger schnell eine Anschlussbeschäftigung erhalten, besonders zu schützen. Zudem ist die weitere Voraussetzung für das Eingreifen des Sonderkündigungsschutzes eine 15-jährige Beschäftigungszeit. Hierdurch wird deutlich, dass die Vorschrift auch darauf abzielt, eine längere Betriebszugehörigkeit zu belohnen. Zum Problem, dass sich hierdurch im Einzelfall ein grober Wertungswiderspruch ergibt, da durch die Herausnahme der ordentlich unkündbaren Mitarbeiter ggf. einem in der Sozialauswahl verbleibenden Beschäftigten gekündigt werden muss, obgleich er erheblich sozial schutzwürdiger ist, s. unter Punkt 13.5.