Achim Stapf, Christoph Tillmanns
Greift das Kündigungsschutzgesetz, ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 1 KSchG). Sozial ungerechtfertigt (sozialwidrig) ist eine Kündigung dann, wenn es für sie keinen (ausreichenden) Grund gibt. Wann ein ausreichender Grund für eine Kündigung vorliegt, ergibt sich aus § 1 Abs. 2 KSchG.
Hinsichtlich der Gründe der Sozialwidrigkeit der Kündigung unterscheidet das KSchG 2 Gruppen.
Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine ordentliche Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die
bedingt ist.
Diese Gründe werden als relative Gründe für die Sozialwidrigkeit bezeichnet, weil hier grundsätzlich eine umfassende Interessenabwägung nötig ist, die den Besonderheiten des Einzelfalls gerecht wird.
Bei Mischtatbeständen (ein Kündigungssachverhalt berührt mehrere Kündigungsbereiche, ist z. B. personen- wie betriebsbedingt) richtet sich der Prüfungsmaßstab in erster Linie danach, aus welchem Bereich die Störung stammt.
Einer angestellten Lehrkraft im Bereich Sport, die nur eine unzureichende Ausbildung aufweist, wird gekündigt, weil der Schule nun ein ordnungsgemäß ausgebildeter Sportlehrer zugewiesen wird. Es liegt hierbei ein Mischtatbestand von personen- und betriebsbedingten Kündigungsgründen vor, bei dem der betriebsbedingte Grund überwiegt. Es stellt primär ein betriebliches Erfordernis dar, dass als Lehrer grundsätzlich Beamte oder zumindest Angestellte mit der für die Laufbahn vorgeschriebenen Ausbildung beschäftigt werden.
Liegen mehrere voneinander unabhängige Kündigungsgründe vor, ist zunächst zu prüfen, ob der jeweilige Kündigungsgrund für sich genommen geeignet ist, die Kündigung sozial zu rechtfertigen. Ist dies zu verneinen, liegt kein Kündigungsgrund vor. Eine "Addition" von an sich für eine Kündigung unzureichenden Gründen in der Summe zu einem Kündigungsgrund ist nicht möglich. Jedoch lassen die unterschiedlichen Kündigungsgründe trotz ihrer Verschiedenheit u. U. Rückschlüsse auf bestimmte Eigenschaften oder negativ zu bewertende Einstellungen des Arbeitnehmers zu, wie z. B. schlechte Arbeitsmoral, generell leichtfertiger Umgang mit ihm anvertrauten wertvollen Maschinen des Arbeitgebers u. a., die dann für sich genommen die Kündigung tragen. Ansonsten können sie auch in der Interessenabwägung eine Rolle spielen.
Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG ist die Kündigung auch sozial ungerechtfertigt, wenn sie gegen bestimmte Vorschriften des Betriebsverfassungs- bzw. Personalvertretungsrechts verstößt und der Betriebsrat bzw. Personalrat aus einem dieser Gründe der Kündigung fristgerecht schriftlich widersprochen hat (vgl. Punkt 10 Besondere Fälle der Sozialwidrigkeit). Der Widerspruch der Personalvertretung/Betriebsrat führt zu einem absoluten Sozialwidrigkeitsgrund. Die sonst erforderliche Interessenabwägung entfällt.
Die Kündigungsschutzvorschriften sind zwingend. Auf den Kündigungsschutz kann daher im Voraus nicht verzichtet werden. Nach Ausspruch der Kündigung ist ein Verzicht zulässig, z. B. durch Abschluss eines Verzichtsvertrags oder durch Abgabe einer ausdrücklichen Verzichtserklärung in einer Ausgleichsquittung (vgl. Auflösungsvertrag/Abfindung).