Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Pflicht des Betriebsrates zur Beschäftigung von Büropersonal. Kosten des Betriebsrates. Büropersonal
Orientierungssatz
1. Nach § 40 Abs 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat die erforderlichen sachlichen und personellen Mittel für die Betriebsratsarbeit zur Verfügung zu stellen. Hierzu kann unter Umständen gehören, daß es dem Betriebsrat ermöglicht wird, im erforderlichen Umfange Büropersonal zu beschäftigen. Aus diesem Recht des Betriebsrates, eine Bürokraft zur Verfügung gestellt zu bekommen, folgt jedoch noch nicht dessen Verpflichtung, diese auch zu beschäftigen. Der Betriebsrat kann jederzeit erklären, daß er eine ihm zur Verfügung gestellte Bürokraft nicht beschäftigen wolle. In diesem Falle erklärt der Betriebsrat letztlich, daß er auf seinen Anspruch aus § 40 Abs 2 BetrVG verzichtet.
2. Rechtsbeschwerde eingelegt unter dem Aktenzeichen 7 ABR 3/96.
Normenkette
BetrVG § 40 Abs. 2, § 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 29.12.1994; Aktenzeichen 85 BV 434/94) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den am 09. Januar 1995 verkündeten Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin – 85 BV 434/94 – wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Arbeitnehmerin Ingeborg Paeschke ist seit dem 1. März 1989 bei der Arbeitgeberin beschäftigt. Sie war von Beginn ihrer Tätigkeit an dem Betriebsrat als Bürokraft zur Verfügung gestellt worden. Seit 1993 gab es zwischen dem Betriebsrat und der Arbeitnehmerin Unstimmigkeiten. Unter anderem wurden der Ton der Arbeitnehmer in gegenüber Betriebsratsmitgliedern und anderen Arbeitnehmern sowie sonstige Verhaltensweisen beanstandet (Bl. 7 ff. d.A.). Mit Schreiben vom 5. August 1994 teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin mit, daß ihm eine weitere Zusammenarbeit mit der Arbeitnehmerin Paeschke nicht möglich sei (Bl. 7 ff. d.A.). Mit Schreiben vom 25. August 1994 (Bl. 20, 21 d.A.) wies der Betriebsrat die Arbeitgeberin darauf hin, daß Frau Paeschke private Hard-Ware und möglicherweise auch Soft-Ware in das Büro mitbringe und auch wieder heraustrage. Es wurde festgestellt, daß die Arbeitnehmerin eine private Diskette im Büro bearbeitet und wieder nach Hause genommen hatte. Auf dieser Diskette befand sich auch ein Protokoll einer Betriebsratssitzung vom 22. Juli 1994 (Bl. 22 d.A.). Der Betriebsrat teilte der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 5. August 1994 mit, daß eine weitere Zusammenarbeit mit Frau Paeschke wegen endgültiger Zerstörung des Vertrauensverhältnisses nicht mehr möglich sei, es solle umgehend eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen.
Die Arbeitgeberin hat die Ansicht vertreten, daß eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Frau Paeschke nicht möglich sei, Kündigungsgründe lägen nicht vor. Vielmehr sei der Betriebsrat verpflichtet, diese weiterzubeschäftigen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
den Beteiligten zu 2) zu verpflichten, der Arbeitnehmerin Ingeborg Paeschke Zutritt zu ihrem Arbeitsplatz im Betriebsratsbüro zu gewähren und sie als Kontoristin/Schreibkraft des Betriebsrates zu beschäftigen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, daß er lediglich aus § 40 BetrVG einen Anspruch auf Zurverfügungstellung einer Schreibkraft habe, er sei jedoch nicht verpflichtet, eine solche zu beschäftigen.
Durch Beschluß vom 29. Dezember 1994 hat das Arbeitsgericht den Antrag der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Hinsichtlich der Begründung wird auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses (Bl. 34 bis 39 d.A.) Bezug genommen.
Gegen diesen ihr nach ihren eigenen Angaben am 14. Februar 1995 zugestellten Beschluß hat die Arbeitgeberin am 14. März 1995 Beschwerde eingelegt, die sie am 18. April 1995 begründet hat.
Die Arbeitgeberin vertritt die Auffassung, daß das Arbeitsgericht die Bedeutung von § 2 BetrVG verkannt habe. Der Betriebsrat könne eine von ihm ausgewählte Hilfsperson nur dann ablehnen, wenn hierfür objektivierbare Anlässe vorhanden seien. Aus dem Prinzip der vertrauensvollen Zusammenarbeit ergäbe sich, daß der Betriebsrat darauf verzichten müsse, den Arbeitgeber in eine Position zu bringen, in der er gezwungen sei, Arbeitnehmer, die er anderweitig nicht beschäftigen könne, praktisch bis zur Pensionsgrenze zu bezahlen. Ein objektiver Anlaß, der eine Kündigung rechtfertige, liege nicht vor.
Die Arbeitgeberin und Beschwerdeführerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Beteiligten zu 2) zu verpflichten, der Arbeitnehmerin Ingeborg Paeschke Zutritt zu ihrem Arbeitsplatz im Betriebsratsbüro zu gewähren und sie als Kontoristin/Schreibkraft des Betriebsrates zu beschäftigen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Schriftsätze vom 4. November 1994, 15. Dezember 1994, 13. April 1995 und 26. April 1995 nebst den jeweiligen Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die nach § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde ist gemäß § 87 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 66 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt und begrün...