Unwirksame Kündigung eines Fahrradkuriers und Betriebsratswahlaushang
Das Arbeitsgericht Berlin hatte kürzlich über einen Fall zu entscheiden, bei welchem dem Kläger die streitgegenständliche Kündigung erst nach Eintritt des durch § 15 KSchG gegebenen Sonderkündigungsschutzes zugestellt worden war.
Arbeitgeberin argumentierte mit treuwidriger Zugangsvereitelung
Die beklagte Arbeitgeberin vertrat die Auffassung, der Kläger müsse so gestellt werden, als sei ihm die Kündigung noch vor Eintritt des durch den Aushang und die Einladung zur Betriebsratswahl nach § 15 KSchG eingetretenen Sonderkündigungsschutzes zugegangen. Der Arbeitnehmer habe den vorherigen Zugang der Kündigung treuwidrig durch falsche Angaben vereitelt.
Arbeitsgericht Berlin: Kündigung ist unwirksam
Das Arbeitsgericht Berlin entschied, dass die arbeitgeberseitige Kündigung unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat. Der Einwand der treuwidrigen Zugangsvereitelung durch falsche Angaben greife nicht durch.
Auch keine beharrliche Arbeitsverweigerung
Auch der Vorwurf der Arbeitgeberin, der Kläger habe seine Arbeit beharrlich verweigert, führe, so das Arbeitsgericht, nicht zur Rechtfertigung der Kündigung. Der Kläger hatte insoweit darauf verwiesen, es habe keine konkrete Arbeitsaufforderung gegeben, der er nicht nachgekommen sei. Gegen die Entscheidung ist das Rechtsmittel der Berufung zum LAG Berlin-Brandenburg gegeben.
(ArbG Berlin v. 16.09.2021, 41 Ca 3718/21).
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Hintergrund: Sonderkündigungsschutz des Betriebsrats
Gemäß § 15 KSchG, § 103 BetrVG genießen die Mitglieder der Organe der Betriebsverfassung, damit sie ihre Aufgaben frei und unabhängig ausüben können, ohne ständig ihre Entlassung befürchten zu müssen, einen besonderen Kündigungsschutz. Dieser gilt zwingend, ebenso wie der Schutz vor Versetzung, die zum Verlust des Amtes oder der Wählbarkeit führte.
Nicht erfasst wird jedoch die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch wirksame Befristung. Diese enden nämlich automatisch mit dem Ablauf der Frist, ohne dass es dazu einer Kündigungserklärung bedarf. Auszubildende, die Mitglied des Betriebsrats sind, können nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses vom Arbeitgeber die unbefristete Weiterbeschäftigung in einem anschließenden Arbeitsverhältnis verlangen. Der Arbeitgeber kann sich von dieser Verpflichtung nur dann befreien lassen, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer ihm unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann.
Durch § 15 Abs. 3a KSchG wird der Kündigungsschutz auf Arbeitnehmer ausgedehnt, die zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung einladen oder die die Bestellung eines Wahlvorstandes beantragen, und zwar regelmäßig bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses, ansonsten 3 Monate.
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