Von Beginn der Schwangerschaft an bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung besteht ein Kündigungsverbot für den Arbeitgeber (§ 17 MuSchG). Der besondere Kündigungsschutz gilt für alle Arten von Kündigungen – außerordentliche Kündigungen, Änderungskündigungen, Kündigungen des Insolvenzverwalters – unabhängig vom Kündigungsgrund, also auch bei einer Betriebsstilllegung.

Der besondere Kündigungsschutz gilt für alle Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen. Er gilt auch für die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten (§ 10 Abs. 2 BBiG), Heimarbeiterinnen und ihnen Gleichgestellte, wenn sich die Gleichstellung auf § 29 des Heimarbeitsgesetzes erstreckt (§ 17 Abs. 1 Satz 2 MuSchG).

5.1.1 Beginn des Kündigungsverbots

Schwangerschaft ist die Zeit von der Einnistung der befruchteten Eizelle (Nidation) bis zur Entbindung, einer Fehlgeburt oder einem Schwangerschaftsabbruch. Bei künstlicher Befruchtung beginnt der Kündigungsschutz, wenn die befruchteten Samenzellen in die Gebärmutter eingepflanzt worden sind.[1] Dieses Kündigungsverbot gilt auch während der Probezeit und während der ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnisses. Es erfasst auch Frauen, mit denen der Arbeitsvertrag bereits abgeschlossen wurde, deren Arbeitsverhältnis jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt beginnen soll.[2] Zur Feststellung des Beginns der Schwangerschaft ist vom Zeugnis der Hebamme oder des Arztes auszugehen und von dem dort angegebenen voraussichtlichen Tag der Niederkunft 280 Tage zurückzurechnen, wobei der voraussichtliche Entbindungstag nicht mitzurechnen ist.[3] Dadurch wird der besondere Kündigungsschutz schon auf Zeiten vor der Nidation ausgedehnt, was die Rechtsprechung hinnimmt. Nur dann, wenn die Annahme einer Schwangerschaft nach dieser Berechnungsregel zu offensichtlich medizinisch unhaltbaren Ergebnissen führt (Annahme einer Schwangerschaft schon vor der letzten Regelblutung der Frau), kann nicht von einer Schwangerschaft ausgegangen werden. Ggf. hat die Arbeitnehmerin, die sich auf die Schwangerschaft beruft, ihren Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden.[4]

5.1.2 Kenntnis des Arbeitgebers

Das Kündigungsverbot setzt voraus, dass dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft bekannt war oder sie ihm binnen 2 Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Worauf die Kenntnis beruht – z. B. Attest, eigene Wahrnehmung, zufällige Information durch Arbeitskollegen – ist unerheblich. Der eigenen Kenntnis des Arbeitgebers steht gleich die Kenntnis von Personen, die den Arbeitgeber im Rahmen des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Arbeitnehmer vertreten wie z. B. Personalleiter, Personalsachbearbeiter. Die Mitteilung gegenüber dem Dienstvorgesetzten genügt grundsätzlich nicht. Etwas anderes gilt dann, wenn in dem Betrieb die Übung besteht, dass die Schwangerschaft dem jeweiligen Dienstvorgesetzten angezeigt wird. Nicht ausreichend ist die Mitteilung an den Betriebsrat/Personalrat oder an Kollegen.

Darlegungs- und beweispflichtig für die Kenntnis des Arbeitgebers ist die Arbeitnehmerin.

Hatte der Arbeitgeber bei Kündigungserklärung keine Kenntnis von der Schwangerschaft, genügt zur Erlangung des besonderen Kündigungsschutzes die Mitteilung der Schwangerschaft binnen 2 Wochen nach Zugang der Kündigung (§ 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG).

Eine Überschreitung der Frist ist unschädlich, wenn die Überschreitung auf einem von der Arbeitnehmerin nicht zu vertretenden Grund beruht und sie die Mitteilung unverzüglich nachholt (§ 17 Abs. 1 Satz 2 MuSchG).

Nicht zu vertreten hat sie die Fristüberschreitung, wenn sie während der Frist noch keine Kenntnis von der Schwangerschaft hatte oder sie zwar Kenntnis hatte, aber an einer rechtzeitigen Mitteilung unverschuldet gehindert war, z. B. weil sie wegen eines Krankenhausaufenthalts oder wegen Urlaubs von der Kündigung keine Kenntnis hatte. Auch genügt die rechtzeitige Absendung mit normaler Post. Verzögerungen bei der Übermittlung gehen nicht zu ihren Lasten.[1] Sie braucht sich auch ein etwaiges Verschulden ihres Bevollmächtigten nicht anrechnen lassen.[2] Schuldhaft handelt hingegen die Arbeitnehmerin, wenn sie zwingende – nicht nur naheliegende – Anhaltspunkte für das Bestehen einer Schwangerschaft ignoriert und ihren Zustand nicht ärztlich abklärt.[3] Sie darf hingegen trotz Kenntnis der Schwangerschaft die Bestätigung des Arztes mit dem Datum des voraussichtlichen Geburtstermins abwarten.

Bei der Prüfung der Unverzüglichkeit der Nachholung der Mitteilung billigt das BAG der Arbeitnehmerin im Regelfall einen Überlegungszeitraum von 1 Woche zu.[4]

Für den Kündigungsschutz genügt die Mitteilung, dass eine Schwangerschaft bestehe oder vermutet werde. Der objektive Nachweis der Schwangerschaft ist auf Verlangen des Arbeitgebers binnen angemessener Frist (etwa zwei Wochen) nachzureichen. Versäumt die Arbeitnehmerin den fristgerechten Nachweis, verliert sie dennoch nicht den Kündi...

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