rechtakräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage der Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrats zur befristeten Einstellung bei Verstoß der Befristung gegen Tarifvertrag
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 13.01.1993; Aktenzeichen 9 BV 14/92) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2), des Betriebsrates, wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13.01.1993 – Az.: 9 BV 14/92 – abgeändert:
Die Anträge der Beteiligten zu 1), der Arbeitgeberin, werden zurückgewiesen.
Es wird festgestellt, daß der Beteiligte zu 2), der Betriebsrat, bei befristeten Einstellungen eines Arbeitnehmers seine Zustimmung gemäß § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG im Einzelfall verweigern kann mit der Begründung, die Befristung sei wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 6 des MTV für die Beschäftigten des Berufsfortbildungswerkes Gemeinnützige Bildungseinrichtung des DGB GmbH vom 1. April 1990 unzulässig.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des beteiligten Betriebsrates, seine Zustimmung zu befristeten Einstellungen mit der Begründung zu verweigern, die Befristung verstoße gegen den Tarifvertrag.
Die Beteiligte zu 1), die Arbeitgeberin, ist eine bundesweit tätig werdende gemeinnützige Bildungseinrichtung mit diversen regionalen Bezirksgeschäftsstellen, die Maßnahmen der beruflichen Bildung durchführt. Der Beteiligte zu 2) ist der in der Bezirksgeschäftsstelle Hamburg der Arbeitgeberin bestehende Betriebsrat.
Für die Durchführung ihrer Maßnahmen hat die Arbeitgeberin keine andere finanzielle Grundlage als Leistungen des Arbeitsamtes. Alle Beschäftigten werden aus öffentlichen Mitteln finanziert. In Hamburg sind dies insgesamt 150 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf 120 ganzen Stellen. Bei den Bildungsmaßnahmen, die von der Arbeitgeberin im Bereich ihrer Hamburger Geschäftsstelle durchgeführt werden, handelt es sich zu 60 % um Auftragsmaßnahmen des Arbeitsamtes. Hierbei werden keine Teilnahmegebühren erhoben. Die Finanzierung erfolgt ausschließlich durch das Arbeitsamt. Auch die Personalkosten werden der Hamburger Geschäftsstelle vom Arbeitsamt erstattet. Zu 40 % führt die Hamburger Geschäftsstelle der Arbeitgeberin freie, von ihr selbst organisierte Maßnahmen durch. Sie bemüht sich dabei selbständig, Teilnehmer/-innen für diese Maßnahmen zu gewinnen. Die Finanzierung erfolgt allerdings auch hier durch die Arbeitsverwaltung. Das Arbeitsamt verlangt hierfür Einsicht in die Stoffpläne und die Personalplanung. Auch hat die Arbeitgeberin sich hinsichtlich ihres Personals an Qualitätserlasse der Arbeitsverwaltung zu halten.
Zu den Auftragsmaßnahmen gehören auch die sogenannten ausbildungsbegleitenden Hilfen. Das Arbeitsamt weist der Arbeitgeberin die Durchführung dieser Lehrgänge für jeweils ein Jahr zu und entscheidet jährlich neu über die Durchführung von Anschlußmaßnahmen. Die ausbildungsbegleitenden Hilfen sind dem Jugendbildungsbereich zugeordnet. In diesem Bereich beschäftigt die Arbeitgeberin in Hamburg etwa 40 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Etwa die Hälfte dieser Beschäftigten ist befristet angestellt, die meisten davon nicht für die volle Arbeitszeit, sondern nur über einzelne Stunden.
Zur Frage der Zulässigkeit von Befristungen enthält der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten des bfw Gemeinnützige Bildungseinrichtung des DGB GmbH in der Fassung vom 1. April 1990, der zwischen der Arbeitgeberin und der Gewerkschaft HBV abgeschlossen wurde (im folgenden: MTV), folgende Bestimmung:
„§ 2 (6)
Der Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages ist nur zulässig, wenn für die Befristung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein sachlicher oder in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund vorliegt.”
Am 16. September 1992 erhielt die Hamburger Bezirksgeschäftsstelle der Arbeitgeberin eine schriftliche Zusage des Arbeitsamtes, vom 1. September 1992 bis zum 31. August 1993 ausbildungsbegleitende Hilfen durchzuführen. Die mündliche Zusage war schon Wochen zuvor erfolgt. Zur Durchführung dieser Maßnahme plante die Arbeitgeberin, die Verträge der Sozialpädagoginnen L. und K. sowie des Sozialpädagogen W. um ein Jahr zu verlängern. Deren befristete Arbeitsverträge liefen zum 31. August 1992 aus. L. war am 16. März 1992, K. am 1. April 1992 und W. am 1. Mai 1992 zum erstenmal befristet eingestellt worden.
Zu den neuerlichen Befristungen vom 1. September 1992 bis zum 31. August 1993 beteiligte die Arbeitgeberin den Betriebsrat mit Schreiben vom 19. August 1992 (vgl. Bl. 7–12 d.A.). Darin bezeichnete sie die Maßnahmen als „Vertragsverlängerungen” und begründete ihre Erforderlichkeit damit, daß die „abH-Maßnahme weiterläuft”. Mit Schreiben vom 25. August 1992 (vgl. Bl. 13 d.A.) verweigerte der Betriebsrat seine Zustimmung zu den drei Einstellungen gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) mit der Begründung, die Befristungen verstießen gegen § 2 Abs. 6 des MTV. Außerdem bemängelte der Betriebsrat das Fehlen von Unterlagen, die eine Beurteilung der Auswirkungen der Maßnahme...