Der Kündigung vorgeschaltet ist die Pflicht zur Prävention nach § 84 SGB IX (vgl. Schwerbehinderte Menschen). Kommt es doch zu einer Kündigung eines schwerbehinderten Menschen oder eines ihm Gleichgestellten ist die Schwerbehindertenvertretung rechtzeitig wie umfassend zu informieren und zu hören. Ein Verstoß hiergegen führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.
Wirksamkeitserfordernis ist hingegen die vorherige Zustimmung durch das Integrationsamt, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Kündigung länger als sechs Monate bestanden hat.
Die Zustimmungsbedürftigkeit gilt auch für Änderungskündigungen, Massenentlassungen (auch wenn Landesarbeitsamt nach § 18 KSchG genehmigt hat) sowie für die Einführung von Kurzarbeit, wenn damit eine Änderungskündigung verbunden ist.
Der Sonderkündigungsschutz findet keine Anwendung für die in § 73 Abs. 2 Nr. 2-6 SGB IX aufgezählten besonderen Arbeitnehmergruppen sowie für die in § 90 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX genannten älteren Arbeitnehmer.
Eine Kündigung oder sonstige Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der ersten 6 Monate bedarf keiner Zustimmung, ist aber dem Integrationsamt anzuzeigen (§ 90 Abs. 3 SGB IX). Anzeigepflichtig ist auch eine auf 6 Monate befristete Einstellung eines schwerbehinderten Menschen zur Probe.
Kündigungsschutz besteht, wenn bei Zugang der Kündigung
- die Schwerbehinderteneigenschaft offenkundig ist oder
- die Schwerbehinderteneigenschaft bzw. deren Gleichstellung bereits festgestellt ist oder
- ihre Feststellung beantragt und später rückwirkend festgestellt wird. In diesem Fall ist allerdings zusätzlich erforderlich, dass der Arbeitnehmer seinen Mitwirkungspflichten so nachgekommen ist, dass dem Versorgungsamt eine Entscheidung innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Fristen möglich gewesen wäre. Das Versorungsamt oder die sonst zuständige Behörde hat die Behinderung, wenn ein Gutachten für die Feststellung erforderlich ist, binnen drei Wochen nach Antragseingang festzustellen (entsprechend § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IX). Ist ein Gutachten erforderlich, ist unverzüglich ein geeigenter Sachverständiger zu beauftragen. Das Gutachten ist innerhalb von zwei Wochen nach Auftragserteilung zu erstellen. Innerhalb zweier weiterer Wochen nach Vorliegen des Gutachtens ist die Feststellung der Behinderung zu treffen (entsprechend § 14 Abs. 2 Satz 4 SAB IX). Wird diese Frist wegen fehlender Mitwirkung nicht gewahrt, entfällt der besondere Kündigungsschutz (§ 90 Abs. 2a SGB IX) Mit dieser Regelung soll ausgeschlosssen werden, dass ein besonderer Kündigungsschutz auch für den Zeitraum gilt, in dem ein aussichtsloses Anerkennungsverfahren betrieben wird. Der Arbeitgeber hat die Voraussetzungen von § 90 Abs. 2a darzulegen und zu beweisen. Er wird eine entsprechende Auskunft des Versorgungsamtes wohl schwerlich erhalten, da eine Auskunftspflicht nicht besteht. Daher muss er im Zweifelsfall davon ausgehen, dass ein vor dem Kündigungszeitpunkt gestellter Antrag den besonderen Kündigungsschutz nach den §§ 85 ff. SGB IX zur Folge hat. Insofern ist diese Bestimmung für die Praxis wenig hilfreich und wird die missbräuchliche Verzögerung des Antragsverfahrens durch den Arbeitnehmer nicht unterbinden.
- Ausnahmsweise auch bei Zugang der Kündigung vor Antragstellung, wenn der schwerbehinderte Mensch bereits vor dem Ausspruch der Kündigung den Arbeitgeber über seine körperlichen Beeinträchtigungen informiert und über die beabsichtigte Antragstellung beim Versorgungsamt in Kenntnis gesetzt hat. In einem solchen Fall hat nach Auffassung des BAG der schwerbehinderte Mensch ausreichend zu erkennen gegeben, dass er den Schwerbehindertenschutz in Anspruch nehmen will. Das Weitere kann nicht davon abhängen, ob er den Antrag tatsächlich noch vor dem Zugang der Kündigung einreichen kann oder ob es der Arbeitgeber schafft, vorher die Kündigung zu erklären. Spricht der Arbeitgeber in Kenntnis dieser Umstände zeitnah eine Kündigung aus - insbesondere um einer befürchteten Antragstellung und Anerkennung des Arbeitnehmers als Schwerbehinderter zuvorzukommen - so muss er sich nach den Umständen des Einzelfalles entsprechend dem Rechtsgedanken des § 162 BGB so behandeln lassen, als habe der Schwerbehinderte den Antrag vor dem Zugang der Kündigung gestellt (BAG, Urt. v. 07.03.2002 - 2 AZR 612/00). Auch in diesem Fall greift die zuvor dargestellte Regelung des § 90 Abs. 2a SGB IX.
Die Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwerbehinderteneigenschaft bei Ausspruch der Kündigung ist für den Kündigungsschutz unerheblich. Allerdings verliert der Arbeitnehmer den Kündigungsschutz, wenn er nicht innerhalb einer Regelfrist von einem Monat nach Zugang der Kündigung dem Arbeitgeber den Bescheid oder die Antragstellung mitteilt.
Die fehlende Zustimmung des Integrationsamtes bewirkt die Unwirksamkeit der Kündigung. Der Arbeitgeber muss, will er an der Kündigung festhalten, nun die Zustimmung des Integrationsamtes einholen, erneut den Betriebsrat anhören und anschließend wieder kündigen.
Bei einer ordentlichen K...