Caroline Charissé, Jutta Schwerdle
Nach § 96 Abs. 4 SGB III gilt ein Arbeitsausfall nur dann als nicht vermeidbar, wenn in einem Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern. Als vermeidbar gilt nach Nr. 2 der genannten Vorschrift insbesondere ein Arbeitsausfall, der ‹durch die Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ganz oder teilweise verhindert werden kann, soweit vorrangige Urlaubswünsche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Urlaubsgewährung nicht entgegenstehen›.
Somit sind auch bei Zuweisung des Urlaubs, um die Voraussetzungen der Kurzarbeit zu erreichen, die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG zu berücksichtigen. Die Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit drücken dies ebenfalls aus.
§ 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG bestimmt:
"Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen."
Üblicherweise beantragen die Arbeitnehmer die Gewährung von Urlaub zum gewünschten Urlaubszeitpunkt. Der Arbeitgeber kann jedoch auch ohne Geltendmachung durch den Arbeitnehmer den Urlaub festsetzen. Der Arbeitgeber ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG verpflichtet, den Urlaub durch Festsetzung des Urlaubszeitraums zu gewähren. So ist die Befugnis des Arbeitgebers anerkannt, den Urlaub auch ohne Urlaubswunsch des Arbeitnehmers festzulegen.
Hat der Arbeitnehmer keine Urlaubswünsche angemeldet, so ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer anzuhören oder seine Urlaubswünsche zu erfragen, um den Urlaubszeitraum von sich aus zu bestimmen. Ist der Arbeitnehmer vor der Festlegung nicht gefragt worden, hat der Arbeitnehmer unverzüglich mitzuteilen, dass er mit der Festlegung durch den Arbeitgeber nicht einverstanden ist. Der 5. Senat des BAG versteht dies als Annahmeverweigerungsrecht des Arbeitnehmers, das keiner Begründung bedarf. Der für das Urlaubsrecht zuständige 9. Senat des BAG verlangt, dass der Arbeitnehmer zugleich entsprechend § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG seine eigenen Urlaubswünsche mitteilen muss, wobei der Arbeitnehmer allerdings seine Urlaubswünsche nicht zeitlich konkret benennen muss.
Beispiel:
Der Arbeitgeber möchte anlässlich der Coronavirus-Pandemie kurzfristig 4 Wochen Urlaub festsetzen.
Der Arbeitnehmer erklärt, er möchte 3 Wochen Urlaub in der Sommerschulferienzeit 2020. Der genaue Zeitraum stehe noch nicht fest. Ein anderer Arbeitnehmer erklärt, er plane eine längere Auslandsreise im Zeitraum Oktober bis Dezember 2020. Beide Erklärungen genügen als Ablehnung.
Ist der Arbeitnehmer bei Benennung eines eigenen Urlaubswunsches mit der Festsetzung des Arbeitgebers nicht einverstanden, so kann der Arbeitgeber den Urlaub in dem von ihm vorgesehenen Zeitraum nur dann festlegen, wenn dies aus dringenden betrieblichen Gründen oder im Hinblick auf die Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer notwendig ist.
Dem Arbeitgeber wird – jedenfalls in Vorbereitung der Einführung von Kurzarbeit – zumindest bezüglich etwaiger Resturlaubsansprüche aus 2019 oder den Vorjahren ein Recht zur einseitigen Festsetzung des Urlaubs zuzusprechen sein, zumal die Agentur für Arbeit die Anordnung solcher Urlaubsansprüche zur Voraussetzung für die Gewährung von Kurzarbeitergeld macht. Abweichende Wünsche des Arbeitnehmers dürften der Erteilung des Urlaubs nur sehr selten entgegenstehen. Darüber hinaus sieht die Agentur für Arbeit auch eine Schadensminderungspflicht des einzelnen Arbeitnehmers gerade im Rahmen des Einbringens von Urlaubsansprüchen (Fachliche Weisungen der Agentur für Arbeit Ziffer 2.6. (2) mit Verweis auf die Regelungen zur Inanspruchnahme von Urlaub). Der Abbau von Resturlaub wird regelmäßig in der Kurzarbeitsvereinbarung geregelt.
Für Zeiten der Kurzarbeit aufgrund der Corona-Krise wird derzeit von der Bundesagentur für Arbeit nicht der Abbau von Urlaubsansprüchen für das Jahr 2020 verlangt.