Verfahrensgang

ArbG Reutlingen (Beschluss vom 15.11.1990; Aktenzeichen 1 BV 9/90)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 15.11.1990 – 1 BV 9/90 – aufgehoben.

2. Die Zustimmung des Betriebsrats zu den Einstellungen der Arbeitnehmer/-innen … und … wird ersetzt.

3. Es wird festgestellt, daß die am 01.10.1990 vorgenommenen vorläufigen Einstellungen aus sachlichen Gründen dringend geboten waren.

4. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

5. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Zwischen der Arbeitgeberin (Antragstellerin/Beschwerdeführerin) und ihren Betriebsrat (Antragsgegner/Beschwerdegegner) besteht Streit darüber, ob der Betriebsrat die Zustimmung zur befristeten Einstellung von fünf Arbeitnehmer/-innen zu Recht verweigert hat, sowie darüber, ob es für die Arbeitgeberin aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, die Einstellungen vorläufig durchzuführen.

Für die Arbeitgeberin gilt kraft Tarifbindung unter anderem der Manteltarifvertrag für Arbeiter und Angestellte in der Metallindustrie in Südwürttemberg-Hohenzollern in der ab 01.04.1990 gültigen Fassung (im folgenden als MTV bezeichnet), den sie in ihrem Betrieb ausnahmslos anwendet. Dieser Tarifvertrag enthält hinsichtlich der Einstellung von Arbeitnehmern unter anderem folgende Bestimmungen:

2.1 Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung, Versetzung und Kündigung richtet sich nach den Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes und bleibt durch diesen Tarifvertrag unberührt.

2.2 Absatz 3:

Arbeitsverhältnisse sollen grundsätzlich auf unbestimmte Zeit, sie können aber auch befristet abgeschlossen werden.

Protokollnotiz:

Die Tarifvertragsparteien sind übereinstimmend der Auffassung, es laufe dem Ziel, Arbeitsverhältnisse grundsätzlich unbefristet abzuschließen, entgegen, wenn auf Arbeitsplätzen, die auf Dauer angelegt sind, regelmäßig nur befristet eingestellt würde.

Im übrigen wird wegen des Tarifwortlauts insgesamt auf die Anlage Blatt 60 der Akten verwiesen.

Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat am 27.09.1990 von ihrer Absicht unterrichtet, zum 01.10.1990 fünf Arbeitnehmer/-innen, nämlich … und … befristet auf ein Jahr einzustellen und um die Zustimmung hierzu gebeten. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zu dieser Personalmaßnahme mit Schreiben vom 28.09.1990 unter Hinweis auf die Protokollnotiz zu § 2.2 des MTV im wesentlichen mit der Begründung verweigert, es sei kein sachlicher Grund für eine befristete Einstellung der genannten Arbeitnehmer/-innen gegeben, weil es sich ausschließlich um Dauerarbeitsplätze handle. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben des Betriebsrats vom 28.09.1990 (Ablichtung Blatt 10 der Akten) verwiesen. Die Arbeitgeberin hat dem Betriebsrat daraufhin unter dem 28.09.1990 schriftlich unter anderem mitgeteilt, es sei aus betrieblichen Gründen dringend erforderlich, die genannten Mitarbeiter/-innen gemäß § 100 BetrVG vorläufig einzustellen. Auf die Ablichtung dieser Mitteilung (Blatt 9 der Akten) wird Bezug genommen. Der Betriebsrat hat daraufhin gegenüber der Arbeitgeberin durch Schreiben vom 02.10.1990, das der Arbeitgeberin am selben Tage zugegangen ist, bestritten, daß die vorläufige Durchführung der Einstellung der genannten Arbeitnehmer/-innen aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ablichtung des genannten Schreibens (Blatt 8 der Akten) Bezug genommen.

Mit ihrem Antrag vom 04.10.1990, der beim Arbeitsgericht am 05.10.1990 eingegangen ist, beantragt die Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung der genannten fünf Arbeitnehmer/-innen zu ersetzen. Sie beantragt außerdem die Feststellung, daß die vorläufigen Einstellungen, die sie am 01.10.1990 vorgenommen hat, aus sachlichen Gründen erforderlich waren.

Die Arbeitgeberin hat geltend gemacht, ihre Absicht, die genannten Arbeitnehmer/-innen befristet auf ein Jahr einzustellen, sei kein Grund im Sinne von § 99 Absatz 2 BetrVG, der den Betriebsrat berechtige, seine Zustimmung zur Einstellung zu versagen. Die Befristung der Arbeitsverhältnisse regle auch vorliegend nur die eventuelle spätere Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Einstellung als solche sei daher nicht wegen der Befristung rechtswidrig. § 2.2 MTV verbiete im übrigen den Abschluß befristeter Arbeitsverträge nicht; diese Tarifbestimmung lasse im Gegenteil den Abschluß befristeter Arbeitsverträge ausdrücklich zu. Die Arbeitgeberin hat die betrieblichen Gründe vorgetragen, aus denen ihrer Auffassung nach die vorläufige Einstellung der genannten fünf Arbeitnehmer/-innen aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

Die Arbeitgeberin/Antragstellerin hat beantragt:

  1. Die vom Antragsgegner verweigerte Zustimmung zur Einstellung der Beteiligten zu Ziffer 3 zu ersetzen,
  2. festzustellen, daß die am 01.10.1990 vorgenommenen vorläufigen Einstellungen aus sachlichen Gründen erforderlich waren.

Der Betriebsrat/Antragsgegner hat beantragt,

die Anträ...

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