Caroline Charissé, Jutta Schwerdle
Bindung an den TV-L oder den Tarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe
- Das Land beabsichtigt, für die Beschäftigten der Staatstheater, die mindestens noch bis zum Ende der laufenden Spielzeit geschlossen sein werden, Kurzarbeit einzuführen.
- Das Studierendenwerk, das auf die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten den TV-L anwendet, will aufgrund der Schließung der Mensen für die dort Beschäftigten Kurzarbeit anordnen.
- Eine GmbH betreibt in einem Freizeitbad eine Gaststätte. Der Arbeitgeber unterliegt dem für Allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag des Hotel- und Gaststättengewerbes.
Bei Arbeitgebern, die außerhalb des Geltungsbereichs des TVöD-VKA normativ, d. h. durch Mitgliedschaft im tarifschließenden Arbeitgeberverband oder als Tarifvertragspartei in einem Haustarifvertrag, tarifgebunden sind und deren Tarifvertrag keine Regelungen zur Kurzarbeit vorsieht, stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit der Einführung von Kurzarbeit. Gleiches gilt für Arbeitgeber, die den TV-L oder einen anderen Tarifvertrag, der keine Regelung zur Kurzarbeit vorsieht, arbeitsvertraglich einbezogen haben.
In Einrichtungen, in denen ein Betriebsrat gewählt ist, kann Kurzarbeit auf Basis einer mit dem zuständigen Betriebsrat geschlossenen Betriebsvereinbarung angeordnet werden. Die Betriebsvereinbarung unterliegt nicht der Tarifsperre des §§ 77 Abs. 3 BetrVG und wirkt – auch zulasten der Arbeitnehmer – unmittelbar und zwingend in die unter den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung fallenden Arbeitsverhältnisse hinein. Auf die Ausführungen hierzu in Ziffer 7.1 wird verwiesen.
In Einrichtungen mit gewählten Personalratsgremien scheidet die Einführung von Kurzarbeit über eine Dienstvereinbarung grundsätzlich aus. Anderes gilt nur in den Bundesländern Bremen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Sachsen-Anhalt. Dort unterliegt die Einführung von Kurzarbeit der Mitbestimmung der Personalräte (näher Ziffer 7.2.2). Entsprechend können hier Dienstvereinbarungen zur Einführung der Kurzarbeit abgeschlossen werden. Hinsichtlich der Einzelheiten zu der personalvertretungsrechtlichen Situation in allen anderen Bundesländern und im Geltungsbereich des Bundespersonalvertretungsgesetzes wird auf die Ausführungen in Ziffer 7.2.3 verwiesen.
Im Übrigen ist in Erwägung zu ziehen die Einführung von Kurzarbeit durch vertragliche Vereinbarungen mit den betroffenen Arbeitnehmern. Problematisch könnte dies sein, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer beiderseits tarifgebunden sind an einen Tarifvertrag, der Kurzarbeit nicht regelt. In diesem Fall gelten die tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen unmittelbar und zwingend. Dies bedeutet grundsätzlich, dass vom jeweiligen Tarifvertrag abweichende vertragliche Vereinbarungen nur zulässig sind, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten (vgl. § 4 Abs. 1 und Abs. 3 Tarifvertragsgesetz).
Nach hier vertretener Auffassung ist die arbeitsvertragliche Einführung von Kurzarbeit jedoch auch ohne explizite Öffnungsklausel eines Tarifvertrags zulässig. Schließlich wird durch Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Einführung der Kurzarbeit das durch den Tarifvertrag gesicherte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht zuungunsten des Arbeitnehmers verändert. Vielmehr vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien in jedem Einzelfall im Grunde ein vorübergehendes Teilzeitarbeitsverhältnis oder bei Kurzarbeit "null" eine vorübergehende Suspendierung der Hauptleistungspflichten. Dieses muss – unabhängig von dem Instrument der Kurzarbeit – einvernehmlich selbstverständlich möglich sein. Bei Kurzarbeit wird durch den Arbeitgeber für die geleistete (wenn nun auch wegen der Kurzarbeit reduzierte) Arbeitszeit das pro Stunde geschuldete Entgelt gezahlt.