Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung der maßgeblichen Anzahl von Arbeitnehmern als Voraussetzung der Geltung des KSchG. Berücksichtigung der Arbeitnehmer anderer Gesellschaften aus dem Konzernverbund

 

Leitsatz (amtlich)

Der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz ist nicht unternehmens-, das heißt arbeitgeberübergreifend ausgestaltet.

 

Normenkette

KSchG § 23 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Eberswalde (Entscheidung vom 05.07.2016; Aktenzeichen 2 Ca 160/16)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 05.07.2016 - 2 Ca 160/16 - wird auf seine Kosten bei einem Streitwert von 8.100,00 Euro in der 2. Instanz zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung aus betrieblichen Gründen und dabei um das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 23 Abs. 1 KSchG.

Das Arbeitsgericht Eberswalde hat die gegen die Kündigung vom 26.02.2016 gerichtete Kündigungsschutzklage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Kündigung wirksam sei, da auf das Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde, so dass es ohne Beschränkung kündbar sei. Da die Beklagte unstreitig nur neun Arbeitnehmer beschäftige, sei gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar.

Es seien auch die Beschäftigten anderer GmbH's aus dem Konzernverbund der IGS I. GmbH & Co. KG nicht mitzuzählen, da ein unternehmensübergreifender "Berechnungsdurchgriff" nicht möglich sei. Der Kündigungsschutz sei nach ständiger Rechtsprechung nicht unternehmens-, das heißt arbeitgeberübergreifend ausgestaltet.

Der Kläger genieße auch keinen Kündigungsschutz im sogenannten Gemeinschaftsbetrieb. Die Voraussetzungen eines solchen Gemeinschaftsbetriebs mehrerer Unternehmen habe der darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht dargelegt. Er lege schon nicht dar, mit welchen anderen Unternehmen die Beklagte einen Gemeinschaftsbetrieb unterhalten solle. Seine Darstellungen schwankten zwischen der Möglichkeit, dass ein Gemeinschaftsbetrieb mit der IGS I. GmbH & Co. KG vorliegen könnte, oder aber mit allen anderen Unternehmen, die sich im Konzernverbund befinden. Hier hätte der Kläger eindeutig schildern müssen, mit welchem Unternehmen sein Arbeitgeber am Standort in P. einen Gemeinschaftsbetrieb unterhalte. Dieser Vortrag fehle. Es gebe weder mit der IGS I. GmbH & Co. KG noch mit anderen Unternehmen eine einheitliche Leitung zur Erreichung eines gemeinsamen Betriebszweckes. Die IGS I. GmbH & Co. KG werde von anderen Geschäftsführern geführt als die Beklagte. Herr O. als Geschäftsführer der Beklagten leite diese Firma und weitere selbständige GmbH's, die im Konzernverbund stünden, nicht aber von der IGS V. GmbH vertreten würden. Nicht widerlegt blieben die Ausführungen der Beklagten, dass ihr Geschäftsführer keinerlei Weisungen seitens der Unternehmung in Weimar unterliege. Herr O. führe die Firma der Beklagten seit 2015. Der Kläger lege in seinen Darstellungen immer wieder die Unternehmensstruktur dar, wie sie bis 2014 bestanden habe. Dies könne für eine Kündigung aus dem Jahr 2016 keine Rolle mehr spielen. Der Kläger lege auch nicht dar, dass der Geschäftsführer Herr O. als Leiter anderer GmbH's mit diesen zusammen einen Gemeinschaftsbetrieb bilde. Hier bleibe schon offen, mit welcher anderen der von ihm geführten GmbH's ein gemeinsamer Betriebszweck verfolgt werden sollte.

Der Kläger behaupte auch nicht, dass in seiner Firma in P. auch Betriebsmittel eines anderen Unternehmens eingesetzt würden. Dem Vortrag des Klägers fehle jede Ausführung dazu, welchen gemeinsamen Betriebszweck die Firma in P. mit anderen Unternehmen verfolgen sollte. Jede GmbH und auch die GmbH & Co. KG in W. würden selbständig Verträge mit ihren Auftraggebern abschließen. Es sei nicht erkennbar, dass die Beklagte mit irgendeiner anderen Unternehmung gemeinsam an einem konkreten Auftrag gearbeitet habe bzw. dieses regelmäßig tue.

Sofern die Beklagte wegen Personalnot oder wegen fehlender Kapazitäten Hilfe anderer Unternehmen in Anspruch nehme, indem diese vorübergehend Arbeitskräfte zur Verfügung stellten, werde daraus kein gemeinsamer Betriebszweck mit dieser Unternehmung. Es werde nur der Auftrag der Beklagten bearbeitet, aber keinerlei gemeinsames Ziel verfolgt. Es handele sich dabei lediglich um eine Personalgestellung.

Schließlich griffen die vom Kläger herangezogenen Indizien für einen Gemeinschaftsbetrieb nicht durch, was vom Arbeitsgericht Eberswalde im Einzelnen ausgeführt wird.

Wegen der weiteren konkreten Ausführungen des Arbeitsgerichts Eberswalde wird auf das Urteil vom 05.07.2016 (Bl. 111 bis 119 d. A.) verwiesen.

Gegen dieses ihm am 03.08.2016 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 18.08.2016 eingegangene und am 30.09.2016 begründete Berufung des Klägers.

Er meint, dass zwar kein Gemeinschaftsbetrieb dergestalt vorliege, dass sich selbständige Unternehmen mit ihren Betrieb...

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