Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkende Senkung tariflicher Vergütung

 

Verfahrensgang

ArbG Heilbronn (Entscheidung vom 20.07.2000; Aktenzeichen 2 Ca 219/00)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.02.2002; Aktenzeichen 4 AZR 22/01)

 

Tenor

1. Die Berufung d. Kläg. gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 20.07.2000 – 2 Ca 219/00 wird zurückgewiesen.

2. D. Kläg. trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Änderung einer tariflichen Vergütungsregelung.

D. Kläg. war vom 01.01.1978 bis 30.09.1999 bei der Beklagten angestellt und in deren Kureinrichtung „Haus S.n” beschäftigt. D. Kläg. erhielt Vergütung nach Vergütungsgruppe 02 der Anlage 5 („Tätigkeitsmerkmale”) zum Ersatzkassen-Tarifvertrag (EKT). Dieser Tarifvertrag ist abgeschlossen zwischen einerseits der Tarifgemeinschaft der Ersatzkassen, der die Beklagte als Mitglied angehört, und den Gewerkschaften DAG, HBV, dem DHV Deutscher Handels- und Industrieangestelltenverband und dem Verband der weiblichen Arbeitnehmer e.V. andererseits. Die Arbeitsvertragsurkunde nimmt den EKT nebst Anlagen in seiner jeweiligen Fassung in Bezug.

D. Kläg. hat die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft DAG zum 30.09.1998 gekündigt.

Die Beklagte war als Folge verschiedener Umstände, darunter auch der Veränderung rechtlicher Rahmenbedingungen, nicht mehr in der Lage, ihre Kureinrichtungen wirtschaftlich tragbar zu führen. Den vorgenannten Gewerkschaften wurde das in Verbindung mit den Optionen Schließung, Verkauf oder Verpachtung der Einrichtungen oder beträchtliche Senkung (auch) der Personalkosten vorgetragen. Sie legten mit großem Nachdruck Wert auf die Fortführung der Einrichtungen durch die Beklagte. Deshalb wurden spätestens Ende 1997 darüber Verhandlung zwischen den Tarifvertragsparteien aufgenommen. Sie führten unter dem 17.03.1998 zum Abschluss von gleichlautenden Tarifverträgen zwischen einerseits der Beklagten sowie andererseits der DAG, dem DHV und dem Verband der weiblichen Arbeitnehmer e.V.; mit der Gewerkschaft HBV wurde der nämliche Tarifvertrag am 03.03.2000 abgeschlossen.

Die Tarifverträge, die sich Wirkung ab dem 01.02.1998 zulegen, fügen in Anlage 5 zum EKT im Abschnitt D. „Kureinrichtungen und Bildungszentrum” eine Protokollnotiz Nr. ein.

Sie bestimmt,

„In den Kureinrichtungen „Haus Q.”, „Haus S.n” und „Haus W.” entspricht das sich aus den Vergütungsgruppen ergebende Gehalt der Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter ab dem 01. Februar 1998 dem Faktor 0.85.”

In Bezug auf die am „31.01.1998 vorhandenen Mitarbeiter wird das Gehalt … einschließlich persönlicher Zulagen …„ab 01.02.1998 auf 90 v. H. festgesetzt und ab 01.02.1998 eine in 36 Monatsschritten bis 31.01.2001 zu vollziehende weitere Reduzierung von (insgesamt) 5 v. H. angeordnet.

Demgegenüber verpflichtet sich die Beklagte,

„die kasseneigenen Kureinrichtungen „Haus S.n”, „Haus W.”, und „Haus Q.” selbst in Eigenregie wirtschaftlich auf Dauer, mindestens jedoch auf 10 Jahre, weiterzubetreiben.”

Die Tarifgemeinschaft, deren satzungsgemäße Tarifzuständigkeit sich nicht auf „die Anlagen 5 (Tätigkeitsmerkmale/Einstufungsrichtlinien), 7a (Alters- und Hinterbliebenenversorgung) und 12 (Rationalisierungsschutz) des EKT” erstreckt, hat die Tarifverträge gebilligt.

Die Beklagte verfährt nach Maßgabe dieser Regelung.

Das hat d. Kläg. nicht für rechtens gehalten. Der Tarifvertrag finde auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung; er sei zudem aus einer Reihe von Gründen unwirksam.

Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, für den Zeitraum vom 01.02.1998 bis 30.09.1999 die Differenz zu der Vergütung auf der Grundlage der bisherigen tariflichen Rechtslage (vgl. im einzelnen Schriftsatz vom 14.07.2000, S. 1, 2; VA-Bl. 75/76 und Anlagen in VA-Bl. 77/78) zu bezahlen.

D. Kläg. hat beantragt,

Die Beklagte wird verurteilt, für den Zeitraum vom 01.02.1998 bis 30.09.1999 DM 10.243,73 brutto nebst 8,25% Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 20.07.2000 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, für das Klagebegehren fehle es an einer Rechtsgrundlage.

Das Arbeitsgericht hat die für zulässig erachtete Klage als unbegründet abgewiesen. Der Ergänzungstarifvertrag zum EKT finde auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung und habe die Rechtslage entsprechend geändert.

Mit der Berufung verfolgt d. Kläg. das Klageziel weiter.

D. Kläg. meint nach wie vor, das Arbeitsverhältnis unterfalle dem Ergänzungstarifvertrag nicht, und hält an der Ansicht fest, der Tarifvertrag sei unwirksam. Er verletze insbesondere den Vertrauensgrundsatz, verstoße gegen den Gleichheitssatz und wegen des Ausmaßes der Lohnreduzierung gegen die guten Sitten.

D. Kläg. beantragt,

Das Urteil des Arbeitsgerichts Heilbronn – Kammern Crailsheim – vom 20. Juli 2000, Az 2 Ca 219/00, wird abgeändert. Es wird nach den Schlussanträgen der ersten Instanz erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beharrt auf ihrem Standpunkt, das Klagebegehr...

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